Alles heil geblieben – bis auf einen einzigen Deckel, den er aber inzwischen durch Kleben repariert hat. Bis alles zur Eröffnung seines neuen Parfümmuseums Anfang Juli so wundervoll arrangiert war, hat es auch noch mal gedauert. Schließlich ist es nicht damit getan, alles nur aus den Umzugskartons in die Vitrinen zu räumen. Die Raumgestaltung, das merkt jeder Besucher schnell, folgt einem Konzept, ist sehr genau durchdacht, jedes einzelne Stück ganz bewusst an dieser Stelle an seinem zugewiesenen Platz. Etwa zwei Monate hat allein das Einrichten gedauert.
Reichenberg, ein Dorf in der Märkischen Schweiz, war für viele bislang eher ein Durchgangsort auf der Strecke zwischen Strausberg nach Neuhardenberg und weiter an die Oder. Jetzt gibt es neben dem Internationalen Fledermausmuseum, das schon seit einigen Jahren im einstigen Vorwerk Julianenhof Besucher mit Neugier auf Natur lockt, eine weitere Attraktion: Besenzoni, der Neubürger aus der Schweiz, hat sich hier mit dem Parfümmuseum – bislang nach seinen Recherchen das erste dieser Art in Deutschland – einen Jugendtraum erfüllt.
Das bestätigte auch seine Mutter Susi Haltinner, die zusammen mit dem Stiefvater extra zum großen Tag des Sohnes aus dessen alter Heimat angereist war. "Es ist schön geworden, was er hier geschaffen hat", lautete am Eröffnungstag das mütterliche Lob. Und der nunmehrige Museumschef freut sich, endlich mehr Platz zu haben für das, was sich bislang in dieser Fülle in den Räumen einer schweizerischen Dreieinhalb-Zimmer-Wohnung bis unter die Decke stapelte. "Nur das Wohnzimmer ausgenommen", wie er anfügt. Teilweise hatte er extra über den Türstürzen noch Regale eingebaut.
Die Anfänge der Sammelleidenschaft reichen nunmehr stolze 27 Jahre zurück. Ein Schüler im jugendlichen Alter von 16 Jahren war er damals, das Ganze ein gewisser Trend, dem auch mehrere seiner Altersgenossen folgten. Mit einem hatte er sich ein regelrechtes Wettrennen geliefert: "Es ging darum, wer hat zuerst zehn, 50 oder 100 Stück. Bei 300 oder so ist der andere Junge dann ausgestiegen", erzählt seine Mutter. "Bei Claudio aber ging es dann erst so richtig los."
Doch wie kam er, gerade anfangs, an das, was mittlerweile in der Menge Vitrine um Vitrine füllt? Er habe eben Parfümerien, Apotheken, Drogerien abgeklappert, um an leere Testfläschchen zu kommen. In den Ferien fuhr er extra bis nach Basel, um auch dort in den entsprechenden Geschäften seine Sammeltour zu absolvieren. Und nicht nur die Zahl der Stücke nahm beständig zu, sondern auch sein Wissen um die Welt der schönen Düfte. "Es gibt viele, die verschwinden schon nach ein, zwei Jahren wieder, andere halten sich aber richtig lange." Herausstechend aus der Masse, über 20, 30 oder 50 Jahre mit entsprechender Nachfrage.
173 Marken, von China bis Hawai
Über 173 verschiedene Marken von A bis Z erstreckt sich die Sammlung, die nun im Parfümmuseum lockt. Natürlich machen französische Marken den klaren Schwerpunkt aus, wohl an die 90 Prozent. Doch es gibt auch eine kleine "japanische Abteilung" oder die besonders international besetzte Vitrine am hinteren Ende des Raumes mit Exponaten aus Ägypten, China, Israel, der arabischen Welt, Hawaii, Russland und Afrika. Sowie, zweite oder dritte Reihe von unten, auch die Düfte der untergegangenen DDR, die jeder Ostdeutsche ab einem bestimmten Alter sofort wiedererkennt.
Claudio Besenzoni präsentiert mit berechtigtem Stolz das, was er über mehr als ein Vierteljahrhundert zusammengetragen hat. Einmal in Fahrt gekommen, sprudeln auch Hintergrundinformationen, Anekdoten und besondere Hinweise nur so aus ihm heraus. Etwa die, dass es rund 2000 "Supernasen" weltweit gibt oder dereinst nicht nur die führenden Modehäuser ihr eigenes Parfüm kreierten, sondern ebenso beispielsweise die großen Autohersteller wie Mercedes und Porsche sich zur Vermarktungssteigerung spezielle Düfte fertigen ließen.
Betagtestes Stück in der Museumssammlung ist übrigens eine Schatulle mit drei Fläschchen von etwa 1810. Als älteste Firma, die bis heute existiert, verweist Claudio Besenzoni auf die Vitrine mit den Flakons von Guerlain, dereinst königlicher Hoflieferant. An einer Stelle fällt sogar Queen Elisabeth II. als Figürchen auf – auch zum 25. Thronjubiläum der britischen Königin kam damals ein besonderer Duft heraus. Vielfältig ist die Gestaltung der Parfümfläschchen, die einfallsreiche Palette reicht von weiblichen Körperformen bis zu Schuhen. Bei den Größen geht es von Miniflakons bis zu den ganz großen Flaschen oben auf den Vitrinen.
Aber auch ein Blick auf den Raum selbst, in dem das Museum untergebracht ist, lohnt. Schließlich ist es der Saal des einstigen LPG-Kulturhauses, der dafür von Besenzoni und seinem Lebenspartner, die nebenan auch das Restaurant "Zum Schweizer" betreiben, mit Feingefühl saniert wurde. Die Lampen sind noch genauso original wie der Fußboden. Nur die frühere Bühne ist nicht zu sehen: "Die steht hinter der Wand bei uns im heutigen Wohnzimmer."
Parfümmuseum: Mittelstraße 7a, Reichenberg, geöffnet sonntags 13 bis 17 Uhr, sonst auf Anfrage unter Tel. 0160 99682738