Es war Ende des 19. Jahrhunderts, als in Rathenow das erste Fahrzeug mit Verbrennungsmotor gesichtet wurde. Es gehörte einem Industriellen aus Brandenburg an der Havel, der womöglich eine Ausfahrt auf der neuen Chaussee zwischen den Havelstädten unternommen hatte. Heute ist das die Bundesstraße 102. Wer im Havelland des 21. Jahrhunderts erstmals mit einem Elektroauto unterwegs war, ist unklar. Fakt ist, dass das havelländische Umweltamt nicht diese Erstzulassung unternommen hatte.

2013 erstes E-Auto für die Kreisverwaltung, aktuelle Quote von 29 Prozent

Laut Angaben von Leiterin Christine Fliegner kam das erste E-Auto im Jahr 2013 in den kleinen Fuhrpark des Umweltamts. Es war gleichsam die Premiere für  die gesamte Kreisverwaltung. Die weitere Entwicklung ist Beleg für eine Tendenz, die nun unumkehrbar zu sein scheint. Inzwischen beläuft sich die E-Auto-Quote im kompletten Fuhrpark der Verwaltung auf 29 Prozent. In Zahlen heißt das: Von insgesamt 58 Autos werden 17 durch Strom angetrieben. 2022 sollen vier Verbrenner durch E-Pkw ersetzt werden. Die Quote steigt dann auf 36 Prozent.

Wachstumsrate von 400 Prozent binnen zwei Jahren

Indessen sind im gesamten Landkreis Havelland aktuell (Stand: 31. Oktober 2021) 1.025 E-Autos zugelassen. Unter insgesamt 105.816 Pkw beläuft sich die E-Quote auf knapp ein Prozent. Christine Fliegner ist guter Dinge, dass sich die Quote weiter erheblich erhöhen wird. Schließlich waren Mitte Oktober 2019 gerade erst 244 Elektroautos im Landkreis Havelland zugelassen. Die Wachstumsrate binnen zwei Jahren liegt hier also bei etwas mehr als 400 Prozent. Wie hoch soll die Quote im Jahr 2030 sein?

Dynamik der Entwicklung auch vom Wandel in den Köpfen abhängig

Umweltamtschefin Fliegner hält nichts von Planzahlen. Der Prozess sei erfolgreich eingeleitet. Die Dynamik der Entwicklung sei derweil von einigen infrastrukturellen Faktoren, aber auch von der Bereitschaft zum Wandel in den Köpfen der automobilen Verkehrsteilnehmer abhängig. Sie spricht davon, dass sich der Wandlungsprozess sogar in der Verwaltung offenbaren würde.

Reichweitenangst sinkt bei Mitarbeitern der Kreisverwaltung

„Reichweitenangst“ ist ein Begriff, den sie nutzt, um einen grundsätzlichen Vorbehalt gegen Elektro-Autos zu erläutern. Die Furcht davor, mit leerem Akku liegen zu bleiben, sei groß. Etwa das erste E-Auto, das dem in Nauen ansässigen Umweltamt zur Verfügung stand, soll im Winter eine Reichweite von gerade nur 100 Kilometer erzielt haben. Da hätte man auf  Fahrten in die Region gern mal das Radio und/oder die Heizung ausgeschaltet, um Strom zu sparen. Zumal es im Zuge der E-Auto-Premiere bei der Kreisverwaltung auch nur eine in Nauen installierte Ladestation gab.
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Niemand fährt Akku auf Null

Inzwischen, so Christine Fliegner, fährt das E-Auto des Umweltamts problemlos die rund 50-km-Strecke Nauen-Rathenow zwei Mal hin und zurück und noch weiter. Im Grunde fährt niemand auf den relativ kurzen Strecken das Akku auf Null. Bei Bedarf verfügt die Kreisverwaltung an allen Standorten über insgesamt elf Ladesäulen mit jeweils zwei Ladepunkten. Die „Reichweitenangst“ der E-Autos nutzenden Mitarbeiter sei spürbar geschwunden, die Bereitschaft zum privaten Umstieg entsprechend gewachsen, so Fliegner.

22-kW-Ladesäulen an den Verwaltungsstandorten

Die erste Ladestation am Verwaltungsstandort in Nauen ist dort bereits ein Oldie. Es handelt sich um eine handelsübliche sogenannte 3,7-Kilowatt-Wallbox (Wanddose), mit der der Ladevorgang noch einige Stunden dauern würde. Die Kreisverwaltung setzt längst auf 22-kW-Säulen, die die Ladedauer auf etwa 1,5 Stunden verkürzen, aber ihren Preis haben. 
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Investitionskosten pro öffentliche Ladesäule von mehr als 50.000 Euro

Als öffentliche Tankstellen kommen derweil die leistungsstärksten Säulen mit mehr als 22 Kilowatt zum Einsatz. Deren Investitionskosten können sich pro Säule auf mehr als 50.000 Euro belaufen. Ein Ladevorgang an einer dieser Schnellladesäulen dauert nur etwa eine halbe Stunde. Wegen der relativ niedrigen Anschaffungskosten sind Wallboxen die Favoriten bei privaten Nutzern. Denn hierbei ist mit Kosten (inklusive Installation) von nur etwa 1.000 bis 3.000 Euro zu rechnen.

Säule vor Rathaus in Nauen: 2020 nur 84 Ladevorgänge

Wer keine Wallbox hat, kann öffentliche Ladepunkte ansteuern, von denen es im Landkreis Havelland etwa 30 gibt. Eine der Säulen befindet sich seit 2020 vor dem Rathaus in Nauen. An der Stelle kam es in dem Jahr nur zu 84 Ladevorgängen. Dort musste mit Sicherheit niemand Schlange stehen.