Das ist natürlich historisch bedingt. Wer vor 30 Jahren zur Orientierung für die Zukunft eine alkoholische Landeseinordnung vornahm, sah mit klarem Blick: Ungarn und Italien sind typische Wein-Länder, Belgien und Tschechien eindeutig Bier-Länder, die frühere BRD war ein Wein- und Bierland. Die DDR hatte einen Sonderstatus: Sie war ein Spirituosen-Land. Wir hatten ja nüscht!
Die Bibel, wohl der älteste Ratgeber in allen Lebenslagen, ist sich auch nicht ganz sicher. So waren für Paulus Trinkgelage nichts weiter als ein verderbliches "Werk des Fleisches". Andererseits ist Jesus’ erstes – und vielleicht bekanntestes Wunder – die Wandlung von Wasser in Wein.
Der französische Benediktinermönch Pierre Pérignon (1638–1715) gilt als Pionier beim Verfahren der Flaschengärung zur Herstellung von Schaumwein. Nach ihm benannt ist die weltberühmte Champagnermarke "Dom Pérignon". Als Erfinder des Filtrationsvorgangs bei der Bierherstellung gilt Bischof Arnulf von Soissons (1040–1087). Schließlich machten sich Ordensleute auch bei der Herstellung von Hochprozentigem einen Namen. So sollen irische Mönche des Mittelalters den Whisky erfunden haben. Die hatten eben Geschmack. Von der naturkundigen Kirchenfrau Hildegard von Bingen (1098–1179) ist der Spruch überliefert: "Wein ist Medizin. Bier ist ein Getränk. Wasser ist zum Waschen." Zähneputzen muss damals noch nicht beliebt gewesen sein.
Überall begegnet man heute im Alltag Hoch- und Niedrigprozentigem. Der Liedermacher Gerhard Gundermann, Bergmann und Baggerfahrer, bezog sich in einem Song auf berufliche Gewohnheiten: "Wir hatten billigen Fusel auf Marken und genauso seh’n wir heute auch aus". Sein Kollege Hans-Eckardt Wenzel sieht es lyrischer: "Wir haben Wein genug und Brote unterm Himmelszelt ..." Der Brandenburger würde direkt sagen: Wir ham noch wat zu trinken und Stullen ooch!
Im sächsischen Ostritz an der Neiße ist am vergangenen Wochenende eine weitere Möglichkeit im Alkoholgebrauch publik geworden. Zuerst hatte die sächsische Polizei bei einem Neonazi-Treffen ihren bisherigen Kuschelkurs aufgegeben und Alkoholverbot ausgesprochen. Als die Nazis Durst bekamen, haben engagierte Bürger die Vorräte an Bier in den Supermärkten aufgekauft. Na bitte, geht doch! Trinkt den Nazi das Bier weg! Hildegard von Bingen wär’ begeistert.