Weil die Unfallgefahr, die von ihr ausgeht, zu groß ist, muss eine Linde auf dem Neuruppiner Schulplatz umgehend gefällt werden. Der Grund: Sie ist von einem Pilz befallen und dadurch arg geschwächt. Die Fällung nimmt die Fachfirma Nürnberger Baumpflege vor. Durchgeführt werden die Arbeiten bereits an diesem Mittwoch, 24. Mai. Wegen der erforderlichen Arbeiten kann es an diesem Tag in der Zeit von 7 bis 17 Uhr auf dem Schulplatz zu punktuellen Sperrungen kommen, informiert die Sprecherin der Fontanestadt, Michaela Ott.
Im Vorfeld lief die Gerüchteküche heiß: Einen Kahlschlag werde der Schulplatz erleben, sämtliche fünf stadtbildprägenden Linden vor dem Alten Gymnasium müssten gefällt werden. Und sicher andere Bäume auch. Für einige Bürger war das ein klares Indiz des allgemeinen Niedergangs.
Kein Kahlschlag auf dem Schulplatz
Michaela Ott, die Sprecherin der Stadtverwaltung, kann auf Nachfrage jedoch Entwarnung geben. Lediglich einer der fünf Bäume stelle eine Gefahr für die Öffentlichkeit dar, kann sie mitteilen.
Es war vor einem Jahr, als sich die Nachricht wie ein Lauffeuer in der Stadt und vor allem bei den Anwohnern verbreitete: Die historischen Linden auf dem Schulplatz seien „über der Uhr und in die Jahre gekommen“. Sie stellten eine große Gefährdung der Öffentlichkeit dar. Sie müssten beseitigt werden. Zuvor hatten Experten die Bäume begutachtet. Anlass waren Bauarbeiten. Wurzelaufbrüche waren festgestellt worden, in deren Folge sich das Straßenpflaster gehoben haben soll. Wegen des dort regelmäßig stattfindenden Wochenmarktes eine Gefahr, ohnehin lädt der zentrale Schulplatz zum Flanieren ein.
Linden wirken vital und gesund – innen schreitet die Zersetzung voran
Michaela Ott räumt ein, die alten Linden auf dem Schulplatz seien seit Längerem „Sorgenkinder“. Trotz diverser aufwändiger Schnittmaßnahmen, so auch zuletzt im Frühjahr 2023, sei der Erhalt einer Linde nun nicht mehr möglich, da der Brandkrustenpilz die Wurzel und den Stamm stark geschädigt habe. Dies wurde sowohl bei der regelmäßigen Kontrolle festgestellt als auch durch eine „eingehende Untersuchung“. Die Analysen ergaben, ein Baum muss weg.
Fachleuten zufolge zersetzt der Brandkrustenpilz bereits in einem frühen Stadium des Befalls den zentralen Wurzelbereich und den unteren zentralen Stammkern von Laubgehölzen. Das Problem: Der Befall werde häufig gar nicht festgestellt, weil der Baum seine Baumkrone weiter versorgen kann. Erst in einer sehr fortgeschrittenen Befallsphase zeigten sich Symptome an der Krone. Ein Kroneneinzug prägt sich aus, es gibt einen erhöhten Tot-Astanteil und eine Kronenauflichtung.
Sachverständiger hat die Linde genau untersucht
Und das sei die Gefahr, erläutert die Stadtsprecherin: Vermeintlich vitale, als gesund wahrgenommene Bäume können bei plötzlich auftretendem Wind plötzlich brechen. Besonders gefährdet sind Bäume, die keine ausgeprägten Wurzelanläufe ausgebildet haben, was bei infizierten Linden der Fall sei. Es komme in solchen Fällen regelmäßig zum „statischen Versagen“, obwohl die Bäume noch über eine gute bis befriedigende Belaubung aufweisen.
Vergangenen Monat wurde die Linde auf dem Schulplatz durch einen öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen geprüft, durch drei Bohrwiderstandsmessungen. In seinem Gutachten vom 27. April 2023 resümiert er: „Der Brandkrustenpilz verursacht eine intensive Moderfäule. Von dem Baum geht eine hohe Bruchgefahr aus. Deshalb wird empfohlen, den Baum zeitnah zu entnehmen.“
Die Stadt steckt in einem Dilemma, zumal das Areal ein beliebter und gut besuchter Ort ist. Das Problem ist nach den Worten von Baudezernent Jan Juraschek aber komplexer: „Die Vitalität unseres Großgrüns nimmt verstärkt durch die zurückliegenden Trockenjahre ab.“ Was umso mehr schmerzt, „wenn im Wohnzimmer unserer Stadt Bäume abgängig sind, welche das Stadtbild über viele Generationen geprägt haben.“
Trockenperioden gefährden das Grün in der Stadt
Auch die Kommune denkt deshalb wie andernorts an eine Option: „Der klimaresiliente Umbau unseres Großgrüns wird uns in den nächsten Jahren erheblich beschäftigen. Ohne Gegenmaßnahmen wird der Verlust an Biomasse zunehmen, weniger Bäume können dann auch nicht für notwendigen Schatten sorgen. Um für die Herausforderungen gewappnet zu sein, müssen wir uns heute intensiv mit der Zukunft des Großgrüns auseinandersetzen: Bei Neupflanzungen werden wir uns auf resistentere Sorten konzentrieren“, schlussfolgert der Baudezernent. Aber es bedürfe ebenso eines intelligenten Wassermanagements. „Das alles kostet Geld – dem Klimawandel zu begegnen, wird es nicht zum Nulltarif geben“, so Juraschek.
Im Anschluss an die Fällung wird der Stadtservice der Stadtwerke Neuruppin die Fläche wieder verkehrssicher herstellen. Eine dauerhafte Beeinträchtigung des Publikumsverkehrs wird nicht erwartet.