Am Bahnhof Lichtenberg, direkt an der Brücke, ist in den vergangenen Monaten ein Turm in die Höhe gewachsen. Es handelt sich nicht etwa um ein neues Bürohaus oder Hotel, sondern um den Wohnturm „Q218“ der landeseigenen Wohnungsbaugesellschaft HOWOGE. In dem 64 Meter hohen Gebäude an der Frankfurter Allee sind 394 Mietwohnungen entstanden. Rund 50 Prozent der Ein- bis Vierzimmer-Apartments werden als geförderter Wohnraum zu Einstiegsmieten ab 6,50 Euro pro Quadratmeter angeboten.
Der Wohnturm ist eines von 194 sogenannten Fokusprojekten, die derzeit in Berlin umgesetzt werden. Dabei handelt es sich um Bauvorhaben von städtischen wie privaten Investoren, die mehr als 200 Wohnungen umfassen. Seit Anfang des Jahres muss die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, Bauen und Wohnen quartalsweise der Senatskommission einen internen Bericht über den Stand der sogenannten Fokusprojekte vorlegen.
26.000 neue Wohnungen in Pankow
Die größte Zahl an Neubauvorhaben gibt es laut diesem mit 26.000 Wohnungen in Pankow, gefolgt von 17.400 Wohnungen in Treptow-Köpenick sowie 16.600 Einheiten in Lichtenberg und 14.000 in Spandau. Dagegen weisen Steglitz-Zehlendorf und Wilmersdorf-Charlottenburg mit etwa 3000 Wohnungen die geringste Neubaudichte auf.
Zu den zwölf Projekten mit rund 4.500 Wohnungen, die bereits Anfang des Jahres fertiggestellt werden, gehören neben dem Lichtenberger Wohnturm unter anderem die Waterkant an der Havel in Spandau, die Rhinstraße 43 in Lichtenberg sowie das Quartier Stadtgut Hellersdorf mit rund 1.500 neuen Wohnungen.
Auch in der Karl-Holtz-Straße, in der Nähe des Bürgerparks Marzahn, hat die landeseigene degewo gerade ein neues Quartier für Familien, Paare, Wohngemeinschaften, Singles und Senioren mit 438 Wohnungen fertiggestellt. 221 davon sind öffentlich gefördert und wurden zu Mieten ab 6,50 Euro bis 8,20 Euro pro Quadratmeter für WBS-Berechtigte angeboten. Die freifinanzierten Ein- bis Sechs-Zimmer-Apartments, Lofts oder Townhouses waren für eine Nettokaltmiete ab 9,50 Euro bis 12 Euro pro Quadratmeter zu haben. „Schon kurz nach der Schlüsselübergabe war so gut wie alles vermietet“, berichtet eine degewo-Sprecherin.
In den neuen Kaisergärten in Karlshorst dagegen ist noch was zu haben. Nördlich vom Spreeufer, zwischen Plänterwald und Tierpark wird derzeit gerade ein ansehnlicher Neubaukomplex mit 118 Ein- bis Vier-Zimmer-Wohnungen übergeben. Ein Blick in die Angebote der privaten Wohnungsbaugesellschaft verrät aber, dass Mieter einiges an Geld mitbringen müssen, um Bewohner der Kaisergärten zu werden: Eine Vier-Zimmerwohnung mit Dachterrasse und Wintergarten kostet 2.383,40 Euro im Monat warm.
50.500 Wohnungen im Bebauungsplanverfahren
Zudem befinden sich laut Bericht derzeit 44 Projekte mit rund 21.000 Wohneinheiten in der Umsetzung. 36 Projekte mit rund 34.000 Wohneinheiten seien im vorbereitenden Stadium, 75 Projekte mit rund 50.500 Wohnungen befänden sich im laufenden Bebauungsplanverfahren. Bei 20 Projekten mit rund 7.400 Wohnungen sei das Bebauungsplanverfahren abgeschlossen.
