Im Oktober 2017 entschloss sich die Hartz IV-Empfängerin, umzuziehen, in eine andere Zweieinhalb-Zimmerwohnung an der Neuruppiner Gartenstraße.
Der Altbau hat jedoch Nachteile, wie sie schnell feststellte. Die hohen Räume und die geringe Dämmung sorgen für unerwartet große Heizkosten. Zudem hatte sie den Umzug nicht mit dem Kommunalen Jobcenter abgesprochen, das sich auch weigerte, die höheren Kosten zu übernehmen. Nach zwei Monaten wollte Kerstin Neumann daher wieder in ihre alte Wohnung ziehen. "Doch da wurde mir gesagt, dass ich nicht wieder zurück kann, weil ich einmal ausgezogen bin."
Erfolglose Suche
Das war Ende 2017. Seitdem ist Kerstin Neumann auf der Suche und läuft erfolglos von einem Anbieter zum nächsten. "Ich habe bei der AWG an der Fehrbelliner Straße nachgefragt. Aber da muss man Genossenschaftsanteile bezahlen, und das kann ich mir nicht leisten." Von der Neuruppiner Wohnungsbaugesellschaft NWG kam die Absage, dass es derzeit keine Sozialwohnungen gibt, weil viele wegen geplanter Sanierungen leer stehen. NIC IMmobilien hat keine Sozialwohnungen, "Karbe ist zu teuer, die Inkom auch, weil die Wohnungen nur für Studenten gedacht sind, und auch beim Krankenhaus gibt es keine Sozialwohnungen", fasst Neumann ihre anderthalbjährige Suche zusammen.
Während all dieser Zeit drängte die Hartz IV-Behörde sie weiterhin, sich eine neue Wohnung zu suchen. "Mir wurde auch gesagt, ich soll doch einfach aus Neuruppin wegziehen aufs Dorf. Aber ich möchte nicht aus Neuruppin weg." Dafür hat sie auch einen triftigen Grund. Denn ihr elfjähriger Sohn besucht die fünfte Klasse in der Gentzschule und hat dementsprechend auch seine Freunde und sein festes Umfeld in der Stadt.
Dem Jobcenter sind diese Bedenken und die nicht vorhandenen billigeren Wohnungen aber egal. 424 Euro beträgt in Neuruppin der Regelsatz für das, was das Amt bezahlen würde – für eine maximal 50 Quadratmeter große Wohnung. Und die Übernahme mancher Wohnungen wurde ihr teilweise verweigert, obwohl sie unter dieser Grenze lagen – weil dann die Quadratmeterzahl der Wohnung zu groß war. Doch Wohnungen, die komplett den Anforderungen der Richtlinie entsprechen, sind auf dem Markt kaum oder gar nicht zu finden. "Stattdessen haben die beim Amt gesagt, ich soll mir einen Betreuer nehmen. Dann finde ich auch eine Wohnung." Dadurch fühlt sie sich, wie so oft beim Umgang mit der Behörde, äußerst herablassend behandelt. Dabei würde sie auch lieber wieder in ihrem alten Job arbeiten, als Bittstellerin beim Amt zu sein. Doch die Firma Promint, bei der sie 18 Jahre lang als Fertigstellerin gearbeitet hatte, hat ihren Neuruppiner Standort aufgegeben. "Wir haben da alles gewaschen, was vom Krankenhaus, von Pflegeheimen und Privatleuten kam." Doch das ist Geschichte. Stattdessen muss sich Kerstin Neumann nun mit dem Jobcenter herumschlagen.
Differenz wird abgezogen
Und von dort wird ihr die Differenz ihrer aktuellen Miete zum Regelsatz derweil einfach vom Hartz IV-Geld abgezogen, wie sie sagt. Übrig bleiben ihr damit pro Monat 118,40 Euro zum Leben. "Auch wenn man zur Tafel geht, reicht das einfach nicht aus", berichtet die Frau, die sich nicht mehr zu helfen weiß. Sie hat sich einen Rechtsanwalt genommen, der in ihrem Namen gegen die Entscheidungen der Behörde vorgeht. Doch die Warteliste beim Sozialgericht ist lang, und daher ist es schwer abzusehen, wann ihr Fall überhaupt behandelt wird. In ihrer jetzigen Wohnung muss sie dazu noch mit anderen Sorgen kämpfen. Seit einem Monat funktioniert die Therme für Warmwasser nicht mehr. "Der Vermieter sagt aber, dass ich sowieso bald ausziehen möchte, da muss er die nicht mehr reparieren."
In ihrer Not wandte sie sich in dieser Woche an die Stadtverordnetenversammlung und machte dort auf den Mangel an Sozialwohnungen aufmerksam. Alles, was Sozialdezernent Thomas Fengler tun konnte, war aber zu bestätigen, dass es in der Stadt in der Tat aktuell keine frei verfügbaren Sozialwohnungen gebe. Geholfen hat das der Neuruppinerin nicht. Sie wird einfach weiter von Anbieter zu Anbieter tingeln müssen, bis sie irgendwann Glück hat. Vor allem muss sie weiterhin mit 118,40 Euro pro Monat ihren Lebensuntrerhalt bestreiten.