Gudrun Lomas, die Vorsitzende des Kunstvereins Zehdenick, erhält am Dienstag. 20. Oktober, um 11 Uhr in der Begegnungsstätte „Hallo Nachbar!“ das „Band für Mut und Verständigung“. Das wird in diesem Jahr an sechs Personen und Gruppen in Berlin und Brandenburg für ihr besonderes Engagement verliehen. Die eigentliche Auszeichnung erfolgt im Rahmen einer Gala mit Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke und Berlins Regierendem Bürgermeister Michael Müller (beide SPD) erst im kommenden Jahr. Das Band für Mut und Verständigung würdigt beispielhaftes Handeln gegen rassistische Diskriminierung und Gewalt und den Einsatz für ein friedliches, respektvolles Miteinander. Also genau das, was mit dem Laden „Hallo Nachbar!“ praktiziert wird. Verliehen wird. Hinter der Auszeichnung stehen neben den Regierungschefs von Berlin und Brandenburg verschiedene soziale Träger, auch auch die Kirchen.

Neue Begegnungsstätte mitten in der Stadt

Es war der Kunstverein Zehdenick unter Leitung von Gudrun Lomas, der 2019 aus dem Wahlkampfbüro von Bürgermeister Bert Kronenberg (parteilos) die Begegnungsstätte „Hallo Nachbar!“ machte, nachdem sich Lomas und viele andere zuvor bereits in der Willkommensinitiative Zehdenick engagiert hatten. Was hinter dem Konzept des Ladens steht, verriet deren Leiterin Petra Delport jüngst den Mitgliedern des Bildungsausschusses. Mit der Standortwahl in der Marktstraße habe die Willkommensinitiative Zehdenick eine neue Qualität in die Arbeit mit Geflüchteten reingebracht, weg vom Hinterhof in der Amtswallstraße 4a rein in die Stadt. Und das große Schaufenster des Ladens verleihe der Einrichtung die notwendige Transparenz.

Die Stadt hat „irre viel“ investiert

Die Stadt Zehdenick habe „irre viel investiert dort“, sagte Dirk Wendland als Stabsstellenleiter in der Stadtverwaltung und einer der Koordinatoren der Willkommensinitiative. „Die Arbeit mit Geflüchteten ist für mich Neuland“, sagte Delport, die in Gransee wohnt. Das Konzept des Ladens sehe Angebote für Geflüchtete und Einheimische gleichermaßen vor.
Die Begegnungsstätte mit Leben zu erfüllen, sei anfangs schwierig gewesen. Das richtige Angebot zu finden, beruhte auf „Versuch und Irrtum“. Ein Abend über den Libanon füllte den Raum unerwartet. Mehr als 40 Leute kamen, um mehr Land und Leute zu erfahren. Ein Überraschungserfolg. Fest etabliert habe sich mittlerweile das Sprachcafé: „Miteinander Deutsch lernen“, jeden Mittwoch und Donnerstag seit Oktober 2019 werde dieses Angebot insbesondere von Frauen sehr gerne angenommen. Denn es habe sich gezeigt, dass Sprachkurse allein nicht reichen, um alle Facetten der deutschen Sprache kennenzulernen. „Wegen der großen Nachfrage haben wir das Angebot jetzt schon auf Dienstag ausgeweitet“, sagte Delport. Woran es noch fehle seien Sprachlehrer.

Frauenwerkstatt hat sich fest etabliert

Seit November 2019 gebe es die Frauenwerkstatt. Etwa 15 Frauen aus Zehdenick und Umgebung treffen sich etwa einmal im Monat, um Dinge aus der Region zu verarbeiten. Hier entsteht im Frühjahr während des Lockdowns auch die Idee, Masken insbesondere für Flüchtlinge zu nähen. „Nachmittags ratterten die Nähmaschinen“, erinnerte sich Delport.
Das Angebot von „Hallo Nachbar!“ sei mittlerweile generationsübergreifend. Jetzt kämen nachmittags auch die Kinder der Geflüchteten, um dort ihre Hausaufgaben zu machen. Als nächstes sei es geplant, Computerkurse anzubieten, um den Geflüchteten das notwendige Know-how beizubringen. Computerkenntnisse seien für das Vorankommen in der Gesellschaft äußerst wichtig. Fördermittel seien für die Anschaffung von Computern bewilligt worden.

Rita Kolm ist die gute Seele des Hauses

Die Seniorin Rita Kolm, die mehr als 30 Jahre als Erzieherin in Zehdenick gearbietet hatte, gelte mittlerweile als die gute Seele des Sprachcafés. Dort träfen sich Syrer, Tschetschenen, Türken und Afghanen. Als Patin Geflüchteter habe sie in den vergangenen Jahren durch ihr unermüdliches Wirken viel erreichen können, sie helfe bei Behördengängen in Zehdenick, beim Ausfüllen von Formularen und sei sogar als Eheschlichtern erfolgreich gewesen. Für jemanden, der von 1950 bis 1958 besucht habe, sei es nicht gerade leicht, den Geflüchteten die Feinheiten der deutschen Grammatik beizubringen. „Ich bin zur Schule gegangen, da hieß das Verb noch Tuwort“, sagte sie. Seit fünf Jahren sei sie dabei, Flüchtlingen zu helfen, sich hier in Zehdenick zurecht zu finden. „Und es macht mir immer noch großen Spaß“, sagte die 70-Jährige. Längst hätten sich Freundschaften zwischen ihr und den Flüchtlingen entwickelt. Sogar ein paar Worte Arabisch habe sie mittlerweile von ihnen gelernt.