Damit befänden sich 164 Fokusprojekte, also 85 Prozent, im Zeitplan. „Trotz aller Herausforderungen, vor denen wir beim Bau neuer Wohnungen aktuell stehen, zeigen die Fokusprojekte, dass es vorangeht“, findet Franziska Giffey (SPD), Regierende Bürgermeisterin von Berlin.
Nach jetzigem Stand werden in der laufenden Legislaturperiode bis 2026 insgesamt 99 Fokusprojekte mit insgesamt 46.000 Wohnungen realisiert. Weitere 45.000 Wohnungen beziehungsweise 74 Projekte sollen dann in den Jahren 2027 bis 2030 fertiggestellt werden. Um allerdings das große Senatsziel, nämlich rund 200.000 Neubauwohnungen bis 2030 zu errichten, müssten allerdings zusätzlich viele kleine Wohnungsbauprojekte realisiert werden, heißt es in dem Bericht.
Die Rahmenbedingungen werden in Berlin dafür allerdings immer schwieriger. Neben gestiegenen Baukosten und Bodenpreisen führten vor allem die sinkende Zahl freier Flächen zu Flächenkonkurrenzen und Nutzungskonflikten und das laut Bericht auch immer wieder zu Verzögerungen und Blockaden von Projekten.
Wo die Stadt weiter verdichtet werde, brauche man wiederum neue Infrastruktur sowie Kompensationsflächen, auch mit Blick auf Klimaschutz und demografischen Wandel. Aber auch Personalengpässe sowie eine hohe Auslastung der Bauunternehmen führten zu längeren Planungsphasen, schreiben die Verfasser.
300 neue Wohnungen in Müggelheim
Für ein umstrittenes Projekt der degewo an der Müggellandstraße 25 in Treptow-Köpenick konnte laut Senatskommission aber eine Lösung gefunden werden. Im Ortsteil Müggelheim plant die landeseigene Wohnungsbaugesellschaft ein neues Quartier mit 300 Wohnungen, 50 Prozent davon mietpreisgebunden.
Mit dem Ziel, den Bodeneingriff zu minimieren und gleichzeitig den schwierigen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen zu begegnen, habe man sich mit dem Bezirk Treptow-Köpenick einigen können, dort dichter, als ursprünglich geplant, zu bauen, heißt es von der zuständigen Senatsverwaltung. Eine Änderung des Flächennutzungsplans sei so nicht mehr erforderlich.
Doch die degewo baut inzwischen nicht nur im Grünen, sondern auch wieder da, wo die Flächen schon versiegelt sind. Im September 2022 wurde am urbanen Halleschen Ufer 60 in Kreuzberg am ehemaligen Postscheckamt der Grundstein für ein neues Quartier gelegt. Dort errichtet das städtische Wohnungsunternehmen bis Sommer kommenden Jahres insgesamt 337 Wohnungen. „Drei Viertel der Wohnungen sind gefördert und können zu einem Mietpreis von 6,50 bis 8,20 Euro pro Quadratmeter bezogen werden“, heißt es von der degewo. Diese Mietpreise seien mittlerweile eine Seltenheit in Berlins bester Citylage.
Sozialwohnungen in bester Citylage
Der sieben- und achtgeschossige Wohngebäudekomplex soll Teil eines nachhaltigen urbanen Quartiers werden, das zusammen mit der Art Invest Real Estate auf dem Areal des ehemaligen Postscheckamts entwickelt wird. Während der private Bauherr auf dem südlichen Gelände das ehemalige Verwaltungsgebäude der Postbank in einen modernen Bürotower verwandelt und noch zwei weitere Bürogebäude erbaut, lässt die degewo auf der nördlichen, 11.250 Quadratmeter großen Baufläche sozialen Wohnraum entstehen. Dieser solle dann Menschen mit verschiedenen Lebensentwürfen Platz bieten, denn neben 103 Ein-Raum-, 99 Zwei-Raum- und 68 Drei-Raum-Wohnungen sind auch 51 Vier-Raum- und 16 Fünf-Raum-Wohnungen geplant.