Ich betreue eine ältere Dame. Sie möchte jetzt für den Fall eines Krankenhausaufenthaltes oder wenn sie sich aus anderen Gründen nicht mehr kümmern kann bzw. wenn sie stirbt, dass ich alles nach ihren Wünschen regele – bis zur Beerdigung oder Haushaltsauflösung. Gibt es da Vordrucke oder ähnliches? Kann man das auch einfach schriftlich formulieren, und beide unterschreiben?
Diese Angelegenheiten können in einer sogenannten Vorsorgevollmacht geregelt werden. Sie werden bevollmächtigt, die Damen und allen Vermögensangelegenheiten und in allen persönlichen Angelegenheiten - medizinische und Unterbringungsangelegenheiten - umfassend zu vertreten. Diese Vollmacht vermeidet zugleich, dass im Ernstfall ein Betreuer für die Dame bestellt wird. Die Vollmacht bedarf mindestens der Schriftform, muss also von der Dame selbst unterschrieben werden. Geeignete Vordrucke findet man unter anderem auf der Internetseite des Landes- oder Bundesjustizministeriums.
Eine solche nur schriftliche Vollmacht wird aber nicht überall akzeptiert. Für Grundstücke ist beispielsweise immer eine öffentlich beglaubigte Vollmacht erforderlich. Auch andere Stellen, hier wären Banken zu nennen, verlangen oft mindestens eine Beglaubigung. Ohne Beglaubigung ist schwer zu prüfen, ob die Unterschrift echt ist und ob der Vollmachtgeber bei der Unterzeichnung noch geschäftsfähig war.

Notar erklärt den Inhalt und berät

Noch besser ist die notarielle Beurkundung der Vollmacht. Dabei entwirft der Notar selbst den Text der Vollmacht und schneidet diese auf Ihre individuellen Bedürfnisse zu, verliest und erklärt den Inhalt und berät sie. Die Originalvollmacht verbleibt dauerhaft in der Verwahrung des Notars. Sie selbst erhalten eine Ausfertigung, also eine spezielle Kopie mit dem Siegel des Notars. Falls später weitere Ausfertigungen benötigt werden, kann der Notar diese jederzeit erteilen.
Wir haben uns von einem Notar alles anfertigen lassen, was man an Vorsorgedokumenten benötigt. Mit der Patientenverfügung tun wir uns schon lange schwer und fühlen uns durch Corona jetzt bestätigt. Wenn man beispielsweise in der Patientenverfügung schreibt, dass man keine lebensverlängernden Maßnahmen, also den Anschluss an Maschinen möchte, dann hätten wir jetzt Angst, dass keine Beatmung an den entsprechenden Maschinen erfolgt. Wie könnte eine Lösung trotzdem aussehen?
Ihre geschilderten Ängste einer etwaigen Nichtbehandlung bzw. Nichtbeatmung bei Corona sind – auch wenn Sie eine Patientenverfügung haben – unbegründet. Die Patientenverfügung wird nur für Situationen gemacht, in denen eine Heilung oder Verbesserung des Zustandes medizinisch sehr, sehr unwahrscheinlich ist, beispielsweise bei Dauerkoma, bei Tumorerkrankungen im Endstadium oder bei fortgeschrittener Demenz, bei der zum Beispiel durch Ausfall des Schluckreflexes keine Nahrung auf natürlichem Wege mehr aufgenommen werden kann.

Ängste wegen Corona sind unbegründet

Bei einer Corona-Erkrankung ist eine Heilung oder zumindest Verbesserung des Zustandes aber in der Regel möglich, deshalb käme hier eine erforderliche Beatmung auf jeden Fall zum Einsatz. Zudem kann sich der Patient in der Regel selbst äußern. Nur wenn beispielsweise die Lunge oder der Organismus im Übrigen durch Corona so geschädigt wären, dass keine Verbesserung oder Heilung mehr möglich wäre, der Patient dauerhaft auf eine künstliche Beatmung angewiesen wäre und zudem dauerhaft nicht mehr ansprechbar wäre, würde die Patientenverfügung greifen.
Generalvollmacht über den Tod hinaus, Testament – wir haben vorgesorgt, alles beim Notar aufsetzen lassen, möchten nur keine Patientenverfügung. Für den Fall, dass einer von uns nicht mehr selbst handeln kann, soll der andere entscheiden bzw. dann unsere Kinder. Ist das so umsetzbar?
Sie benötigen nicht zwingend eine Patientenverfügung, wenn die Vorsorgevollmacht Ihren Bevollmächtigten auch die Befugnis einräumt, über die Durchführung oder den Abbruch lebenserhaltender Maßnahmen zu entscheiden. Ihre Bevollmächtigten befinden sich aber dann möglicherweise in einem Konflikt, weil sie nicht wissen, wie sie entscheiden sollen. Mit einer Patientenverfügung nehmen Sie Ihren Bevollmächtigten diese Entscheidung ab.
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Patientenverfügung
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In der von uns aufgesetzten nicht beglaubigten Vorsorgevollmacht steht, dass der Berechtigte auch alle Banksachen erledigen darf. Benötigt man dann noch extra Bankvollmachten?
Eigentlich nicht. Eine Vorsorgevollmacht beinhaltet regelmäßig auch alle Bankangelegenheiten. Allerdings ist es in der Praxis oft so, dass Banken schriftliche Vollmachten nicht anerkennen, weil die Geldinstitute nicht zweifelsfrei feststellen können, ob Unterschriften echt sind und ob die Personen bei der Unterzeichnung noch geschäftsfähig waren. Deshalb ist es ratsam, die Unterschriften der Vollmachtgeber auf der Vollmacht wenigstens öffentlich beglaubigen zu lassen.

