„Die exorbitant gestiegenen Energiepreise beeinträchtigen die Wettbewerbsfähigkeit der Stahlherstellung massiv. Hinzu kommen eine schwache Marktnachfrage, ein negativer Wirtschaftsausblick sowie anhaltend hohe CO₂-Kosten in der Stahlproduktion, wodurch die EU-Handelsschutzmaßnahmen an Wirkung verlieren“, heißt es in einer Mitteilung des Konzerns vom 2. September.

ArcelorMittal stellt zwei Anlagen in Deutschland ab

Mit dem Start in den September allerdings war von den anwesenden Mitarbeitern bei AMEH keiner von Kurzarbeit betroffen. Ob man den gesamten Monat so durchhalten würde, sei jedoch ungewiss, hieß es seitens der dortigen Geschäftsführung Ende August. Da Kurzarbeit angemeldet ist, kann es auch jederzeit sein, dass wieder bestimmte Mitarbeiter davon betroffen sein werden.
Am Flachstahl-Standort Bremen, der denselben Vorsitzenden der Geschäftsführung wie Eisenhüttenstadt hat, wird der Konzern bis auf Weiteres einen der beiden dort produzierenden Hochöfen stilllegen. Im Hamburger Langstahlwerk, in dem ArcelorMittal Qualitätswalzdraht produziert, soll ebenfalls ab dem vierten Quartal die mit Erdgas betriebene Direktreduktionsanlage außer Betrieb genommen werden.

Was wird mit dem Hochofen in Eisenhüttenstadt?

In beiden Werken besteht zudem schon Kurzarbeit, „die durch die anstehenden Maßnahmen ausgeweitet werden muss“, heißt es in der Mitteilung. Auch am ArcelorMittal-Produktionsstandort Duisburg ist das Instrument Kurzarbeit bereits zum Einsatz gekommen.
In Eisenhüttenstadt wird der Hochofen 5A weiter Roheisen produzieren. Bislang sei auch nichts anderes geplant, heißt es von dort. Der 5A ist der einzige Ofen im dortigen Roheisenwerk – produziert er nicht, wäre der metallurgische Zyklus unterbrochen.
„Die hohen Kosten für Gas und Strom belasten unsere Wettbewerbsfähigkeit stark. Dazu kommt ab Oktober die geplante Gasumlage der Bundesregierung, die uns weiter belasten wird“, erklärt Reiner Blaschek, CEO von ArcelorMittal Germany und ebenfalls verantwortlich für die Werke in Bremen und Eisenhüttenstadt. „Als energieintensive Industrie sind wir davon extrem betroffen. Mit einer Verzehnfachung der Gas- und Strompreise, die wir innerhalb weniger Monate hinzunehmen hatten, sind wir nicht mehr wettbewerbsfähig in einem Markt, der zu 25 Prozent aus Importen versorgt wird. Wir sehen dringenden politischen Handlungsbedarf, um die Energiepreise umgehend in den Griff zu bekommen“, ergänzt Blaschek.

Forderungen an die Politik

Uwe Braun, CEO von ArcelorMittal Hamburg, ergänzt: „Wir haben den Verbrauch von Gas bereits sehr stark reduziert. Unter anderem haben wir das Vorprodukt Eisenschwamm extern aus Amerika zugekauft, wofür wir sonst vor Ort Erdgas genutzt hätten. Die Anlage hat den Betrieb bereits um rund 80 Prozent reduziert. Der extreme Preisanstieg bei Gas und Strom macht es uns unmöglich, weiter profitabel zu arbeiten – weshalb wir Eisenschwamm nun mit höherem CO₂-Fußabdruck komplett importieren müssen, um zumindest weiter produzieren zu können.“
ArcelorMittal Germany fordert nun gleichartige Entlastungsregeln in Europa, was mit einem europäischen Industriestrompreis möglich ist. Ein erster Schritt müsse sein, das Strommarktdesign anzupassen, damit nicht der Erdgaspreis allein ausschlaggebend für die Strompreisbildung ist. Die geplante Gasumlage dürfe außerdem nicht noch zusätzlich auf die bereits sehr hohen Spotmarktpreise angewandt werden. „Diese Maßnahmen müssen mit höchster Priorität vorangetrieben werden, um so schnell wie möglich eine Verbesserung der Situation zu erreichen.“