Es ist extrem selten, dass Aras oder andere Papageien in einem Zoofachhandel Nachwuchs bekommen. Zumal Hanni und Nanni aus Frankfurt (Oder) bald 20. Geburtstag haben – somit also seit bereits 15 Jahren geschlechtsreif sind. Und doch haben sie erst jetzt „die Liebe entdeckt“ und ein Ei gelegt. Das war im Oktober. Nach knapp drei Wochen ist dann am 6. November Frederik geschlüpft. Oder Frederike. Noch weiß man nicht, ob es sich bei dem Jungvogel um ein Männchen oder ein Weibchen handelt. Das kann nur eine Blutprobe oder eine Federuntersuchung zeigen – was auch der Grund dafür ist, dass man 15 Jahre lang nicht wusste, welche Geschlechter Hanni und Nanni haben. Jetzt weiß man: Nur Nanni ist weiblich, Hanni könnte theoretisch auch Hansi heißen.
Die Ecke der Fressnapf-Filiale im Spitzkrug Multi Center (SMC) ist mit Kletterästen und anderen vogelfreundlichen Accessoires ausgestattet. Doch Aras befinden sich dort nicht. Inhaber Volker Meinert erklärt: Als das Ei gelegt war und auch, als das Ara-Baby geschlüpft war, habe es viele unvernünftige Kunden gegeben. Brötchen und Essensreste landeten hinter der Absperrung, die man absichtlich aufgestellt hatte, um den Vögeln beim Brüten Ruhe zu ermöglichen. Diese hätten einige einfach aufgemacht, manche seien fast rübergeklettert, um ein Foto zu machen oder besser zu sehen.

Vögel und Kundschaft mussten geschützt werden

Um die Ara-Familie und auch, um die Kundschaft zu schützen – ein Ara kann leicht „einen kleinen Finger knacken“ und „richtig aggressiv werden“, wenn er Nachwuchs hat – sind die drei nun woanders untergekommen. „Wenn ich irgendwo was Schönes finde“, beschreibt Volker Meinert die Überlegung, die ihn schon länger umtrieb, dann sollten Hanni und Nanni woanders einziehen – nur nicht in eine Voliere in Privathand, das war ihm wichtig. Seine Einstellung und der Zoofachhandel allgemein haben sich in den vergangenen Jahren verändert. „Schautiere waren früher ganz normal“, sagt er. Bevor er das Geschäft vor 17 Jahren übernahm und es zu Fressnapf wurde, hatte es dort auch immer ein „Maskottchen“ gegeben, einen roten Ara.

Wie sich der Zoofachhandel verändert hat

So ganz entspricht das nicht mehr dem Zeitgeist. Hanni und Nanni durften sich zwar auch frei im Laden bewegen, waren nicht angekettet und haben keine gestutzten Flügel, bewegten sich aber meistens erst am Wochenende, wenn kein Betrieb war, durchs Geschäft. Fressnapf in Frankfurt (Oder) verkauft schon seit ein paar Jahren keine Vögel mehr, hat keine Terraristik mehr, also Echsen, Schlangen und so weiter. Verkauft werden nur noch Zwergkaninchen, Meerschweinchen, Hamster und Fische. „In Großstädten geht Fressnapf auch einen neuen Weg“, sagt Meinert. Dort habe man Adoptionsstuben eingerichtet, man zahlt für die Tiere aus dem Tierheim keinen Kaufpreis, sondern eine Schutzgebühr an den Tierschutz. Auch in Frankfurt gibt es eine Kooperation mit dem Tierschutzverein Fürstenwalde. Zum dritten Mal stand in der Adventszeit ein Weihnachtsbaum im Eingangsbereich der Filiale, man konnte Futter- und Spielzeugspenden kaufen und unter den Baum stellen.
In der Zeit werden auch keine Nager verkauft. „Tiere sind keine Anschaffung“, sagt der Inhaber. Man sollte bei jedem genau überlegen, sich der Verantwortung bewusst sein. Sind Kunden unsicher, erkläre er ihnen auch, was alles daran hängt und rät ihnen, lieber nochmal eine Nacht darüber zu schlafen.

Wie die Aras zum Papageienparadies Busse in Nordrhein-Westfalen kamen

Die Verantwortung bei Hanni, Nanni und Frederike oder Frederik: Zu dritt wäre es bei Fressnapf zu eng gewesen. Die Gefahr, dass sie noch mehr Eier gelegt hätten und der Jungvogel Konkurrenz bekommen hätte, war hoch. Ein neues Zuhause haben alle zusammen nun im Papageienparadies Busse in der Nähe von Bad Pyrmont in Nordrhein-Westfalen gefunden. Das ist kein kommerzieller Vogelpark, Wolfgang Busse mache das als Hobby, Besucher können aber Spenden dort lassen, erklären Volker Meinert und Peggy Schmidt, seit 17 Jahren seine Mitarbeiterin.
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Busse habe die Aras aufgenommen, „weil er noch nie gehört hat, dass sie im Zoofachhandel Nachwuchs gezeugt haben“. Viele seiner Papageien kommen aus schlechter Haltung, gerade habe er auch einen 50 Jahre alten Graupapagei aufgenommen, den er aus seinem Pensionsbetrieb schon kannte und dessen über 90-jährige Besitzerin gestorben war. Peggy Schmidt, die immer Bezugsperson der Aras war und mit Hanni sogar „schnäbeln“ – oder, wie sie selbst sagt, „knutschen“ – konnte, war zwar traurig, findet die Entscheidung, die drei abgegeben zu haben, aber gut. Vor ein paar Tagen war es dann so weit. „Ich war ganz tapfer“, sagt sie.
Peggy Schmidt von Fressnapf in Frankfurt (Oder) mit dem im Laden geschlüpften Ara.
Peggy Schmidt von Fressnapf in Frankfurt (Oder) mit dem im Laden geschlüpften Ara.
© Foto: Volker Meinert

Fressnapf-Inhaber hat lebenslange Patenschaft übernommen

Erst einmal sind sie in Quarantäne, dürfen dann aber in eine riesige Freiflughalle. „Das ist beeindruckend. Und man wurde direkt angeflogen“, erzählt sie. Dort können die Vögel klettern, fliegen, sind unter Artgenossen. In der Natur bewegen sie sich auch in Schwärmen, erklärt Peggy Schmidt, würden aber gar nicht so viel fliegen, sondern eher klettern. Die, die gar nicht mehr fliegen können, sind im Papageienparadies in einer riesigen Voliere untergebracht. Hanni und Nanni haben direkt, als sie aus der Box geklettert sind, geredet – „Ara lieb“ und „Komm mal her“ können sie zum Beispiel sagen – für Meinert und Schmidt ein sehr gutes Zeichen. Wer die Vögel beobachten will, kann das per Webcam. Peggy Schmidt will sie auf jeden Fall einmal im Jahr besuchen. Und Volker Meinert hat eine lebenslange Patenschaft übernommen. Verkauft werden dürfen die Frankfurter Aras nämlich nicht.
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