Kosten sind abhängig vom Vermögen

Dafür sind Notare und Betreuungsbehörden zuständig. Die Kosten für eine derartige Beglaubigung betragen beim Notar etwa zwischen 30 und 90 Euro, abhängig von dem jeweils individuellen Vermögen. Natürlich können Sie auch alles über Bankvollmachten regeln, hätten dann aber den Aufwand, dies bei jeder Bank einzeln tun zu müssen.
Notar Thomas Woinar
Notar Thomas Woinar
© Foto: Kerstin Macht
Sind Generalvollmachten zeitlich begrenzt? Wir haben eine erste 1996 und dann noch mal 2003 bei unserer Notarin machen lassen. Sollten wir das jetzt wiederholen?
Ein Verfallsdatum gibt es für Vollmachten grundsätzlich nicht. Vorsorgevollmachten sollen die Bestellung eines Betreuers vermeiden. Das Betreuungsrecht stellt an den Inhalt solcher Vollmachten strenge Anforderungen. Ändert sich nach Erstellung einer Vorsorgevollmacht das Betreuungsrecht und stellt neue, höhere Anforderungen an die Vollmacht, kann es passieren, dass für bestimmte Situationen, zum Beispiel für die Anordnung ärztlicher Zwangsmaßnahmen, trotz der Vollmacht ein Betreuer bestellt werden muss, weil die Vollmacht diesen Punkt nicht regelt. Es empfiehlt sich deshalb, den Inhalt der Vollmacht von Zeit zu Zeit, ich empfehle alle fünf bis zehn Jahre, prüfen zu lassen und gegebenenfalls zu erneuern.
Was ist der Unterschied zwischen einer Generalvollmacht und einer Vorsorgevollmacht?
Das sind Begrifflichkeiten, die teilweise unterschiedlich verwendet werden. Eine Vorsorgevollmacht soll – vorsorglich – vermeiden, dass ein Betreuer eingesetzt wird, wenn man selbst nicht mehr in der Lage ist, für sich selbst zu entscheiden und zu handeln. Mit einer Vorsorgevollmacht kann sich der Bevollmächtigte um alle Vermögensangelegenheiten, wie Bankgeschäfte, Behördengänge, Postangelegenheiten, aber auch um Grundstückssachen kümmern. Zudem ist er berechtigt, Sie in allen persönlichen Angelegenheiten, also beim Arzt, im Krankenhaus oder Pflegeheim zu vertreten, Entscheidungen über medizinische Untersuchungen und Eingriffe zu treffen, Einsicht in die Krankenakten zu nehmen und sogar über die Einstellung lebenserhaltender Maßnahmen zu entscheiden.

Inhalt der Vollmacht ist entscheidend

Als Generalvollmacht bezeichnet man üblicherweise eine Vollmacht, die sich nur auf die Vermögensangelegenheiten des Vollmachtgebers erstreckt, aber die persönlichen Angelegenheiten ausklammert. Teilweise werden die Begriffe Vorsorgevollmacht und Generalvollmacht aber auch synonym verwendet. Entscheidend ist letztlich nicht die Bezeichnung, sondern der Inhalt der Vollmacht.
Bereits 2011 hat meine Mutter eine Generalvollmacht beim Notar gemacht und eine Patientenverfügung. Jetzt liegt sie im Krankenhaus, hat bereits leichte Demenz und ich betreue sie, so wie dies auch vorgesehen ist in der Vollmacht. Im Krankenhaus sagte man mir aber, ich muss mich jetzt als Betreuer registrieren lassen. Ist das richtig und wo muss ich das tun?
Wer eine Vorsorgevollmacht hat, braucht keinen Betreuer, so sagt es das Betreuungsrecht. Die Vermeidung des Betreuers ist ja gerade Sinne der Vorsorgevollmacht. Eine Bestellung zum Betreuer ist daher nicht erforderlich.
Dietmar Böhmer, Notar in Cottbus
Dietmar Böhmer, Notar in Cottbus
© Foto: Notarkammer Brandenburg
Kann ein psychisch Kranker noch eine Vorsorgevollmacht für sich machen?
Jede voll geschäftsfähige Person kann eine Vorsorgevollmacht errichten. Eine psychische Erkankung führt nicht automatisch zur Geschäftsunfähigkeit. Es kommt vielmehr auf die Erkrankung, deren Schwere und Ausprägung an. Wer beispielsweise an einer Depression leidet, ist trotzdem in der Regel voll geschäftsfähig. Bei Psychosen kann dies schon anders zu beurteilen sein. Bei einer ausgeprägten bipolaren Störung kann es in der manischen Phase durchaus zu Einschränkungen der Geschäftsfähigkeit kommen.

