Die Hubschrauber aus Belarus, die am Dienstagfrüh (1. August) plötzlich im Luftraum über Polen auftauchten, wurden womöglich von russischen Piloten absichtlich dorthin geflogen. Unabhängige belarusische und russische Info-Kanäle berichten neue Hintergründe, die zum Teil nahelegen, dass es sich um eine gezielte Provokation von Russland und Belarus handelte.
Anwohner des vier Kilometer von der Grenze entfernten Orts Bialowieza in Ostpolen hatten zwei belarusische Militär-Helikopter tief über der Ortschaft fliegen sehen. Die Polnische Armee hatte zunächst dementiert, dass es sich dabei um eine Verletzung des Luftraums handele, sondern auf von Belarus angekündigte Übungsflüge auf dessen Seite der Grenze verwiesen. Erst am Abend bestätigte die Polnische Armee, die Hubschrauber waren tatsächlich für zehn Minuten in Polen. Sie flogen so niedrig, dass sie nicht auf den Radaren der polnischen Armee auftauchten.

Angeblich Geleitschutz für Aleksander Lukaschenko

Laut dem belarusischen Portal „Motolko“ hatten die Hubschrauber mit angeblichen Übungsflügen nichts zu tun, sondern gehörten zum Geleitschutz für Aleksander Lukaschenko, Präsident von Belarus, der sich jener Zeit in einer Residenz im Grenzgebiet zu Polen etwa acht Kilometer von der Grenze entfernt aufhielt. Zu dem Zeitpunkt, als seine beiden Hubschrauber über Polen flogen, habe sich Lukaschenko mit einem dritten Militärhubschrauber seines Geleitschutzes bei einem Termin 20 Kilometer landeinwärts aufgehalten. Dass die beiden Militärhubschrauber absichtlich nach Polen geflogen sind, hält das Portal für unwahrscheinlich – zu gefährlich hätte eine solche Provokation für den in der Nähe befindlichen Diktator Lukaschenko werden können.

Andere Quellen sprechen von Besatzung aus Russland

Der russische Telegram-Kanal „Volya“, von der polnischen „Gazeta Wyborcza“ für glaubwürdige Berichte von der ukrainisch-russischen Front geschätzt, bezieht sich auf eigene Quellen direkt unter russischen Militärs, die in Belarus stationiert seien – und kommt zu einer anderen Einschätzung. Demnach hätten die Hubschrauber weder mit Übungen, noch mit Lukaschenkos Geleitschutz zu tun. Vielmehr hätte sich in den belarusisch markierten Militärhubschraubern eine russische Besatzung befunden. Deren Aufgabe sei gewesen, den Zustand der polnischen Luftabwehr und der Nato-Ostflanke in diesem Bereich der Grenze auszutesten und zu versuchen, Polen zu einer Antwort zu provozieren.
Polen hat seine Militärpräsenz an Stützpunkten im Osten und ließ am Donnerstag eine Luftlandebrigade und eine Luftkavallerie-Brigade stationieren. Auch bei Radaren und Hubschraubern wird aufgerüstet. Verteidigungsminister Mariusz Błaszczak sprach von „hybriden Attacken gegen Polen, die mit Sicherheit vom Kreml koordiniert werden“. Als Gesellschaft müsse man mit weiteren solchen Attacken, die Polen destabilisieren sollen, rechnen, so Błaszczak.
Premierminister Mateusz Morawiecki traf sich kurzfristig mit dem litauischen Regierungschef Gitanas Nauseda im sogenannten Suwałki-Korridor, um über die Sicherheitslage zu sprechen. Es handelt sich das schmale Grenzgebiet zwischen Polen und Litauen, das vom russischen Kaliningrader Gebiet und Belarus eingerahmt wird.
Moskau und Minsk haben Polen, seitdem Ende Juni die russische Privatsöldnertruppe Wagner in Belarus stationiert ist, mehrfach verbal gedroht. So feixte Wladimir Putin erst kürzlich in Richtung Warschau, dass „die Gebiete in Westpolen ein Geschenk Stalins“ gewesen seien.