Der Landkreis Havelland muss Flüchtlinge unterbringen. Da gibt es nichts dran zu rütteln, so sieht es das Landesaufnahmegesetz vor. Die Gemeinden und Ämter müssen dafür geeignete Liegenschaften zur Verfügung stellen. In diesem Jahr steht das Aufnahmesoll, also die Zahl der Flüchtlinge und Asylbewerber, bei 1.572 Personen – 398 davon sind bereits zugewiesen und untergebracht. Die Zahl ist nicht fix, sie kann sich im Laufe des Jahres noch ändern. Das hängt von den Flüchtlingsströmen und weiteren Entwicklungen in den Kriegs- und Krisengebieten ab.
Allein 2022 wurden in Brandenburg circa 39.000 Flüchtlinge, einschließlich Menschen aus der Ukraine, aufgenommen. 2015 waren es nur 28.000 Personen. Die Unterbringungskapazitäten stoßen vielerorts an ihren Grenzen, so auch im Havelland. Doch stehe man im Vergleich zu einigen anderen Kreisen noch gut da, so Landrat Roger Lewandowski (CDU) am Dienstag bei einem Pressegespräch in Nauen. Im Gegensatz zu anderen habe man nach 2015 die Kapazitäten nur wenig verringert. Beispielsweise stand die Unterkunft in Schönwalde-Glien einige Zeit leer, konnte so aber als Isoliermöglichkeit zu Corona-Zeiten genutzt werden.
Neue Gemeinschaftsunterkünfte für Flüchtlinge
Aktuell sind im Landkreis 1.093 von 1.391 Plätzen in Gemeinschaftsunterkünften belegt. Nur circa 200 freie Plätze gibt es. Die Diskrepanz ergibt sich aus Einschränkungen, wie beispielsweise Familienverhältnissen. Bei noch mehr als 1.000 erwarteten Flüchtlingen in 2023 steht der Landkreis vor einem Platzproblem. Daher wurde eine dezernatsübergreifende Arbeitsgruppe gebildet, die potenzielle Flächen für die Errichtung neuer Gemeinschaftsunterkünfte in Augenschein genommen hat.
Geprüft wurden von den Gemeinden vorgeschlagene Flächen sowie auch kreiseigene Immobilien, Flächen von Bund, Land und Privateigentümern. Insgesamt 43 Standorte, die hinsichtlich ihrer Lage, der Infrastruktur, Erschließung, Altlasten etc. bewertet wurden. Dabei auch wichtig: Kommunen, die jetzt schon stark belastet sind, wie beispielsweise Rathenow und Premnitz, wurden in der Priorität nach unten gesetzt, um eine gleichmäßigere Verteilung zu erreichen.
Die ausgewählten Standorte der Unterkünfte
In einem ersten Maßnahmenpaket konnten drei passende Standorte identifiziert werden, die der Landkreis für die Errichtung von Gemeinschaftsunterkünften pachten will. In Falkensee soll eine Containerwohnanlage mit 400 Plätzen an der Spandauer Straße neben der Shell-Tankstelle entstehen. Das Grundstück befindet sich in Privatbesitz. In der Stadt Rhinow (Siedlerfeld) und in der Gemeinde Nennhausen (An der Hauptstraße, südlich der Bahn) sollen Anlagen für jeweils 100 Flüchtlinge und Asylbewerber entstehen. Da es sich um kommunale Grundstücke handelt, müssen die Pachtverträge durch die Gemeindevertretungen beschlossen werden.
Bei allen drei Unterkünften handelt es sich um temporäre Anlagen, die zunächst bis 2027 genehmigt wären, da sie im baulichen Außenbereich liegen. Dezernent Hansjörg Bohm, im Landkreis zuständig für das Bauamt und die Immobilien, rechnet damit, dass noch einige Monate vergehen, bis die Unterkünfte stehen. Denn auch wenn die Zeit angesichts der knappen Kapazitäten drängt, gilt das normale Vergaberecht – die Bauprojekte müssen europaweit ausgeschrieben werden. Für Falkensee geht Bohm von etwa zehn bis 14 Monaten ab Unterzeichnung des Pachtvertrags aus, bis die Anlage steht. Davon seien allein rund sieben Monate „Papierkrieg“.
Für die kleineren Standorte im westlichen Havelland rechnet er mit fünf bis sieben Monaten ab Beschlussfassung durch die Gemeinden. Allerdings sei das nur einzuhalten, wenn Container verfügbar sind. Das könnte laut Kreisverwaltung noch schwierig werden, da ja alle Kommunen in Deutschland aufrüsten müssen und mit entsprechend hoher Nachfrage zu rechnen ist. Bohm hat allerdings schon erste Gespräche mit Herstellern geführt.
Notunterkunft im MAFZ in Paaren-Glien
Aufgrund der langen Vorbereitungs- und Bauzeit wird der Landkreis schnellstmöglich eine Notunterkunft im MAFZ-Erlebnispark in Paaren-Glien errichten. Allerdings wird nur die kleine Mehrzweckhalle abgetrennt, der Rest des Parks und die große Brandenburghalle sollen weiter offen und nutzbar bleiben. 150 bis 180 Personen sollen hier zeitweise untergebracht werden können. Unter allen Umständen wolle man verhindern, auf Turnhallen zurückgreifen zu müssen, so Sozialdezernent Wolfgang Gall.