Geschäftsfähigkeit muss gegeben sein

Wird die Vorsorgevollmacht von einem Notar beurkundet, muss dieser sich vor der Beurkundung von der uneingeschränkten Geschäftsfähigkeit des Vollmachtgebers überzeugen. Hält er ihn für geschäftsunfähig, ist die Beurkundung abzulehnen. Der Notar wird dazu mit dem Betroffenen ein ausführliches Gespräch führen, um sich von der Geschäftsfähigkeit zu überzeugen. Er wird dabei unter anderem die zeitliche und räumliche Orientierung des Betroffenen prüfen und feststellen, ob der Betroffene den Inhalt der Vollmacht und dessen Konsequenzen erfassen kann. Bei Zweifeln wird er sich eine ärztliche Einschätzung von den Beteiligten vorlegen lassen.
Man kann ja noch so viele Vorsorgedokumente haben wie meine Mutter beispielsweise. Alles hat ein Notar aufgesetzt. Das nutzt aber nichts, wenn sie am Telefon von irgendwelchen Geschäftemachern beschwatzt wird, an der Haustür zu Verträgen überredet wird. Eine Nachbarin hat viel gezahlt beim Enkeltrick. Da gibt es doch keinen Vorsorgeschutz, dass sie nichts mehr unterschreiben darf ...
Das ist richtig, eine automatische Entmündigung gibt es nicht mehr. Solange Ihre Mutter voll geschäftsfähig ist, kann sie auch Verträge abschließen. Zum Schutz von Verbrauchern gibt es aber ein sehr umfangreiches Regelwerk. So kann man beispielsweise innerhalb bestimmter Fristen von Verträgen zurücktreten, die per Telefon abgeschlossen wurden. Falls man mit falschen Angaben zum Vertragsschluss überredet wurde, kann man den Vertrag anfechten. Darum kann sich mit der Vollmacht der Bevollmächtigte kümmern. Allerdings muss er natürlich erst davon erfahren.
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Wenn Ihre Mutter nicht mehr geschäftsfähig ist, kann sie selbst keine Verträge mehr abschließen. Die Geschäftsfähigkeit kann aber von Zeit zu Zeit variieren. So kann es lichte Augenblicke geben. Im Regelfall wird aber ein Hinweis an den Vertragspartner über die Geschäftsunfähigkeit der Mutter genügen, um die Angelegenheit zu beenden. Falls der Vertragspartner hartnäckig bleibt, sollte eine ärztliche Bescheinigung nachgereicht werden. Dieses Schutzinstrumentarium versagt freilich bei Betrügern, wie bei dem Enkel- oder Polizeitrick. Hier kann man nur noch die Polizei verständigen.
Wann kann ich eine Patientenverfügung erstellen und in welchen Abständen muss ich sie wiederholen?
Eine Patientenverfügung kann ich als volljähriger Bürger jederzeit errichten. Es gibt keine Fristen innerhalb derer ich die Patientenverfügung wiederholen muss. Allerdings sollte man sich in Abständen hinterfragen, ob man diese Patientenverfügung noch so haben will.
Kann ich in einer Vorsorgevollmacht mehrere Bevollmächtigte benennen?
Man kann so viel Bevollmächtigte benennen, wie man will. Man sollte aber dann auch festlegen, ob Bevollmächtigte einzeln handeln dürfen oder mehrere zusammen handeln müssen.
Gibt es Muster zu einer Vorsorgevollmacht und muss ich die Vollmacht vom Notar beurkunden lassen?
Viele Muster findet man im Internet, die aber nicht immer problemfrei sind. Wenn man eine rechtssichere Vollmacht haben möchte sollte man zu einem Notar gehen. Dazu muss man wissen, dass bei einer Beurkundung durch den Notar die Rechtsberatung mit der Beurkundungsgebühr abgegolten ist. Eine Beurkundung durch den Notar ist notwendig, wenn man Grundbesitz oder eine Eigentumswohnung besitzt, sonst ist eine Verfügung darüber nicht möglich.
Fragen und Antworten entstammen einem Telefonforum mit den Notaren Thomas Woinar und Dietmar Böhmer.