Längst nicht alle Ämter, Gemeinden und Landkreise im Land Brandenburg haben Fördermittel für „Pflege vor Ort“ abgerufen. Das Amt Golzow aber hatte sich schon frühzeitig ausdrücklich dafür entschieden. So wurde im Oktober 2021 die Stelle einer Seniorenkoordinatorin bei der Arbeitsinitiative Letschin installiert. Kerstin Grundmann hilft dabei, die richtigen Formulare zu finden, Anträge korrekt auszufüllen oder Kontakt zu Behörden und Pflegestützpunkten aufzunehmen. Unterstützung sollen vor allem die Angehörigen von Pflegebedürftigen finden. „Menschen, die Angehörige im häuslichen Umfeld pflegen, fühlen sich oft alleingelassen“, begründete Guntram Glatzer, Vize-Amtsdirektor in Golzow, die Entscheidung für die Seniorenkoordinatorin vor anderthalb Jahren. Nachdem das Projekt gut angelaufen sei, werden nun weitere Angebote auf den Weg gebracht.

Hilfe auch für Familien mit pflegebedürftigen Kindern

Mittlerweile ist die Seniorenkoordinatorin Geschichte. Zu umfangreich waren die Aufgaben geworden und zu verschieden die Menschen, für die sie erledigt werden sollten. Nicht nur Senioren suchen Unterstützung, sondern auch junge Familien. Kerstin Grundmann: „Selbst Kinder mit ADHS haben schon einen Pflegegrad.“ Das sei anfangs nicht bedacht worden.
Bedeutet dies das Aus für dieses Projekt? „Nein“, beruhigt Kerstin Grundmann auf Anfrage von MOZ.de. „Der Begriff war einfach unglücklich gewählt“, räumt sie ein. Natürlich macht Kerstin Grundmann weiter – nur nicht als Seniorenkoordinatorin. Sie wird jetzt „Pflegelotse“ genannt. So wie ihre Kolleginnen Monika Cor und Cindy Kowalzik, mit denen sich Kerstin Grundmann die Arbeit im Amt Golzow, in Letschin und im Amt Barnim-Oderbruch nun teilt.

Veranstaltungen werden 2023 direkt in den Gemeinden stattfinden

Viele telefonische Anfragen erreichten Kerstin Grundmann seit ihrem Start als Seniorenkoordinatorin im Amt Golzow. Zuvor war sie durch die Gemeinden getourt, hat sich und das Projekt vorgestellt. „Das Interesse war groß“, erzählt sie im Gespräch mit MOZ.de. Auch an den Veranstaltungen, die sie im Laufe des vergangenen Jahres organisieren konnte. Senioren und auch deren Angehörigen wurden im Gemeindezentrum in Golzow mit Hausnotruf-Systemen, gesundem Essen im Alter, Demenz und dem Umgang damit oder auch Musik für die Seele vertraut gemacht.
In 2023 sollen die Veranstaltungen von Golzow in die einzelnen Gemeinden verlegt werden. „Wir haben gemerkt, dass die Wege manchmal für die Senioren einfach zu weit waren“, erklärt Kerstin Grundmann. Zurzeit steckt sie noch mitten in der Planung. „Aber auch in diesem Jahr wird es wieder interessante Themen geben“, könne sie schon jetzt versprechen.

Netzwerk für Nachbarschaftshilfe im Aufbau

Mit der Verlängerung des Förderprogramms „Pflege vor Ort“ bis Ende 2024 können die Pflegelotsen der Arbeitsinitiative Letschin das Projekt auch für das Amt Golzow noch einmal ganz neu denken. Als Nächstes soll ein Netzwerk für Nachbarschaftshilfe aufgebaut werden. „Ob das Laubfegen im Herbst, das Schneeschieben im Winter, das Blumengießen im Sommer, das Einschrauben einer Glühbirne oder das Abnehmen von Gardinen – viele ältere Bürger stehen hier vor Aufgaben, die sie nicht mehr alleine meistern können“, heißt es in einem Aufruf an die Bürger. „Wer keine Familie oder Freunde in der Nähe hat, ist oft hilflos“, weiß auch Kerstin Grundmann. Die guten Erfahrungen aus Letschin, wo es solch ein Netzwerk schon in den Grundzügen gibt, wolle sie nun auch in die Gemeinden des Amts Golzow tragen.
Dort halten sich Hilfsangebote und Hilfegesuche die Waage. So wünsche sich das Kerstin Grundmann auch für Golzow. Das Konzept ist ganz einfach: Wer Hilfe braucht, kann sich telefonisch bei den Pflegelotsen in Letschin melden. „Und wer Zeit hat und gerne anderen helfen möchte, auch“, so Kerstin Grundmann. Sie stelle dann den Kontakt zueinander her. Wichtig dabei ist, dass die Helfer im Amt Golzow ansässig sind. Die Lotsin ist zuversichtlich, Ehrenamtliche zu finden. Viel schwieriger sei, Pflegebedürftige zu motivieren, sich helfen zu lassen. „Viele Menschen trauen sich nicht, Hilfe in Anspruch zu nehmen“, weiß Kerstin Grundmann. „Da muss man einen langen Atem haben und es immer wieder anbieten.“
Wer sich für das Nachbarschaftshilfe-Netzwerk im Amt Golzow registrieren lassen möchte, meldet sich bitte unter der Rufnummer 033475 50961 oder per Mail an pflege@ai-letschin.de bei der Arbeitsinitiative Letschin.
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