Eberswalde mistet seine Kleiderschränke aus. Die Sammelcontainer sind so voll, dass die Spender nun ihre aussortierten Textilien neben den Behältern ablegen. Unter anderem in der Flämingstraße im Brandenburgischen Viertel ist auf diese Weise ein Schandfleck entstanden. Das ärgert Bewohnerin Jeannette Zink. Sie hat die Märkische Oderzeitung auf das Problem hingewiesen. Ihrer Schätzung nach ist der Altkleidercontainer bereits seit zwei Monaten voll. In der vergangenen Woche hat sie die kostenlose Service-Hotline angerufen, die auf einem Aufkleber am Container vermerkt ist.
Kleiderhaufen liegt immer noch
„Sie nehmen das auf, haben sie nur gesagt“, berichtet Jeannette Zink. Allerdings habe man ihr am Telefon keine Hoffnung darauf gemacht, dass bald etwas passiert. „Wir schicken jemanden hin. Wir schauen, dass das so schnell wie möglich erledigt wird“, heißt es seitens Firma, als die MOZ am Donnerstag vor einer Woche bei der Pressestelle des Unternehmens nachhakt. Seitdem ist noch nichts passiert. Der Haufen mit den Kleidungsstücken liegt am Mittwochvormittag nach wie vor an gleicher Stelle.
Beim Unternehmen handelt es sich um die Texaid-Textilverwertungs-AG mit Hauptsitz in der Schweiz und deutschem Standort in Thüringen. Der Marktführer aus dem südlichen Nachbarland gehört zur Hälfte der deutschen Unternehmerfamilie Böschen und zur anderen einem Konsortium aus dem Schweizerischen Roten Kreuz, der Winterhilfe Schweiz, Solidar Suisse, Caritas Schweiz, Kolping Schweiz sowie des Hilfswerks der Evangelischen Kirchen der Schweiz (HEKS). Jahresumsatz: etwa 75 Millionen Euro.
Sieben Millionen Euro an Hilfswerke
Die aufbereitete Kleidung wird unter anderem über mehrere Second-Hand-Shop-Filialen und Onlineshops in der Bundesrepublik vertrieben. Im vergangenen Jahr hatte die Schweizer Zeitung Der Blick intransparente Strukturen und den luxuriösen Lebensstil des Texaid-Geschäftsführers thematisiert, der sich Porsche und Luxusvilla leistet. Im Netz gibt sich der Marktriese mit etwa 1000 Beschäftigten ein ökologisch nachhaltiges und karitatives Image. Mehr als sieben Millionen Euro sind laut Nachhaltigkeitsbericht 2017 an Hilfswerke und kleinere karitative Organisationen in Deutschland und der Schweiz geflossen.
Mehr als 20 Texaid-Kleidercontainer finden sich in Eberswalde allein auf stadteigenen Flächen. Das Problem, dass diese voll sind, tauchte zuletzt an mehreren Standorten auf. Aus Tornow etwa und aus der Biesenthaler Straße in Finow sowie aus dem Leibnizviertel erreichten das Ordnungsamt der Stadt übers Online-Portal Maerker Hinweise zu überfüllten Containern und Textilhaufen, die sich daneben angesammelt haben.
Verträge seit den 90ern
Seitens des Eberswalder Rathauses wird versichert, mit dem Unternehmen in ständigem Kontakt zu stehen. Bei Beanstandungen erhalte dieses umgehend Kenntnis und werde aufgefordert, die Mängel zu beseitigen. Ein Turnus, nach dem die Textilien abgeholt werden, ist der Stadt nicht bekannt. Er sei sicher auch unterschiedlich, je nachdem wie die Container gefüllt sind, Vandalismus betrieben wird und Mängelanzeigen rausgehen.
Texaid hat frühzeitig in Eberswalde Fuß gefasst. Verträge mit der Schweizer Firma bestünden seit den 1990er-Jahren und wurden zuletzt 2001 modifiziert, teilt die Stadt auf Nachfrage mit. Darüber hinaus gebe es Container des Deutschen Roten Kreuzes und der Firma Soex in der Barnimer Kreisstadt.
Künftig weniger Container
Alle hätten ähnliche Probleme, da die Bevölkerung zum Teil unsachgemäß mit den Containern und dem Inhalt umgehe. Zudem hätten die Firmen der Stadt mitgeteilt, dass der Markt für Altkleider seit Corona durch die Wirtschafts- und Handelseinschränkungen völlig zusammengebrochen, gleichzeitig das Aufkommen von Altkleidern stark angestiegen ist, da viele Menschen nicht zur Arbeit waren und ihre Schränke bereinigt haben. Künftig werden wohl weniger Container aufgestellt. Das DRK habe schon einige abgezogen, heißt es.