Deutliche Verbesserungen im Pendler- und Ausflugsverkehr erhofft sich der Verkehrsverbund Berlin-Brandenburg (VBB) von der Entscheidung, dass die DB Regio Nordost den Zuschlag im Wettbewerbsverfahren Netz Nord-Süd erhalten hat. Wie der VBB am Dienstag mitteilte, soll die DB Regio Nordost ab Dezember 2026 das Netz betreiben.
Die Vergabe Netz Nord-Süd umfasst die Linien RE3, RE4 und RE5. Nach Angaben des VBB enthalten die Leistungen insgesamt etwa 11,6 Millionen Zugkilometer jährlich in den Ländern Berlin, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen-Anhalt.
Mehr Komfort für die Fahrgäste
Laut Presseerklärung sollen die Kapazitäten ausgeweitet und der Komfort für die Fahrgäste verbessert werden.
Das Netz Nord-Süd und die Veränderungen im Einzelnen:
● Auf der sogenannten Anhalter Bahn (Berlin – Ludwigsfelde – Luckenwalde – Jüterbog – Lutherstadt Wittenberg/ Falkenberg (Elster)) fahren weiterhin gemeinsam die Linien RE3, RE4 und künftig auch die Linie RE5. Die Linie RE3 fährt dann ab Dezember 2026 von Berlin kommend Montag bis Freitag stündlich und mit allen Zügen, am Wochenende weiterhin zweistündlich, nach Lutherstadt Wittenberg. In den Nächten Freitag/Samstag und Samstag/Sonntag wird es weiterhin eine Direktverbindung von/nach Halle (Saale) geben. Die Linie RE4 wird künftig neu täglich stündlich nach Falkenberg (Elster) fahren. Zwischen Jüterbog und Berlin ergänzen sich beide Linien ganztags an sieben Tagen in der Woche auf zwei Züge pro Stunde und Richtung.
● Da auf der Strecke zukünftig noch mehr Fernzüge unterwegs sein sollen, muss das Halte- und Linienkonzept im Netz Nord-Süd anders strukturiert werden. Der RE3 wird dann stündlich an allen Bahnhöfen zwischen Lutherstadt Wittenberg, Jüterbog und Berlin halten. Im Gegenzug wird der RE4 ab Jüterbog beschleunigt und hält nur in Luckenwalde, Ludwigsfelde, Berlin Lichterfelde Ost und Berlin Südkreuz.
● Ziel: Für die Stationen fern von Berlin sollen spürbare Fahrzeitverkürzungen realisiert werden. So verringert sich zum Beispiel die Fahrzeit zwischen der Kreisstadt Herzberg (Elster) und Berlin teilweise um etwa 15 Minuten.
● Auf der Strecke von Falkenberg (Elster) nach Jüterbog werden die Zwischenhalte von allen Zügen des RE4 und somit stündlich angefahren.
Lehrter Bahn (Berlin – Rathenow – Stendal)
● Zu Beginn des neuen Netzes Nord-Süd wird die Linie RE4 von Berlin kommend zunächst alle zwei Stunden über Rathenow hinaus bis nach Stendal fahren. Sie ergänzt damit die ebenfalls zweistündlich fahrende Linie RB34 zu einem insgesamt stündlichen Angebot ab Ende Dezember 2026. Nach Abschluss der durchgehenden Elektrifizierung der Stammstrecke im Abschnitt Rathenow – Stendal fahren dann stündlich die Züge des RE4 von Berlin kommend über Rathenow hinaus nach Stendal und übernehmen damit die Leistungen der bisherigen RB34.
● Zwischen Berlin und Rathenow soll das Angebot ebenfalls ausgeweitet werden. Hierzu sind in den Spitzenzeiten zusätzliche Züge zwischen Berlin und der Havelstadt unterwegs. Insgesamt gibt es dann täglich in den besonders nachgefragten Zeiten ein Angebot von zwei Zügen pro Stunde auf diesem Linienabschnitt – konkret von morgens ca. 5 Uhr bis 8 Uhr und nachmittags von 15 Uhr bis 20 Uhr.
● Berlin – Eberswalde – Stralsund bzw. Schwedt und Berlin – Neustrelitz – Rostock bzw. Stralsund
Auch auf den Linienästen in Richtung Norden wird das Angebot ausgebaut. In den touristischen Spitzenzeiten im Sommer wird es eine Verdichtung des Angebotes zwischen Rostock und Neustrelitz geben, um die Tourismusregionen Seenplatte und Ostseeküste öfter zu verbinden. Zusätzliche Ausflugszüge – wie sie aktuell an den Saisonwochenenden zwischen Berlin und Stralsund zum Einsatz kommen – sind auch weiterhin geplant. Auch die Saisonzüge Richtung Neustrelitz und Prenzlau können weiterhin flexibel über Optionen im Verkehrsvertrag umgesetzt werden.
