Noch war Napoleon nicht endgültig geschlagen. Er war im März 1815 aus der Verbannung zurückgekehrt, um wieder Krieg zu führen. Der britische Feldherr Wellington soll in der Schlacht von Waterloo am 18. Juni des Jahres gesagt haben: "Ich wollte, es wäre Nacht, oder die Preußen kämen". Bekanntlich griffen preußische Truppen gerade noch rechtzeitig ein. Der Franzose wurde nach 100-tägiger Herrschaft erneut verbannt, kehrte nie wieder. Der Wiener Kongress hatte zuvor bereits die Nachkriegsordnung festgelegt.
Das Heilige Römische Reich Deutscher Nation gab es längst nicht mehr. Unter dem Druck Napoleons hatte 1806 der österreichische Kaiser Franz II. abgedankt. Die Idee eines Bundes der kleinen und größeren deutschsprachigen Staaten war schon 1814 geboren worden, im Juni 1815 wurde sie Realität. 41 Staaten, darunter vier freie Städte, gehörten dem föderativen Staatenbund an. Österreich dominierte und rivalisierte hierbei mit Preußen. Dass das Jüngelchen aus der Altmark dem irgendwann ein Ende setzen würde, konnte niemand ahnen.
Otto war väterlicherseits eine Zukunft als adliger Landherr in die Wiege gelegt, mütterlicherseits erbte er wohl Scharfsinn und auch diplomatisches Gespür. Er mochte keine Bürokratie, noch weniger Parlamentarismus und liberale Bestrebungen. Er wurde so konservativ, dass ihn sogar die Konservativsten als zu extremistisch in seinem Wesen betrachtet haben sollen. Bismarck entdeckte aber während der bürgerlichen Revolution 1848/49 die Politik für sich, um für die Interessen des Landadels auf höchster Ebene streiten zu können.
Im Juli 1849 wurde er aus dem Wahlkreis Westhavelland-Zauche in die zweite Kammer des preußischen Landtags gewählt. Heute der gebräuchliche Begriff Rechtsaußen wäre für den Politiker wohl passend gewählt. Mit der Zeit weitete sich Bismarcks Horizont. 1851 wurde er preußischer Gesandter beim Bundestag in Frankfurt/Main, sprich beim Gesandtenkongress der deutschen Mitgliedsstaaten.
Auf https://pr-museum.de, das Deutsche Online-Museum für Public Relations (PR), wird ausgeführt, dass Bismarck dadurch auch Leiter der preußischen Pressestation in Frankfurt/Main wurde. Wie es über den Gesandten heißt, bestand sein Hauptziel nun darin, gegenüber Österreich Gleichberechtigung für Preußen zu erlangen, sogar die Vormachtstellung nördlich des Mains. Frankfurt stellte die Operationsbasis für außerpreußische Pressebeeinflussung dar. Bismarck hatte insbesondere die süddeutschen Länder, also auch Österreich, im Fokus.
Der Gesandte führte offenbar hier bereits einen Krieg - den um die öffentliche Meinung. Hierbei erlangte er Kenntnisse, die später von ungeheurem Wert für ihn werden sollten.
Ende 1851 wurde Bismarck erneut in die zweite preußische Landtagskammer gewählt, im November 1854 erfolgte die "Berufung in das preußische Herrenhaus, der 1. Kammer des preußischen Landtags", wie in einer Biografie auf www.dhm.de (Deutsches Historisches Museum) zu lesen ist. 1859 wurde er als Gesandter nach Russland entsandt, im März 1862 nach Frankreich. Am 23. September des Jahres schlug seine große Stunde: König Wilhelm I. machte Bismarck zum amtierenden Ministerpräsidenten.
Eine Woche später ließ der neue Regierungschef mit den Worten aufhorchen: "Nicht durch Reden und Majoritätsbeschlüsse werden die großen Fragen der Zeit entschiedenen - das ist der große Fehler von 1848 und 1849 gewesen - sondern durch Eisen und Blut". Am 8. Oktober folgte die Ernennung zum Ministerpräsidenten und zum Minister des Auswärtigen.
Noch immer bestand der Deutsche Bund, noch immer hatten die Österreicher das Sagen. Doch die Windrichtung drehte sich allmählich, was am 1. Februar 1864 noch nicht ersichtlich war. Da eröffneten Österreich und Preußen den gemeinsam ausgefochtenen Deutsch-Dänischen Krieg. Das unterlegene Dänemark musste die Herzogtümer Holstein, Schleswig und Lauenburg abtreten. Zwar konnten sich Preußen und Österreicher noch über die Verteilung der Beute einigen, doch führten nun entstehende Spannungen mitten hinein in den Deutschen Krieg des Jahres 1866. Nun standen sich die Rivalen gegenüber.
