Die Menschen aus Frankfurt (Oder) zieht es aus unterschiedlichsten Gründen nach Słubice – oft aber zum Tanken oder Einkaufen. Die günstigeren Preise in Polen sind bei offenen Grenzen lukrativ für viele Kunden. Da können sich auch schon die Fragen stellen: Sind polnische Handytarife günstiger als deutsche? Können deutsche Staatsbürger mit Wohnsitz in Deutschland überhaupt einen polnischen Handyvertrag abschließen? Und falls ja, können die polnischen Tarife dauerhaft in Deutschland genutzt werden?
Die Antwort auf die erste Frage ist einfach. Die Antworten auf die anderen beiden sind komplizierter, weil viele Paragrafen und Verordnungen hineinspielen. Deshalb hat die MOZ Adrian Matusiak und Katarzyna Guzenda gefragt. Matusiak ist Mitarbeiter am Lehrstuhl für polnisches und europäisches Privatrecht, Guzenda Regionalleiterin des deutsch-polnischen Verbraucherinformationszentrums der Verbraucherzentrale Brandenburg.

Handy-Vertrag ist in Polen deutlich günstiger als in Deutschland

Ein Blick zu den vier größten polnischen Anbietern – Orange, T Mobile, Plus und Play – zeigt: Im Vergleich mit den Angeboten in Deutschland sind die Verträge in Polen deutlich günstiger. Nachfolgend eine Tabelle, die zwischen den vier großen polnischen Anbietern und den hiesigen Tarifen von Telekom und Vodafone vergleicht.
Alle Verträge haben eine Mindestlaufzeit von 24 Monaten sowie Telefonie- und SMS-Flatrates. Anschlusspreise wurden in der Tabelle nicht berücksichtigt. Aussagekräftig ist der Preisunterschied zwischen den Angeboten von Orange und T-Mobile auf der einen Seite, wo Kunden für 30 GB Internet umgerechnet (Stand: 14. Februar, 9 Uhr) 11,49 Euro monatlich zahlen, und von Vodafone auf der anderen Seite, wo derselbe Tarif 49,99 Euro kostet. Bei der Telekom gibt es für denselben Preis sogar nur 20 GB Volumen 30 GB befinden sich dort nicht im Angebot, aber 40 GB gibt es für 59,95 Euro monatlich. Bei den für Plus und Play angegebenen Preisen und Volumen hingegen ist zu beachten, dass diese auf derzeit laufende Sonderangebote zurückzuführen sind.

Einen Handy-Vertrag in Polen abzuschließen wird schwierig

Grundsätzlich, sagt Adrian Matusiak von der Europa-Universität Viadrina, steht es auch deutschen Staatsbürgern frei, einen Handyvertrag in Polen abzuschließen – ungeachtet des Wohnsitzes. Gesetzlich geregelt ist nur, dass die betreffende Person sich mit einem Personalausweis oder Reisepass ausweisen und zahlungsfähig sein muss.
In der Praxis sieht es jedoch anders aus. Denn sowohl Matusiak als auch Guzenda verweisen auf einen wichtigen Aspekt: die Vertragsfreiheit. Dieser Grundsatz besagt, dass alle Vertragsparteien grundsätzlich frei über Inhalt und Voraussetzungen eines Vertrages verfügen können. „Es gibt auf dem polnischen Markt keinen Anbieter, der einen Vertrag mit einem deutschen Kunden abschließen würde, der die Dienste dauerhaft in Deutschland nutzen will“, sagt Matusiak.
Auf Nachfrage antwortet Krzysztof Sylwerski von der Pressestelle des Anbieters Play, dass Verträge in der Tat nur dann möglich sind, wenn der Vertragspartner ausweisen kann,sich regelmäßig in Polen aufzuhalten“. Dies sei etwa möglich durch die Vorlage von Arbeitsverträgen oder Gas- und Stromrechnungen.

Handy mit polnischem Tarif dauerhaft in Deutschland zu nutzen, kann teuer werden

Etwas anders sieht es bei Prepaid-Karten aus. „Auch hier müssen sich die Käufer ausweisen“, sagt Guzenda von der Verbraucherzentrale Brandenburg. Denn am 10. Juni 2016 ist in Polen ein Anti-Terrorismus-Gesetz in Kraft getreten, das unter anderem eine Registrierungspflicht für Pre-Paid-Karten vorsieht. Doch nach Aussage von Krzysztof Sylwerski ist – zumindest bei Play – zunächst nicht die Notwendigkeit gegeben, beim Kauf einer Prepaid-Karte den Aufenthalt in Polen vorab auszuweisen. Hier gelten also nicht dieselben Bestimmungen wie beim Vertragsabschluss.
Prinzipiell wäre es also zunächst möglich, eine Prepaid-Karte in Polen zu kaufen und aufgrund der Roam-Like-at-Home-Regelung (RLAH) auch in Frankfurt (Oder) zu polnischen Preisen zu surfen. Denn die 2017 EU-weit eingeführte Regelung besagt, dass innerhalb der Grenzen der Europäischen Union jeder Kunde zu seinem Heimtarif surfen und telefonieren kann, ohne zusätzliche Gebühren. Allerdings, sagt Guzenda, müsse man hier „auf die Fair use policy achten“. Das Prinzip der angemessenen Nutzung besagt, dass missbräuchliches Verhalten von den Anbietern bestraft werden kann – etwa durch höhere Preisaufschläge oder nach Matusiak sogar durch eine Sonderkündigung des Tarifs.
Welche Nutzung angemessen ist, muss vertraglich festgelegt sein – auch bei Prepaid-Tarifen. Die dauerhafte Nutzung der SIM-Karte im Ausland zum Telefonieren und Surfen stellt grundsätzlich einen solchen Missbrauch dar. Ausschlaggebend ist der Zeitraum von mindestens vier Monaten. „Wenn der Anbieter merkt, der Kunde ist in dieser Zeit nur im Ausland, gibt es erst eine Warnung, ins Land zurückzukehren, und dann andere Konsequenzen“, sagt Guzenda. Denn das Roaming koste zwar den Nutzer nichts aufgrund der RLAH-Regelung, die Anbieter aber sehr wohl. Einen günstigen, polnischen Handytarif dauerhaft in Deutschland zu nutzen, ist also in der Praxis nicht möglich. Pendler, die es regelmäßig nach Polen zieht, könnten auf polnische Prepaid-Tarife setzen.