Die Hinterleute der organisierten illegalen Müllentsorgung in Brandenburg machen auch vor dem Landkreis Oberhavel keinen Bogen. Im vergangenen Jahr wurden nach Angaben von Filippo Smaldino, Bürgermeister im Mühlenbecker Land, im Kreis Oberhavel 700 Kubikmeter Müll in den hiesigen Wäldern entsorgt. Jetzt gehen die Kommunen des Landkreises in die Offensive.
Sie fordern Brandenburgs Umweltminister Axel Vogel (B90/Grüne) in einem offenen Brief auf, die Behörden und Gemeinden in Oberhavel im Kampf gegen die kriminelle Müll-Mafia zu unterstützen.
Kommunen, Polizei und Forstamt unterzeichnen
Unterzeichnet ist der Brief nicht nur von Oberhavels Landrat, von allen Bürgermeistern der Kommunen und vom Direktor des Amtes Gransee, sondern auch vom Leiter der Oberförsterei Neuendorf und den Leitern der Polizeireviere Gransee, Hennigsdorf und Oranienburg. Sie appellieren an Axel Vogel, dem Thema mehr Priorität zu geben.
Das Problem tritt vor allem, aber nicht nur in den berlinnahen Regionen verstärkt auf: In Oberhavel konzentrierte es sich im vergangenen Jahr insbesondere auf Waldflächen in Mühlenbeck, Summt, Zühlsdorf und Wensickendorf. Dabei geht es schon längst nicht mehr um leere Bierflaschen und Brotpapier. Nicht selten werden im Schutz der Dunkelheit abgebrochene Lauben samt Dachpappe, Asbestplatten und Dämmstoffen in den Wald gekippt. „Diese Abfälle werden mit hoher krimineller Energie ganz gezielt illegal in unsere Wälder verbracht“, sagt Smaldino.
Drei konkrete Themenbereiche
Die Unterzeichner des offenen Briefs, der erneut auf Initiative von Filippo Smaldino (SPD), Bürgermeister im Mühlenbecker Land, entstand, haben konkrete Forderungen in folgenden drei Bereichen gestellt: Beräumung, Prävention und Bekämpfung.
Thema Beräumung:
Laut Landeswaldgesetz ist die Oberförsterei zuständig, wenn Müll im Wald entdeckt wird. Die kommt in Zusammenarbeit mit dem Landkreis dem Auftrag auch sukzessive nach. Allerdings würden der dafür nötige Aufwand und die Entsorgungskosten mittlerweile jeden Rahmen sprechen. Im vergangenen Jahr kostete die Entsorgung fast 100.000 Euro und viele Arbeitsstunden. Dennoch blieben neu gemeldete Müllfundstellen oft wochenlang liegen, da die Behörden mit der Beräumung nicht mehr hinterherkämen. Das stelle auch ein massives Umweltproblem dar, weil Böden belastet sowie Tiere und Ökosysteme gefährdet würden.
Deshalb soll das Land Brandenburg zum einen das Landeswaldgesetz und das Brandenburgische Abfall- und Bodenschutzgesetz novellieren, damit Kosten und Verfahrensweisen klar geregelt sind. Zum anderen sollen die personellen und finanziellen Mittel der Forstbehörden so aufgestockt werden, dass die zeitnahe Beräumung illegaler Müllfundstellen wieder gewährleistet werden kann. Zur Not müssten gewerbliche Unternehmen beauftragt werden.
Thema Prävention und Strafverfolgung:
Der Minister wird aufgefordert, sich mit seinen Mitarbeitern im Ministerium Gedanken zu machen, wie Unbefugten die Zufahrt zum Wald zumindest erschwert werden kann. Zudem sollen Täter, die erwischt werden, unverzüglich bestraft werden. Allerdings räumen die Unterzeichner des Briefes ein, dass es hohe rechtliche Hürden für die Aufklärung von solchen Straftaten gibt. „Leider stellt sich die Beweisführung und Strafverfolgung im Bereich der illegalen Müllentsorgung als sehr schwierig dar. Oft befinden sich die Delikte im Grenzbereich zwischen Ordnungswidrigkeit und Straftat.“
Thema Bekämpfung:
Die Unterzeichner stellen sich die Frage, was die Ursache für die illegale Müllentsorgung sein könnte. „Möglicherweise lässt sich das als Ergebnisse des enormen Preisdrucks im Bausektor im Zusammenspiel mit der globalisierten Wirtschaft verstehen – in Verbindung mit der Schwierigkeit, ausreichend qualifizierte Firmen oder Personal zu finden. Hier bedarf es neben der Aufklärung- und Sensibilisierungsarbeit auch einer ausreichenden Überwachung von Baustellen“, heißt es weiter. Minister Vogel wird deshalb auch aufgefordert, sich für Müllvermeidung und Nachhaltigkeit im Bausektor einzusetzen.
Eine Reaktion des Ministers beziehungsweise seiner Behörde ist noch nicht im Mühlenbecker Rathaus eingegangen.
Auf Initiative Smaldinos wurde vergangenen November ein Müll-Gipfel einberufen, um auf das kreisweite Thema aufmerksam zu machen. Vertreter aller Kommunen des Landkreises trafen sich mit Mitarbeitern der Polizei, der Oberförsterei und mit Abgeordneten des Brandenburger Landtages in Schildow zu einem Interkommunalen Runden Tisch. Das Thema „Kein Müll in den Wald“ traf damals auf ein breites Echo. Geändert hat sich seitdem nicht viel. „Der illegale Müll wird zunehmend zu einem Problem, dem wir als lokal zuständige Behörden regelrecht machtlos gegenüberstehen“, heißt es jetzt in dem offenen Brief.