● Im Berufsverkehr sind zusätzliche Entlastungszüge zwischen Neubrandenburg und Berlin sowie zusätzliche Früh- und Spätverbindungen zwischen Neustrelitz und Rostock vorgesehen. Auf der Achse Stralsund – Neubrandenburg – Neustrelitz – Berlin wird das Angebot im Abend- und Spätverkehr verbessert. Zwischen Neustrelitz und Stralsund wird der Stundentakt zudem auch auf die Wochenendtage durchgängig ausgeweitet.
Es sollen grundsätzlich Doppelstückzüge eingesetzt werden, dabei sind immer mindestens 500 Sitzplätze geplant. Auf der stark frequentierten Strecke Linie des RE3 soll das Angebot auf 580 Sitzplätze ausgeweitet werden statt heute – je nach Jahreszeit nur 420 beziehungsweise 500. Langfristig sind sogar 780 Plätze geplant.
Mehr Platz für Fahrräder in Richtung Ostsee
Nicht nur in den Sommermonaten sind die Linien in Richtung Ostsee sehr stark nachgefragt. Vor allem an den Wochenenden sind dort zahlreiche Reisende mit Fahrrädern unterwegs. Deshalb sollen für den Ausflugsverkehr pro Doppelstockzug mindestens 72 Fahrradstellplätze bereitgestellt werden, auf der Linie RE3 werden pro Zug 84 Plätze angeboten. Dafür sind neue Züge bestellt. Auf den Linien des RE4 und RE5 sollen die gebrauchten Doppelstockwagen einem Redesign unterzogen werden. Der VBB verspricht ein „neuwertiges, modernes äußeres und inneres Erscheinungsbild“.
Es würden durchweg „smarte Fahrzeuge“ eingesetzt. Damit könnten Schäden an Türen, WC, Klima, und Steckdosen schnell diagnostiziert werden. Es soll kostenloses WLAN zuzüglich eines für mobile Endgeräte nutzbaren dynamischen Informationsportals mit Auslastungsanzeige per App verfügbar sein. Die so genannten Schmetterlingstische, die es bislang nur in der 1. Klasse gibt, sind dann auch in der 2. Klasse verfügbar.
In den Neufahrzeugen soll das Laden über zusätzliche USB-C-Buchsen möglich sein sowie über induktive Ladung an den Tischen. Die Toilettenanlagen werden laut VBB mit einem ansprechenden Innenraum und mit einem hochwertigen, neuen Vandalismusschutz ausgestattet.
Qualität im Regionalverkehr verbessert sich
Politiker aus den vier Bundesländern lobten die Entscheidung am Dienstag. Bettina Jarasch (Grüne), Senatorin in Berlin erklärte: „Das neue Netz Nord-Süd wird einen spürbaren Qualitätssprung im Regionalverkehr mit sich bringen, auf den beliebten Strecken von Berlin in Richtung Ostsee, aber auch in den Westen und Südwesten Brandenburgs und darüber hinaus.“ Und Brandenburgs Verkehrsminister Guido Beermann (CDU) sagte: „Die Ausschreibung des Netzes Nord-Süd ist ein beachtlicher Meilenstein hin zur mehr Schiene, insbesondere für den ländlichen Raum.“
Fahrgastverband befürchtet erneut überfüllte Züge
Hans Leister, Vorstandsmitglied des Fahrgastverbandes Pro Bahn begrüßte die Ankündigung des VBB. „Das Angebot in Richtung Ostsee muss unbedingt ausgebaut werden“, erklärte er. Gerade im Sommer seien die Züge regelmäßig überfüllt, Reisende mit Fahrrädern finden keinen Platz. Allerdings befürchtet er, dass die Verbesserungen nicht ausreichen. „Wenn es demnächst wieder ein günstiges Angebot im Regionalverkehr als Nachfolger des 9-Euro-Tickets gibt, dann wird es erneut zu übervollen Zügen kommen“, sagte er auf Nachfrage. Und wenn es der Bundesregierung gelingt, die Fahrgastzahlen, wie angekündigt, zu verdoppeln, dann sei das Angebot viel zu gering.