Ein nach wie vor zu hoher Salzgehalt und mögliche Gifte in den Sedimenten machen es der Oder nicht leicht. Gerade erst ist der Schrecken des Fischsterbens in der Oder überwunden, da droht das nächste Unheil über den Fluss hereinzubrechen. Bundesumweltministerin Steffi Lemke (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)machte sich heute ein Bild der Folgen für den Nationalpark Unteres Odertal.
Nachdem, laut Bundesumweltministerium, 360 Tonnen Fische und unzählige Muscheln und Wasserschnecken in der Oder verendet sind. Kam Ministerin Lemke, um sich über den Zustand des Nationalparks und der Oder in Schwedt zu informieren. Der Salzgehalt der Oder liegt aktuell ähnlich hoch wie zu Beginn des Fischsterbens. „Das einzige, was derzeit ein erneutes Fischsterben verhindert, sind die winterlichen Temperaturen“, so Lemke.
Weiter keine Einigung mit der polnischen Seite
Wie bekannt wurde, ist der hohe Salzgehalt durch die Einleitungen polnischer Firmen entstanden. Nach wie vor laufen die Gespräche mit der polnischen Regierung über eine Regulierung der Einleitungen. „Anfangs waren die Gespräche etwas schwierig, aber ich glaube, dass wir Schritt für Schritt zu einem besseren Verständnis für Gewässer in der Klimakrise kommen. (…) Wir kommen voran, aber es ist mühselig“, so Lemke.
Auch die Wiederansiedlung der Störe ist durch die aktuelle Situation gefährdet. Viele Jungfische fielen dem Fischsterben zum Opfer. Auch, für die Sicherung der Bestände, nötige Altfische anderer Arten sind betroffen. So berichteten Nationalparkleiter Dirk Treichel und sein Stellvertreter Dr. Michael Tautenhahn, dass man 40 Jahre alte Welse und große alte Zander tot aus dem Wasser gezogen hat.
Goldalgen auch in den Poldern nachgewiesen
Die für das Fischsterben verantwortliche Alge ist auch in den Poldern des Nationalparks nachgewiesen worden, so Treichel. Das einzige, was dort ein Fischsterben verhindert hat, ist Glück, sagt Treichel. Jedoch wird bei jeder Flutung neues Oderwasser eingetragen und somit auch neues Salz. Wenn es ungünstig läuft, ist ein Fischsterben in den Poldern vorprogrammiert. Nach derzeitigen Erkenntnissen ist die Alge nur für Kaltblüter gefährlich. Für Vögel und Säugetiere besteht wohl keine Gefahr. Die Auswirkungen für wechselwarme Tiere, wie Reptilien und Amphibien, sind allerdings noch nicht ausreichend erforscht.
Es führt also kein Weg an einer Verringerung des Salzgehaltes vorbei und als wäre das nicht schon genug, drohen durch den Oderausbau neue Gefahren für den Fluss, das Ökosystem und auch den Nationalpark. Nicht nur, dass durch den Ausbau der Oder sich das Flussbett mit all seinen Nischen für verschiedene Fisch- und Muschelarten verändern wird. Es besteht auch die Gefahr, dass sich im Sediment abgelagerte Gifte aus der schlesischen Chemieindustrie lösen und an der Oberfläche des Flussbetts ablagern.
Gifte sind auch eine Gefahr für den Nationalpark
Wenn in einem Flussbett gebaggert wird, werden unweigerlich auch Sedimente aufgewirbelt, die sich irgendwann, irgendwo im Fluss wieder ablagern, erklärt Dr. Tautenhanhn. Da in der Vergangenheit durch die schlesische Chemieindustrie giftige Abwässer in die Oder geleitet wurden, besteht die Gefahr, dass diese Gifte aufgewirbelt werden und sich auch im Nationalpark ablagern. Anders als die Gifte der Alge sind diese Gifte auch sehr gefährlich für Säugetiere und Vögel. Dazu gehören zum Beispiel Umweltgifte wie Dioxine oder dioxinähnliche PCB und Kadmium, Zink und Kupfer als Schwermetalle. Diese wurden auch schon im Sediment der Elbe nachgewiesen. Dort stammten sie aus Bitterfeld.
Dies scheint jedoch auf polnischer Seite ignoriert zu werden. Auf Nachfrage sagte Ministerin Lemke, dass auf polnischer Seite bisher keinerlei Beprobung geplant sei. Somit ist eine fachgerechte Entsorgung, bei Belastungen, fraglich. Wie es für die Berufsfischerei und den Wassertourismus dann weitergeht, ist offen. In diesen Bereichen droht ein Aus für viele Betriebe. Ebenfalls kann bei einer solch unklaren Zukunft derzeit noch nicht an einen Neubesatz der Oder gedacht werden.
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