Wenn Sven Manig durch das Haus in der Puschkinstraße in Fürstenwalde läuft, legt er ein ganz normales Tempo vor. Auch die Treppe ins Obergeschoss bereitet ihm keine Schwierigkeiten, aber das war schon anders. „Es gab eine Zeit, da bin ich kaum hier hoch gekommen“, erzählt der 41-Jährige gut gelaunt und braun gebrannt mit einem gewinnenden Lächeln.
Auch das war alles schon anders. Denn Sven Manig trägt einen implantierten Defibrillator, einen Elektro-Schocker. Der muss ihm helfen, wenn sein Herz mal wieder verrückt spielt, und das tut es immer mal wieder. „Der hat mir schon mehrmals das Leben gerettet“, sagt Manig. Jetzt aber bereitet er sich auf eine Transplantation vor.
Noch 2008 den Berlin-Marathon gelaufen
Dabei könnte man meinen, dass Sven Manig alle Voraussetzungen dafür hat, ein kerngesundes Herz zu haben. Noch 2008 lief er den Berlin-Marathon mit, wollte einst bei der Armee Kampfschwimmer werden. Aufgewachsen im Elbe-Elster-Kreis, wollte er nach beruflichen Stationen im Reifenwerk und als IT-Systemkaufmann („das war nicht meins“) seinen beruflichen Weg als Fitness-Trainer suchen und absolvierte nebenher ein Fernstudium zum Sport- und Fitnesstrainer. Das Diplom zeigt er stolz auf dem heimischen Schreibtisch, es stammt vom 11. Dezember 2014.
201 Herzschläge in der Minute
Da war der Vorfall, der sein Leben ändern sollte, schon vier Monate vorbei. Es war, erinnert sich Sven Manig, am 15. August jenes Jahres, als er nach einem Morgen-Spaziergang unter der Dusche merkte, dass etwas nicht stimmte. Statt zur Arbeit im Fitness-Treff in Bad Saarow ging er ins Klinikum – und dort wurde Tachykardie festgestellt, zu deutsch Herzrasen: 201 Schläge machte sein Herz in der Minute.
Es folgten Krankenhausaufenthalte und verschiedene Therapieversuche. „Ich bekam immer mehr Tachykardien. Man hat versucht, von außen die Knotenpunkte zu veröden, über die die Anfälle kamen, es hat aber nicht funktioniert“, erinnert sich Sven Manig. Gleich 2014 wurde ihm ein Defibrillator eingesetzt – ein Notfallgerät, das von Rettungskräften in der Regel von außen eingesetzt wird, wenn jemand einen Herzstillstand hat.
Die Ärzte, erzählt Sven Manig, versuchten es auch mit Medikamten, und zwar solchen, die heftige Nebenwirkungen hatten. Auch das half nicht. Gesunde Ernährung war ebenfalls ein wichtiges Thema – zeitweilig gehörte massives Übergewicht zu seinem Krankheitsbild.
Entscheidung zu einem Kind im Wissen um die Krankheit
Am Anfang dieses Wegs – als Sven Manig noch nicht wusste, wie lang er sein würde – lebte der damalige Fitness-Trainer in einer Beziehung. Er und seine Partnerin Katrin Wilke wollten ein Kind haben – „im Wissen um die Krankheit“, wie Katrin Wilke bestätigt. Im November 2015 kam die heute siebenjährige Emilia zur Welt.
Bis 2016 arbeitete Sven Manig noch. „Ich habe mich selbständig gemacht, weil ich dachte, damit kann ich mich über Wasser halten“, erinnert er sich. „Aber das war ein Trugschluss.“
2019 in die Psychiatrie
Die quälende Unsicherheit hatte Folgen: Sven Manig versank in einer Depression. Viereinhalb Jahre habe sie gedauert, sagt sein Vater Gerald. Im Januar 2019 zog Sven Manig selbst die Reißleine und ließ sich in die Psychiatrie einweisen, in Rüdersdorf. Schon zuvor war die Beziehung mit Katrin Wilke in schwieriges Fahrwasser geraten. „Alles blieb stehen und liegen, wenn ich nach Hause kam, hatte ich mich um zwei Kinder zu kümmern“, sagt sie heute im Rückblick.
