So kläglich der bundesweite Warntag verlief, einen Mangel an Sirenen und Blaulichtfahrten erlebt Strausberg wahrlich nicht: Am Dienstagabend rückte die Strausberger Feuerwehr gar im gesamten Bestand aus, die Ortswehr Hohenstein stieß noch hinzu. Das Ziel hieß: Die Wache der Polizeiinspektion Märkisch-Oderland! „Gebäudebrand groß; Märkische Straße 1 in 15344 Strausberg“, lautete das Stichwort auf dem Alarmempfängern der Einsatzkräfte, berichtet Werner Seidel. Der stellvertretende Zugführer war am Dienstag der Einsatzleiter und rückte um 18.33 Uhr mit insgesamt 38 Kameraden beiderlei Geschlechts in acht Fahrzeugen aus: Die Tanklöschfahrzeuge, die Drehleiter, das Hilfeleistungslöschgruppenfahrzeug, das Tragkraftspritzenfahrzeug, der Einsatzleitwagen, ein kompletter Löschzug aus Strausberg in der vorgeschriebenen Alarm- und Ausrückeordnung, dazu die Hohensteiner fuhren bei der Polizeiwache vor.

Verrauchter Zellentrakt

Dort war Feueralarm ausgelöst worden. Die Brandmeldeanlage hatte angeschlagen, weil der Zellentrakt des Gewahrsams total verraucht war. „Das hatte die erste Erkundung des Dienstgruppenleiters ergeben“, berichtet Werner Seidel. Der Dienstgruppenleiter Jens Ortmann habe besonnen und überlegt gehandelt. Gestaunt habe er über die reibungslose Evakuierung des großen Gebäudes. „Nach drei Minuten haben rund 30 Leute von Kriminalpolizei und Wach- und Wechseldienst unten gestanden“, sagt Polizeihauptkommissar Raimond Röbbelen, zuständig unter anderem für Arbeitssicherheit und Brandschutz in der Polizeiinspektion. Daran habe wesentlich der Brandschutzverantwortliche der Revierpolizei, Peter Schneider, seinen Anteil gehabt. Der habe nach Anschlagen der Brandmeldeanlage im Zellentrakt sofort den Feueralarm ausgelöst und die zügige Räumung des Gebäudes veranlasst.
„Als wir eintrafen, war das Gebäude aber nicht ganz leer“, berichtet Werner Seidel, „eine Person wurde im Zellentrakt vermisst, und eine hatte sich, verwirrt vom Feuer, auf das Dach der Wache geflüchtet.“ Für die ehrenamtlichen Retter ging es um Minuten. Sie kannten das Gebäude noch nicht näher, schließlich steht es erst seit 2017. Das Szenario für die Übung hatte Romano Bonkatz maßgeblich mit ausgearbeitet: Er ist ehrenamtlicher Feuerwehrmann und hauptberuflicher Polizist. Auch Karsten Mühleisen, Vorsitzender des Fördervereins der Feuerwehr und in der Regionalleitstelle Oderland tätig, hat die Übung mit vorbereitet.
Die Menschenrettung aus der Höhe und aus dem verrauchten Trakt gingen die Feuerwehrleute professionell an. Tobias Heidekrüger und Karsten Hahn fuhren mit dem Rettungskorb der Drehleiter in Richtung Dach und befestigten den Dummy fachkundig auf der Trage. Gleichzeitig arbeitete sich der Atemschutzgerätetrupp, bestehend aus Benjamin Bomball und Tom Bohm, im inneren Angriff in den Zellentrakt vor, um die dort vermisste Person zu suchen und zu bergen. Den zweiten Trupp mit den Sauerstoffflaschen bilden Henry Wedding und Hendrik Jacobs.

Coronabedingt verschoben

Ursprünglich hatte die Übung am 27. Mai stattfinden sollen, doch coronabedingt wurde sie auf den September verschoben. 2018 hatte es schon einmal einen Probealarm gegeben, erinnert sich Raimond Röbbelen. Das ist nach dem Bezug eines neuen Dienstgebäudes unumgänglich, um allen Beschäftigten die Fluchtwege und das richtige Verhalten im Brandfall nahe zu bringen. Im vergangenen Jahr löste dann schon einmal die Brandmeldeanlage im Zellentrakt aus. Der Grund waren allerdings Schleifarbeiten eines Handwerkers, deren Staubentwicklung den Sensor verwirrten.
Als zweckmäßig am Szenario haben sich nicht nur die beiden Rettungsaktionen erwiesen, sondern auch, dass durch die Rauchentwicklung die Sicht stark behindert war und die Kameraden deshalb auf den digitalen Funk für die Verständigung angewiesen waren. „Wir haben in der Auswertung festgehalten, dass wir Funkgeräte als Repeater für die Verstärkung der Funksignale an bestimmten Stellen im Gebäude postieren müssen, damit das Zusammenspiel reibungslos funktioniert“, sagt Werner Seidel.
Die Leiterin der Führungsstelle, Erste Polizeihauptkommissarin Ines Grune, spricht rückblickend von einer „absolut gelungenen Übung, die zum optimalen Zusammenwirken zwischen Polizei und Feuerwehr im Ernstfall beigetragen hat“. Wobei sie natürlich hoffe, dass es dazu nie kommen werde.