Ein Drittel der umstrittenen Rohre sind bereits verlegt. Doch die 9,5 Milliarden Euro teure Pipeline hat noch immer viele Feinde – selten waren derart viele internationalen Interessen in ein Projekt verstrickt. Während der NATO-Feierlichkeiten kritisierte US-Präsident Mike Pence erneut, Deutschland mache sich mit dem Projekt zu einem "Gefangenen Russlands". Nun legt Dänemark nach, durch dessen Wirtschaftsgewässer die Pipeline führt. Das Land fordert eine alternative Route. Es drohen Verzögerungen und höhere Kosten. Wer will was im Kampf ums Erdgas?
Deutschland
Wirtschaftsminister Peter Altmaier und Kanzlerin Angela Merkel (beide CDU) haben sich stets für die Pipeline eingesetzt. Erdgas soll als Brückentechnologie die Wohnungen warm halten und Lichter brennen lassen, bis erneuerbare Energien diesen Job vollständig übernehmen. Gleichzeitig jedoch versiegen Quellen in der Nordsee und den Niederlanden, weswegen die neue Pipeline zusätzliches Gas aus Russland in die Nähe von Greifswald transportieren soll. Mit einem Volumen von 55 Milliarden Kubikmetern würde sie die russischen Gasimporte in die Bundesrepublik verdoppeln und könnte so 26 Millionen Haushalte mit Energie versorgen. In der Wirtschaft stößt das Projekt auf volle Unterstützung. Im Bundestag jedoch sitzen auch Gegner: Die Grünen etwa argumentieren, dass die Pipeline mit einer Betriebsdauer von 40 bis 50 Jahren die Ziele des Pariser Klimaabkommens torpediere, wonach die Wirtschaft bis 2050 nahezu vollständig dekarbonisiert werden soll. Aber auch in CDU und FDP haben sich Außenpolitiker aus Sorge vor einer zunehmenden Abhängigkeit von Russland gegen das Projekt ausgesprochen.
Russland
In der Wissenschaft jedoch ist man sich einig, dass Russland von den Einnahmen aus dem Gasexport abhängiger ist als andersherum. "Ich halte diesen Abhängigkeitsdiskurs für künstlich und verfehlt", sagt etwa Energieexperte Roland Götz. Auch, weil Deutschland leicht auf andere Importquellen ausweichen könnte. Aus Sicht des russischen Staatskonzerns Gazprom, der die Pipeline gemeinsam mit europäischen Unternehmen baut, ist die Ostseepipeline zudem wirtschaftlicher als der gegenwärtige Transit durch die Ukraine. Die 40 Jahre alten Rohre gelten als veraltet, was zu hohen Verlusten beim Transport führt. Dasselbe gilt fürs westrussische Pipelinenetz, aus dem das Gas für die Ukraine stammt. Zudem verlagert sich die Gasproduktion in Russland verstärkt vom Westen in den Norden, weswegen schon die parallel zur neuen Pipeline verlaufende Zwillingsröhre Nord Stream 1 gebaut wurde. "Der Transit durch die Ukraine ist bis zu zweieinhalb Mal teurer als über andere Strecken", sagte kürzlich Russlands Energieminister Alexander Nowak. Seit Beginn der Ukraine-Krise ist der Transit durch das Land zudem mit politischen Unsicherheiten verbunden, die Russland mit der Ostseepipeline Nord Stream 2 gerne umgehen würde.
Ukraine
Moskau und Kiew verhandeln momentan mit Brüsseler Vermittlung über eine Verlängerung ihres Gastransit-Abkommens, das der Ukraine momentan zwei Milliarden Euro im Jahr einbringt. 2020 läuft es zu eben jenem Zeitpunkt aus, an dem Nord Stream 2 starten soll. Der russische Präsident Wladimir Putin versicherte Kanzlerin Merkel, er würde den Transit beibehalten, wenn es sich denn rechne. Sein Energieminister Nowak jedoch sagte nun jedoch, dass es der Ukraine wohl schwer fallen werde, diese Wirtschaftlichkeit zu begründen. Langfristig wird die ukrainische Pipeline deswegen sehr wahrscheinlich an Bedeutung verlieren. Die Ukraine fürchtet, damit auch politisch unwichtiger zu werden.
Polen und Dänemark
Deutschlands östlicher Nachbar ist ein vehementer Gegner von Nord Stream 2. Polen möchte verhindern, dass die Bundesrepublik Drehscheibe des europäischen Handels mit russischem Gas wird. Denn das möchte es selbst werden. Um die russische Dominanz in der Versorgung zu brechen, baut Polen eine eigene Baltic Pipe nach Dänemark, über die es vor allem norwegisches Gas an die Nachbarstaaten weiterverkaufen möchte. Zudem will sich Polen auch über Flüssiggasimporte aus den USA von Russland unabhängig machen.
Europa
Aus diesem Grund war auch der EU-Kommission Nord Stream schon immer ein Dorn im Auge. Brüssel will nicht noch mehr Gazprom-Gas in Europa. Bis vor kurzem konnte Deutschland als Anführer einer Pro-Nord-Stream-Koalition Beschlüsse gegen die Röhre jedoch im Ministerrat verhindern. Aus dieser ist Frankreich jedoch kürzlich ausgeschert. Es hat damit den Weg frei gemacht zu einer EU-Gasrichtlinie, die besagt, dass Pipelinebetreiber und Gaslieferant nicht in einer Hand liegen dürfen, wie dies bei Gazprom der Fall ist. Das EU-Parlament hat die Richtlinie am Donnerstag abgenickt. Momentan gibt es jedoch Spekulationen, das Staatsunternehmen könnte diese Regelung umgehen, indem es die Pipeline vor deutschem Territorialgewässer enden lässt. Die letzten 50 Kilometer der 1220 Kilometer langen Röhre könnte eine andere Firma übernehmen.
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