Der letzte Beweis, ein Foto des Vogelnachwuchses, fehlt noch. Doch das dürfte nur noch Tage dauern, denn die Indizien sind eindeutig: Im Storchennest im Spreeauenweg in Beeskow steht ein Altvogel mit leicht gespreizten Flügeln. Es scheint, als spende er Schatten für den Nachwuchs, der wohl vor wenigen Tagen aus dem Ei geschlüpft ist. Ein anderer Storch durchstreift emsig die angrenzenden Spreewiesen und wurde bereits beobachtet, wie er Futter zum Nest bringt.
Gelingt den Störchen die Aufzucht, was angesichts eines heißen Sommers noch lange nicht sicher ist, wäre es der erste Storchennachwuchs im Beeskower Kernstadtgebiet seit 1993. Damals hatten die Störche auf dem Turm des alten Krankenhauses, dem Areal, auf dem sich heute das Fontane-Seniorenheim befindet, großgezogen. Das hat der Beeskower Nabu-Chef Dr. Axel Schmidt in seiner Statistik akribisch notiert. Noch länger ist es her, dass auch auf den anderen beiden Storchennestern, die es auf dem Dicken Turm und dem Storchenturm gab, Vogelnachwuchs groß wurde.
Hoffnung seit dem Jahr 2013
Hoffnung auf die Wiederansiedlung des Storchs in Beeskow gibt es seit 2013. Damals hatte sich im April ein Storch mehrere Tage in einer Pappel in der Schiffbauerstraße aufgehalten. Wenige Wochen später ließ die Stadtverwaltung auf Anregung der Anwohner unweit des Sichtungspunktes eine Nisthilfe errichten. Weitere folgten, beispielsweise auf dem Bornower Berg und auch gegenüber der Total-Tankstelle. Auch auf der Spreeinsel gibt es eine Nisthilfe. In den Jahren danach landeten immer wieder mal Einzelstörche auf den bereitgemachten Nestern. Meist aber nur an wenigen Tagen und oft viel zu spät für ein erfolgreiches Brutgeschäft.
In diesem Jahr 2023 war das im Spreeauenweg anders. Im April wurde das Nest von einem Storchenpärchen besetzt. Beide bauten die vorbereitete Unterlage schnell zu einem großen Horst aus, waren beim Liebesspiel zu beobachten und klapperten lautstark. So gegen Ende des Monats wurde es dann ruhiger. Meist war nur der Kopf eines Altvogels zu sehen, die Brutzeit hatte begonnen.
Fische als Zusatzfutter
Nicht so ruhig waren die Anwohner, die sich sehr über die neuen Nachbarn freuen. Sie haben auch schon Überlegungen angestellt, wie sie in der Trockenzeit Futterhilfe leisten können. In den kommenden Wochen wird es deshalb regelmäßig frische Fischabfälle als kleine Happen auf einer bereits eingerichteten Futterstelle geben.
Diese Futterunterstützung wird von Störchen in der Regel angenommen und ist durchaus verbreitet. Marianne Schmidt, die ebenfalls engagiertes Nabu-Mitglied ist, erklärt, diese Futterhilfe erstmals in Spanien gesehen zu haben. In den vergangenen Jahren gab es das aber auch in einigen Dörfern der Region. In wenigen Fällen wurden die Fische in Wannen neben den Storchennestern angeboten.
In den Dörfern, und damit auch in den Ortsteilen von Beeskow, ist Storchennachwuchs längst nicht so ungewöhnlich wie in der Stadt selbst. In den meisten Orten brüten die Vögel praktisch in jedem Jahr mit Erfolg. Häufig gibt es zu jedem Storchenhorst eine Tafel, auf der Ankunft und Abflug sowie die Zahl der großgezogenen Jungtiere verzeichnet werden. So weit ist es im Spreeauenweg noch nicht. Und es ist auch nicht unbedingt zu erwarten, dass Beeskow nun gleich zu einem Storchenort wird, obwohl es in Deutschland immer mehr Storchendörfer gibt, wie in diesem Jahr geo.de berichtete.
Mehr Storchendörfer im Westen Deutschlands
Diese befinden sich aber vor allem im Westen Deutschlands. Die Storchenvermehrung dort hat ebenso wie die Storchenkrise im Osten mit dem Klimawandel zu tun. Störche, die in Baden-Württemberg oder Bayern brüten, ziehen auf einer Westroute in ihre Winterquartiere. Mittlerweile würden sie aber oft gar nicht bis Afrika reisen, sondern in Spanien überwintern und dort Futter auf Abfalldeponien sammeln. Diese Überwinterung in der Nähe spare Kraft und sorge dafür, dass die ersten Vögel bereits Ende Februar zu ihren Nistplätzen zurückkehren.
Störche aus Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg wählen die Ostroute und fliegen noch immer teilweise bis Südafrika. Die Reise dauert länger und ist gefährlicher, sodass mehr Tiere sterben. Und dann haben sie es eben in den trockenen Sommern auch noch schwer, den Nachwuchs erfolgreich aufzuziehen.