Nach der Kritik an der Grundsteuerreform in Brandenburg haben sich jetzt die Freien Wähler zu Wort gemeldet. Die Fraktion BVB/Freie Wähler im Landtag fordert eine Garantie, dass die Einnahmen der Gemeinden aus der Steuer nach der Reform nicht höher sind, als vor der Reform. Der finanzpolitische Sprecher der Fraktion, Philip Zeschmann, sprach in diesem Zusammenhang von „Aufkommensneutralität“.
Die kommunalpolitische Sprecherin Christine Wernicke erläuterte am Dienstag (2.5.) in Potsdam, dass sich in vielen Fällen bereits abzeichne, dass die sogenannten Einheitswerte höher sein werden als vor der Reform. Der Einheitswert beeinflusst neben der Grundsteuermesszahl und dem Grundsteuerhebesatz die Höhe der Grundsteuer. Wenn also der Einheitswert steigt, müsse der Hebesatz entsprechend abgesenkt werden. Nur so sei sicherzustellen, dass die Bürger nicht über die Maßen belastet werden. Andernfalls, so Zeschmann, drohe eine Verdopplung oder Verdreifachung der Grundsteuer. Der Landtag wird sich in der nächsten Plenarsitzung mit dem Thema befassen.

Viele wissen noch nicht, wie hoch die Grundsteuer wirklich sein wird

Mehr als eine Million Grundsteuer-Erklärungen sind in Brandenburg bereits eingegangen. Wie hoch die Grundsteuer letztendlich wird, wissen die meisten Hausbesitzer und Grundstückseigentümer allerdings noch nicht. Mit der neuen Erklärung wird der Einheitswert neu bemessen. Die Kommunen müssen dann über den Hebesatz in ihren Städten und Gemeinden darüber entscheiden, wie hoch die Grundsteuer wird. Die Kommunen sind auf diese Mittel angewiesen, um Schulen, Kindertagesstätten, Schwimmbäder oder Bibliotheken zu finanzieren und wichtige Investitionen in die örtliche Infrastruktur wie Straßen, Radwege oder Brücken zu tätigen.
Erst im April wurde eine Studie im Auftrag des Steuerzahlerbunds und des Eigentümerverbands Haus und Grund vorgestellt. Das Ergebnis: Der Verfassungsrechtler Gregor Kirchhof hält das in elf Bundesländern angewandte Gesetz des Bundes für verfassungswidrig. Auch Brandenburg setzt das Bundesgesetz um. Dem Fiskus droht nun eine Klagewelle.

Klage gegen das Gesetz wird vorbereitet

Lars Eichert aus Potsdam, Vorsitzender des Landesverbandes Haus & Grund Brandenburg sagt: „Wenn sich erweist, dass das Bundesmodell verfassungswidrig ist, hätte es für die Kommunen in Brandenburg zur Folge, dass ihnen ab 2025 die Einnahmen aus der Grundsteuer wegbrechen.“
Der Bund der Steuerzahler und der Bundesverband Haus & Grund bereiten gerade die Musterklagen gegen das Bundesgesetz vor. Die Studie der Verfassungsrechtlers Kirchhof bildet die Grundlage für die Klage. Er kritisiert verschiedene Punkte an dem Gesetz, zum Beispiel die festgelegten Bodenrichtwerte, die nicht vergleichbar seien. So habe etwa eine begehrte Wohnlage Wannsee in Berlin einen geringeren Richtwert erhalten als eine weniger attraktive Lage Neukölln. Außerdem würden individuelle Umstände wie Denkmalschutz-Auflagen, Baumängel, Altlasten und anderes bei der Bewertung der Grundstücke nicht berücksichtigt.

Brandenburg hält Gesetz für verfassungsgemäß

Das Finanzministerium Brandenburg hält das Bundesmodell für verfassungsgemäß. Das Land habe sich aus guten Gründen für das Bundesmodell entschieden. So wie auch die Mehrheit der Bundesländer. Ein Abgehen von diesem Modell sei nicht vorgesehen, erklärte Ministeriumssprecher Thomas Vieweg.
Lars Eichert rät dagegen den Eigentümern in Brandenburg, dringend Einspruch gegen den Bescheid einzulegen.

Warum es eine Grundsteuerreform gibt

Bisher wird die Grundsteuer nach alten Grundstückswerten berechnet. Das Besondere daran: Im Westen wurde der Wert aus dem Jahr 1964 zugrunde gelegt. In Ostdeutschland stammen die Werte sogar noch aus dem Jahr 1935. Weil sich die Werte seitdem sehr unterschiedlich entwickelt haben, zahlen Nachbarn mit ähnlichen Häusern teilweise sehr unterschiedliche Grundsteuer. Deshalb hat das Bundesverfassungsgericht entschieden, dass diese Ungleichbehandlung beseitigt werden muss. Es wurde eine Übergangsfrist bis Ende 2024 eingeräumt, ab 2025 muss die Grundsteuer neu bewertet werden, das betrifft etwa 36 Millionen Immobilien deutschlandweit.