Die geschmiedeten Allianzen auf beiden Seiten widerspiegeln in etwa die Einflusssphären. Der Krieg endete mit einem Sieg Preußens, das nördlich der Mainlinie die österreichischen Verbündeten Hannover, Kurhessen, Nassau und Frankfurt annektierte. im norddeutschen Raum hatte Bismarck das Rennen nun gemacht. "Damit schloss Preußen die letzte Lücke zu einem zusammenhängenden Staatsterritorium zwischen der Memel im Osten und dem Rhein im Westen", wie auf www.dhm.de erläutert wird. Österreich hatte dagegen seinen Einfluss eingebüßt.
Der Deutsche Bund existierte nun nicht mehr, stattdessen war der Norddeutsche Bund geboren, zu dessen Kanzler der preußische Ministerpräsident wurde. Doch war das erst der Anfang neuer Entwicklungen. Denn in Frankreich schürte Preußens Aufstieg den Argwohn von Kaiser Napoleon III.
Der hatte überhaupt kein Interesse daran, dass Bismarck preußischen Einfluss nun über die Mainlinie hinaus ausdehnte. Denn mit den süddeutschen Staaten schloss Bismarck Bündnisse für den Kriegsfall, wodurch die Truppen dem Oberbefehl des preußischen Königs aus dem Hause Hohenzollern unterstellt werden sollten. Überdies kam es 1867 zur Bildung eines Zollbundesstaats, wodurch Bayern, Württemberg, Baden und Hessen-Darmstadt wirtschaftlich an den Norddeutschen Bund gebunden wurden.
Im Sommer 1870 überschlugen sich dann die Ereignisse. Ein Hohenzoller hatte seine Kandidatur um die spanische Krone angekündigt. Die Franzosen, die nun preußischen Machtzuwachs im Südwesten Europas fürchteten, forderten den Verzicht auf den Thron, worauf die Preußen noch eingingen. Als aber der französische Botschafter von König Wilhelm I. eine Garantie forderte, dass auch zukünftig kein Hohenzoller den spanischen Thron wollte, gab es erhebliche Verstimmungen. Ort des Geschehens war der Kurort Bad Ems im heutigen Bundesland Rheinland-Pfalz, Datum: 13. Juli.
Der entrüstete König hatte abgelehnt und von dort umgehend an Bismarck die französischen Forderungen telegrafiert. Den redigierten bzw. verschärften Wortlaut (Stichwort: "Emser Depesche") ließ der Ministerpräsident noch am selben Tag in der Presse veröffentlichen. Er wusste, nur zu gut, wofür damalige Medien besonders taugten. Auf Presse und Leserschaft war Verlass. Es folgte ein nationaler Sturm der Entrüstung. Ein Affront gegenüber Napoleon III., der prompt den Krieg erklärte.
Das wiederum trieb die süddeutschen Staaten in den Norddeutschen Bund. Der Krieg gegen Frankreich war spätestens Anfang September 1870 mit Gefangennahme von Napoleon III. entschieden. Danach wurde Paris belagert und beschossen. Die Hauptstadt kapitulierte am 28. Januar 1871, am selben Tag wurde ein Waffenstillstandsabkommen unterzeichnet. Zehn Tage zuvor war im Spiegelsaal von Versailles die Proklamation des preußischen Königs Wilhelm I. zum Deutschen Kaiser erfolgt. Otto von Bismarck war nun Kanzler des Reichs und stand im Zenit seiner Macht.
Im Laufe der Zeit wurden ihm zu Ehren sehr viele Bismarcktürme errichtet, von denen es noch etwa 150 auf dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland gibt. Als einer der attraktivsten gilt der Bismarckturm in Rathenow, der aber erst 1914 eingeweiht wurde und daher ein eher später Bau ist. Fixer waren die Rathenower, als sie dem Reichskanzler eine andere Ehre erwiesen. Im Juni 1875 wurde Otto von Bismarck ihr Ehrenbürger. Nur eine Handvoll Städte war schneller. Etwa Magdeburg und Köln hatten den runden Geburtstag des Kanzlers zum Anlass genommen.
Hätte am 1. April 1875, es war sein 60., das Orakel zu Bismarck gesprochen und ihm angekündigt, dass ihn der letzte deutsche Kaiser 1890 zum Rücktritt nötigen würde, hätte er sicher an einen Aprilscherz geglaubt. Dass ihn am 1. April 1895 hunderte Städte gleichzeitig zum Ehrenbürger machen würden, klingt heute nach einer "April, April"-Story.