„Ich habe gedacht, ich sehe nicht richtig“, erzählt Regina Waschkowski. Die rüstige Frau aus Drahendorf war jüngst mit dem Auto unterwegs nach Sauen. Die Strecke führt von ihrem Heimatort gut vier Kilometer durch den Wald. Und auf der Hälfte musste die 67-Jährige mächtig in die Eisen steigen. Denn mitten auf der Straße saß ein kleines Küken eines Schwans. Und die Eltern gar nicht weit weg daneben.
Schwanen-Küken saß erschöpft auf der Straße
Sie erkannte die Vögel sofort. „Die brüten doch jedes Jahr in Sauen im Dorfteich“, erzählt Regina Waschkowski. Doch das Gewässer war aufgrund der gestiegenen Temperaturen mittlerweile mächtig gräulich. Kurzum, das Nahrungsangebot sei wohl nicht mehr vorhanden gewesen.
Daher haben sich die Schwäne aufgemacht zur Spree nach Drahendorf. „Die wollten mit aller Gewalt zum großen Gewässer. Doch die Strecke ist wirklich lang, das hat das Kleine nicht geschafft und konnte nicht mehr laufen, saß daher mitten auf der Straße, war dehydriert und völlig erschöpft“, erinnert sich die Drahendorferin. Näher ran an das Küken traute sie sich nicht, die Altvögel zischten schon bedrohlich, um ihr Junges zu schützen.
Was tun? Drahendorferin holte sich Hilfe
Regina Waschkowski umkreiste die Vogelfamilie mit ihrem Auto, fuhr schnurstracks nach Sauen. Einen Jäger zu informieren oder das Ordnungsamt, das hätte viel zu lange gedauert, erzählt sie. „Die Tiere müssen doch gerettet werden.“ Direkt am Dorfteich in Sauen lebt Harald Poy, rüstiger Rentner, der jeden Tag nach den Schwänen schaut und über deren Gesundheitszustand das ganze Dorf informiert. Doch nun waren die Tiere weg – auf der Suche mach besseren Futterstellen. „Ich musste weiter, hatte Termine und habe Harald Poy gebeten, zu helfen“, berichtet Regina Waschkowski. Der sagte sofort zu und holte sich Hartmut Kurz, den Ortsvorsteher von Sauen, als Unterstützung heran.
Beide Männer fuhren in Kurz‘ Pickup raus in den Wald, fanden die Tiere nach zwei Kilometern noch immer unverändert auf der Straße sitzen.
Bärbel, Bodo und Bob in Sicherheit gebracht
Harald Poy hielt Bärbel und Bodo – so nannte er die Schwaneneltern kurzerhand – mit seinem Besen in Schach, während Hartmut Kurz das Schwanen-Junge – genannt Bob – mit einem Käscher einfing und vorsichtig in einen Korb auf der Laderampe des Pickups setzte. Abgedeckt wurde der Korb locker mit dem Netz, damit das Tier nicht rausspringen konnte. Die Schwanen-Eltern auch in den PickUp zu hieven, das trauten sie sich die Männer nicht. Harald Kurz steuerte daher in Schrittgeschwindigkeit das Auto.
Küken auf der Auto-Laderampe, Eltern watscheln hinterher
Mit Warnblinke ging es den Aspalt-Weg durch den Wald in Richtung Drahendorf und Spree. Indes lief Harald Poy hinter dem Wagen her, schirmte ihn ab vor heranbrausenden Autos. Etliche Fahrzeuge mussten sie stoppen. „Die beiden Männer haben in beispielhafter Weise die drei Schwäne vor Autos, Erschöpfung und Tod gerettet“, sagt Regina Waschkowski. Denn durch das piepsige Rufen des Jungtiers aus dem Korb watschelten die Eltern tatsächlich dem Auto hinterher. Gedauert hat die Rettungsaktion gut zweieinhalb Stunden, bis der merkwürdige Tross endlich die Spree erreichte.
Schwanen-Bärbel hatte vom Laufen schon blutige Füße
Dort seien die Eltern – die Schwanenmama Bärbel hatte wegen des anstrengenden Laufens auf der Asphalt-Strecke schon blutige Füße – sofort ins Gewässer gesprungen und der ebenfalls ins Gras gesetzte Bob lief schnell hinterher. Der Schmerz und die Strapazen waren vergessen. Die Familie hatte ihr Ziel erreicht und schwimmt seither noch immer vergnügt auf der Spree.
Die Sauener vermissen ihre gefiederten Freunde auf dem Dorfteich. „Hier an der Spree halten oft Familien mit Kindern an, betrachten die Schwäne, die es sich jetzt am Wehr zwischen Wasser und Wiesen eingerichtet haben. Es geht ihnen gut, zum Glück sind sie nicht auf der Straße verdurstet“, berichtet Regina Waschkowski aus Drahendorf am 5. September. Sie spricht den beiden Männern für ihren Einsatz ein großes Dankeschön aus.
Drahendorferin ist immer noch Schleuse Kersdorf bei Beeskow aktiv
Die Seniorin zieht es regelmäßig ans Wasser – aber auch an die Kersdorfer Schleuse. Dort war sie über 40 Jahre mit ihrem Mann Ulrich die Schleusenwärter.
Ganz loslassen kann sie seit dem Ruhestand letztes Jahr die Anlage noch immer nicht. „Ich mache immer noch Führungen. Wir haben am Sonntag, 10. September, im Zuge von NaturKultur und Tag des offenen Denkmals die Kersdorfer Schleuse für Besucher von 11 bis 16 Uhr geöffnet. Die Görziger Kinder der Schule bieten auch Essen an“, blickt die 67-Jährige voraus.