Die Vorwürfe gegen die Intendantin Patricia Schlesinger des Rundfunks Berlin-Brandenburg (RBB) sorgen in der Belegschaft des Senders für Unruhe. Ein Brief des Redaktionsausschusses, der im Intranet des Senders publik gemacht wurde, geht mit der Hausspitze hart ins Gericht. Das Gremium der programmgestaltenden Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter fordert von Schlesinger eindringliche Klarstellungen, was an den jüngsten Medienberichten Fake-News sind, wie sie selbst behauptet hatte, und forderte Transparenz im eigenen Haus ein.
Wie die BZ berichtet, hat die AfD im Brandenburger Landtag Anzeige bei der Brandenburger Korruptions-Staatsanwaltschaft in Neuruppin gegen Schlesinger, Ehemann Spörl und den Verwaltungsrat Wolf gestellt. Das habe die Staatsanwaltschaft auch bestätigt, wie der RBB selbst am Abend informiert.
Wörtlich heißt es dort: „Oberstaatsanwalt Winter sagte dem rbb, es handele sich um Anzeigen unter anderem wegen des Verdachts der Korruption und Bestechlichkeit. Die Staatsanwaltschaft Neuruppin ist in Brandenburg Schwerpunktstaatsanwaltschaft zur Bekämpfung der Korruptionskriminalität. Oberstaatsanwalt Winter erklärte: Ob tatsächlich Ermittlungen eingeleitet werden, müsse die Staatsanwaltschaft Berlin entscheiden, weil der rbb hier seinen juristischen Geschäftssitz hat.“
Schlesinger hatte nach Bekanntwerden der Vorwürfe zu Beginn des Monats davon gesprochen, dass diese nicht haltbar seien und sie dagegen rechtlich vorgehen werde. Die Medienplattform „Business Insider“ hatte davon berichtet, dass RBB-Verwaltungsratschef Wolf-Dieter Wolf, der auch Aufsichtsratschef der Messe Berlin ist, den Ehemann von Schlesinger als Berater und Autor für die Messe vorgeschlagen haben soll – was zu Honoraren von mehr als 100.000 Euro geführt haben soll.
Kredit von 31 Millionen Euro wurde ausgesetzt
Ein Bekannter von Wolf wiederum soll als Berater für die Errichtung des Digitalen Medienhauses des RBB engagiert worden sein. Das Großvorhaben des Senders, dessen nach wie vor unklarer Kostenrahmen inzwischen von der brandenburgischen CDU hinterfragt wird, war am Montag überraschend gestoppt worden. Die „Welt“ berichtete zu Beginn der Woche, dass damit auch ein geplanter Kredit des Senders in Höhe von 31 Millionen Euro bei einer Privatbank ausgesetzt wurde.
Der Redaktionsausschuss des RBB zeigt sich besorgt, da der Kredit angeblich auch laufende Finanzengpässe des Senders überbrücken sollte. Die Mitarbeiter haben die Befürchtung, dass es zu weiteren Einschnitten im Programm kommen könne. Sie wollen auch wissen, aus welchen Mitteln die in Auftrag gegebene Überprüfung der Vorwürfe durch eine Hamburger Anwaltskanzlei finanziert wird.
Unverständnis gegenüber Gehaltserhöhung der Intendantin
„Unsere Sorge ist, dass das ganze Verfahren unser Programm gleich doppelt beschädigt: durch die Außenwirkung und finanziell“, heißt es in dem Schreiben. Die Akzeptanz durch das Publikum stehe auf dem Spiel. Beim digitalen Wandel des Senders fehle es an Ressourcen und Perspektiven und im Fernseh- und Rundfunkprogramm sei die Lage ohnehin angespannt.
Vor diesem Hintergrund sei die kürzliche Gehaltserhöhung der Intendantin um 16 Prozent auf 303.000 Euro jährlich unverständlich und wirke demotivierend auf die Programmmacherinnen und -macher.
Rückhaltlose Aufklärung eingefordert
Das Schreiben des Redaktionsausschusses endet mit einem dringlichen Appell: „Wir fordern die Geschäftsleitung noch einmal auf, alles dafür zu tun, Schaden von der Institution RBB und dem Programm als Ganzes fernzuhalten. Der RBB als Rundfunkanstalt und seine MacherInnen müssen bestmöglich geschützt werden. Doch dafür müssen wir schnell die ganze Wahrheit kennen. Die Verantwortung hierfür liegt einzig und allein bei der Geschäftsleitung.“
Landtag setzt die Daumenschrauben an
Inzwischen hat auch der Hauptausschuss des Landtages einen Fragenkatalog an Schlesinger geschickt. Darin wird gefordert, umgehend über die Prüfungen der Hamburger Anwaltskanzlei informiert zu werden. Anschließend erwartet der Ausschuss umgehend, dass Schlesinger, die amtierende Verwaltungsratsvorsitzende und die Rundfunkratschefin den Abgeordneten in Potsdam Rede und Antwort stehen.
Gefragt wurde auch, auf weshalb die Intendantin der Meinung war, am vergangenen Dienstag nicht zur Sondersitzung des Hauptausschusses erscheinen zu müssen. Antworten erwarten die Abgeordneten, was Schlesinger über die Beraterverträge ihres Gatten wusste und wozu der Sender Berater für den geplanten Medienhausbau benötigte. Des Weiteren soll Schlesinger beantworten, welchen Untersuchungsauftrag die Hamburger Anwaltskanzlei hat und ob es früher private oder geschäftliche Kontakte zu den Anwälten gab. Ausschusschef Daniel Keller (SPD) setze Schlesinger einen Zeitrahmen von zwei Wochen, um die 24 Fragen und vielen Unterfragen zu beantworten.