Bestehen hierzulande auch bedenkliche Regelungen? Über diese Fragen wird am kommenden Montag ein hochkarätig besetztes Forum an der Frankfurter Europa-Universität debattieren.
"Ich bin froh, dass es uns gelungen ist, diese Veranstaltung nur zwei Wochen nach dem jüngsten Urteil des Europäischen Gerichtshofs zu Polen zu organisieren." Das sagt der Jura-Professor Bartosz Makowicz, der an der Viadrina seit Jahren einen Lehrstuhl für Polnisches Öffentliches Recht innehat. Er hat die Debatte gemeinsam mit den zwei größten deutsch-polnischen Richtervereinigungen organisiert.
So wird der Jura-Professor Marek Safjan, der bis 2006 Vorsitzender des Verfassungsgerichtshofes in Warschau war und seither Richter am Europäischen Gerichtshof in Luxemburg ist, den einführenden Vortrag halten. Zu den Diskutanten zählen Andrzej Wrobel, der vor zwei Jahren selbst zum Opfer einer Früh-Pensionierung am polnischen Verfassungsgericht wurde, sowie Experten von der Berliner Humboldt-Uni und der Uni des Saarlands.
"Es soll keine politische, sondern eine wissenschaftliche Diskussion werden", betont Makowicz. Zugleich verweist er darauf, dass es sich bei der Kritik der EU-Gerichte an Polen "nicht wie von der Warschauer Regierung behauptet um eine Einmischung in innere Angelegenheiten des Landes handelt, sondern um die Verteidigung von Werten, die für alle EU-Länder verbindlich sind". Welche Bedeutung der Veranstaltung zukommt, zeigt sich auch daran, dass sich der Vizerektor der Adam-Mickiewicz-Universität Posen, Tadeusz Wallas, mit einem Grußwort angekündigt hat.
Ein ähnlich heiß diskutiertes Thema ist die Pressefreiheit in Polen, insbesondere die der öffentlich-rechtlichen Medien. Um dieser Debatte eine fundiertere Grundlage zu geben, hat der von Honorar-Professor Johannes Weberling geleitete "Forschungsschwerpunkt Medienrecht" der Viadrina jetzt eine deutsche Übersetzung des "Pressegesetzes der Republik Polen" vorgelegt. Dieses Gesetz stammt pikanterweise noch aus dem Jahr 1984, ist nach den politischen Veränderungen von 1990 allerdings mehr als zwei Dutzend Mal geändert worden. "Besondere Brisanz hat aus meiner Sicht der Artikel 20, den es so in keinem deutschen Pressegesetz gibt", sagt Weberling.  In diesem Artikel ist festgelegt, dass die Herausgabe einer Zeitung oder Zeitschrift einer vorherigen Registrierung beim örtlichen Bezirksgericht bedarf, die unter bestimmten Umständen verzögert oder abgelehnt werden kann.
Die PiS-Regierung überlegt schon seit Jahren, wie die zu Beginn der 1990er-Jahre an ausländische (vorwiegend deutsche) Verlage verkauften Regionalzeitungen "renationalisiert" werden können. In Tschechien ist eine ähnliche Renationalisierung bereits erfolgt, indem ausländische Eigentümer gezwungen wurden, ihren Kapitalanteil unter 50 Prozent zu reduzieren. Seit die zweisprachige Variante des Gesetzes in der Oktober-Ausgabe der von ihm geleiteten Fachzeitschrift "Neue Justiz" erschienen ist, habe es schon zahlreiche anerkennende Äußerungen gegeben, berichtet Weberling.
Debatte zur Justizreform: 9. Dezember, 17.30 Uhr; Frankfurt (Oder), Logenstraße 11-12. Um Anmeldung per Mail wird gebeten: [email protected]

EU-Urteile zur Rechtsstaatlichkeit in Polen

Auf Initiative der früheren EU-Kommission hat sich der Europäische Gerichtshof in Luxemburg  mehrfach mit umstrittenen Gesetzen der PiS-Regierung in Warschau beschäftigt. In den ersten beiden Urteilen war die Herabsetzung des Rentenalters von Richterinnen und Richtern am Obersten Gerichtshof sowie an allen anderen Gerichten für illegal erklärt worden. Allerdings kam nur ein Teil der betroffenen Richter daraufhin wieder ins Amt zurück.

Ende November wurde das Oberste Gericht in Warschau vom EuGH aufgefordert, zu untersuchen, ob seine Disziplinarkammer für Richter – die erst unter der PiS-Regierung gebildet wurde – wirklich unabhängig ist. ds