Ex-Paar hat weiter ein gutes Verhältnis
Sie entschied sich zur Trennung, ist heute verheiratet – und pflegt heute eine herzliche und gute Beziehung zu Sven Manig. „Wir kommen super miteinander aus“, sagt er und bezieht den neuen Ehemann seiner Ex ausdrücklich mit ein. „Wir hatten immer guten Kontakt“, sagt sie. „Wir sind gegenüber Emilia von Anfang an offen und ehrlich mit der Situation umgegangen.“ Und so weiß die Siebenjährige auch, was jetzt bevorsteht. „Die Ärzte haben schon damals gesagt, in acht bis zehn Jahren braucht er ein neues Herz“, erinnert sich Katrin Wilke.
Ende November soll Sven Manig stationär im Herzzentrum der Berliner Charité, wo er schon bei mehreren Spezialisten in Behandlung war, aufgenommen werden. Was dann ansteht, ist die Evaluation, also die Bewertung, einer Herztransplantation. Es geht um eine Vorstufe, denn für eine erfolgreiche Transplantation müssen zahlreiche physische und psychische Bedingungen erfüllt sein.
Zu den körperlichen Voraussetzungen gehören für Manig unter anderem die Komplettierung seines Impfstatus. Denn nach einer Transplantation würde sein Immunsystem heruntergefahren, damit sein Körper das fremde Herz akzeptiert. Also sollte er so viel Immunschutz wie möglich vorab aufbauen. Eine Besonderheit bei Manig ist eine kleine Zyste, die er in der Kieferhöhle hat. Sie soll entfernt werden, für Manig keine Kleinigkeit: „Ich bin Zahnarzt-Phobiker“, sagt er. Jetzt aber habe er sich überwunden und einen Termin gemacht. Denn ein potenzieller Infektionsherd – das könnte nach einer Transplantation schon zu viel sein. Ein anderer Punkt in seinem Pflichtenheft ist Gewichtsreduktion.
Spendensammlung für den Schulförderverein
„Ich weiß ja nicht, was passiert“, sagt Sven Manig. Und deshalb hat er sich etwas vorgenommen für den bevorstehenden Sonnabend, den 23. September. Er will mit seinem drei Jahre jüngeren Bruder Lars einen Spaziergang um den Scharmützelsee machen. Das ist ganz wörtlich zu verstehen, Spazierengehen ist für Sven Manig die angezeigte Form der Fortbewegung. Einmal rund ums Märkische Meer, das sind rund 28 Kilometer. Schafft er das?
„Gute Frage“, sagt Sven Manig mit einem breiten Grinsen. Am 7. September hat es eine Generalprobe gegeben. „Da hat es geklappt.“ Sein jetziges Tagespensum sind 10.000 Schritte, die See-Umrundung seien ca. 40.000 Schritte.
Manig hofft nun auf Spenden, und zwar für einen Zweck, der einen Anschluss schafft zu Emilia und zum Thema gesunde Ernährung: Die Spenden sollen an den Förderverein der Fürstenwalder Gerhard-Goßmann-Grundschule gehen. Manigs Idee ist, einen Snack-Automaten mit gesunden Angeboten anzuschaffen, für den Fall, dass Eltern vergessen, ihren Kindern etwas mitzugeben. Das grüne Licht des Förderverein-Vorstands hat er, bestätigt Vorstandsmitglied Christian Dippe.
Todesangst, sagt Sven Manig, ist sein Begleiter. „Aber man merkt, dass man zu früh Todesangst hat.“ Er hat es mehrfach durch: Eine Tachykardie kommt, der Defibrillator löst aus. „Ich rufe den Notarzt, dann kommt der und checkt die Vitalwerte.“ Mehr als einmal hat er dann schon Scherze mit dem Personal über seinen Zustand gemacht. Hoffnung gibt Sven Manig das Beispiel von Elmar Sprink, der nach einer erfolgreichen Transplantation wieder Triathlet ist und den er persönlich kennengelernt hat.
Spenden an den Förderverein Goßmann-Grundschule, IBAN: DE53 1709 2404 0002 0112 63 bei der Volksbank Fürstenwalde Seelow Wriezen eG