Im Dezember 2022 appellierte der noch amtierende Geschäftsführer der Eberswalder Wurst & Fleisch Gruppe an die Verbraucher, hiesige Produzenten zu unterstützen. Nach Jahren der Krisen und Schweinepest geriet das regionale Unternehmen in eine prekäre Lage. Die Konkurrenz durch Billigwaren wurde angesichts steigender Preise immer größer.
Nun hat der Hersteller der beliebten Eberswalder Würstchen am Gründonnerstag (6. April) verkündet, das Unternehmen verkaufen zu wollen. Neuer Besitzer soll die zur-Mühlen-Gruppe werden – wenn das Bundeskartellamt grünes Licht gibt.
Der Standort im benachbarten Britz sowie Arbeitsplätze sollen erhalten bleiben. Wer aber verbirgt sich hinter dem Käufer und was ist nach der Übernahme geplant?

Zur-Mühlen-Gruppe kauft angeschlagene Produzenten

Auf Nachfrage wollte sich der Konzern nicht äußern, da die Entscheidung des Bundeskartellamts noch aussteht. Doch das Unternehmen ist kein Unbekannter in der Fleischbranche. Gründer und Namenspatron der Mühlen-Gruppe ist der Unternehmer Peter zur Mühlen. Dieser übernahm 1998 einen Flensburger Bockwursthersteller und setzte die Akquise verschiedener Wurstproduzenten in den folgenden Jahren fort, berichtete das Magazin Wirtschaftswoche vor acht Jahren.
So vereinte zur Mühlen verschiedene regionale Marken unter dem Dach seines Konzerns. „Angeschlagene Unternehmen kaufen, sanieren und schnelle Umsätze generieren“, heißt es in dem Porträt des Wirtschaftsmagazins von 2015 weiter. Die Marken der aufgekauften Produzenten bleiben zumeist erhalten.

Was hat Tönnies mit der Zur-Mühlen-Gruppe zu tun?

Mittlerweile gehören viele bekannte Namen aus den Kühltheken zum Portfolio des Unternehmens mit Sitz in Schleswig-Holstein: Gutfried, Zimbo, Heine’s oder Weimarer und möglicherweise bald auch die Eberswalder Wurstwaren. Für die Mühlen Gruppe arbeiten laut Angaben des Unternehmens bislang 4000 Mitarbeiter (inklusive saisonale Kräfte), die pro Jahr zwei Milliarden Wurstkonserven und -packungen produzieren. Seinen Marktanteil berechnet das Unternehmen auf 22 Prozent. Etwa ein Viertel seiner Produkte werden in 40 Länder exportiert.
Ein Blick ins Impressum der Firmenseite verrät jedoch, dass es mittlerweile noch eine Ebene über der Mühlen Gruppe gibt: Maximilian Tönnies, Sohn von Clemens Tönnies, wird als einer der Geschäftsführer aufgeführt. Tönnies begann als Schlachtunternehmen und gilt heute als Fleisch-Imperium. 2019 übernahm die Holding die angeschlagene zur-Mühlen-Gruppe, nachdem die Europäische Kommission dem Zusammenschluss zugestimmt hatte. Das heißt, die Eberswalder Gruppe könnte eigentlich bald zu Tönnies gehören.

Eberswalder Wurst & Fleisch Gruppe bald Tönnies-Produkt?

Der Name Tönnies wiederum war in den vergangenen Jahren häufiger in den Schlagzeilen zu lesen. Besonders großes Aufsehen erregten Vorwürfe zu schlechten Arbeitsbedingungen während der Corona-Pandemie, als sich ein großer Teil der Mitarbeiter am Standort Rheda-Wiedenbrück in Nordrhein-Westfalen mit Covid-19 infizierte. Besonders für ausländische Arbeitskräfte sollen die Bedingungen schlecht gewesen sein. Nach eigenen Angaben beschäftigt Tönnies mittlerweile 15.200 Mitarbeiter weltweit. Die letzte Angabe zum Umsatz machte das Unternehmen 2021 und bezifferte diesen auf 6,2 Milliarden Euro. Im vergangenen Jahr geriet die Fleischbranche jedoch nicht nur durch steigende Preise, sondern aufgrund eines rückläufigen Fleischkonsums unter Druck.
Tönnies gilt bislang als ungeschlagener Marktführer. Der Anteil unter den deutschen Schweineschlachtbetrieben soll bei 31 Prozent und damit deutlich vor den Konkurrenten liegen, berichtete das Portal argarheute.