Urs Fischer ist niemand, der in der Öffentlichkeit schnell ins Schwärmen gerät oder wahllos Komplimente durch die Gegend schleudert. Bei Robin Gosens machte der Trainer des 1. FC Union Berlin jetzt aber eine Ausnahme. Der Nationalspieler wird wohl beim Bundesliga-Auftakt gegen den FSV Mainz 05 am Sonntag (15.30 Uhr) gleich sein Debüt bei den Eisernen feiern.
Denn Robin Gosens hat etwas geschafft, was nicht viele Spieler bei Urs Fischer schaffen: Er hat auf Anhieb im Training überzeugt. Normalerweise schaut sich der Union-Trainer seine Neuzugänge erst einmal in den Übungseinheiten in Ruhe an, ehe sie dann im Wettkampf zum Einsatz kommen. Voraussetzung dafür ist in jedem Fall, dass sie bis dahin das Spielsystem von Fischer verinnerlicht haben. Es basiert auf mannschaftlicher Geschlossenheit und dem Ineinandergreifen der einzelnen Rädchen – und dazu gehören nun mal auch Neuzugänge.
Das galt zumindest bis zur Verpflichtung von Robin Gosens in dieser Woche. Am Mittwoch trainierte der 29 Jahre alte Linksverteidiger erstmals mit der Mannschaft. Zwei Tage später geriet Fischer bereits regelrecht ins Schwärmen. „Robin hat im Training wirklich schon sein Gesicht gezeigt. Wir sprechen hier von Mentalität und von Führungsqualität“, lobte Fischer und bezog in dieses Lob auch gleich noch den am Donnerstag für den Angriff ebenfalls neu verpflichteten Kevin Volland mit ein: „Beide Jungs bringen individuelle Qualität mit. Wir freuen uns wirklich sehr, dass wir zwei solcher Spieler von uns überzeugen und verpflichten konnten.“ Deshalb seien die Neuzugänge natürlich Kandidaten für einen Einsatz am Sonntag gegen Mainz, bestätigte Fischer fast schon selbstverständlich.
Vor allem die Verpflichtung von Robin Gosens symbolisiert den neuen Glanz in Köpenick am Beginn der ersten Champions-League-Saison. Mit Gosens hat Union Berlin endlich den ersten deutschen Nationalspieler in seinen Reihen, nachdem Bundestrainer Hansi Flick zuletzt trotz der Dauerkritik von Manager Oliver Ruhnert immer einen Bogen um Spieler wie den zuverlässigen Abwehrchef Robin Knoche oder Mittelfeld-Motor Rani Khedira gemacht hatte. Frei nach dem Motto: Wenn Flick keinen Unioner in die Nationalmannschaft holt, dann holt Union halt einen Nationalspieler.
Robin Gosens ist teuerster Neueinkauf
Außerdem ist Robin Gosens mit 15 Millionen Euro der teuerste Neuzugang in Köpenick. Bisher teilten sich Taiwo Awoniyi und Josip Juranovic mit jeweils 8,5 Millionen Euro diese Bestmarke. Was aber natürlich noch viel wichtiger ist: Gosens bringt jede Menge Erfahrung ins Stadion An der Alten Försterei. Mit Inter Mailand stand der gebürtige Emmericher in der vergangenen Saison im Champions-League-Finale gegen Manchester City (0:1). Und er will unbedingt zur Heim-Europameisterschaft im kommenden Jahr. Dafür muss Gosens mehr spielen als zuletzt in Mailand, wo er nur Backup auf der linken Seite war.
Er habe sich vor dem Wechsel nach Berlin intensiv mit Hansi Flick ausgetauscht, bestätigte Gosens im Interview mit dem TV-Sender Sky. „Wir sind während der gesamten Transferperiode in Kontakt geblieben. Ich habe ihn immer als Ratgeber und Ansprechpartner genutzt. Er hat sich sehr gefreut, dass ich den Weg in die Bundesliga gefunden habe“, sagte der Union-Neuzugang.
Robin Gosens der Mentalitätsspieler wechselt zum Malocher-Club Union Berlin – es könnte für beide Seiten der Beginn einer fruchtbringenden Zusammenarbeit in den nächsten fünf Jahren werden. Dass Gosens einen Vertrag bis 2028 in der Hauptstadt unterschrieben hat, ist Zeichen der gegen gegenseitige Wertschätzung.
„In meiner Heimat sagt man immer: Das passt wie Arsch auf Eimer. Diese Redewendung kann man in meinem Fall gut anwenden. Die Werte und Normen, für die Union steht, passen sehr gut zu mir und meinem Werdegang: Alles sich hart erarbeiten, nichts geschenkt bekommen und den nicht geradlinigen Weg gehen. Das passt sehr gut zu dem, was Union hier die letzten Jahre abgerissen hat. Das passt zu meinem Karriereweg“, sagte Gosens.
Es spricht also viel dafür, dass Robin Gosens nach all diesen gegenseitigen Schwärmereien am Sonntag gegen Mainz 05 sein Debüt im Trikot der Eisernen feiert – vor einer stimmungsvollen Kulisse. Das Stadion An der Alten Försterei ist mit 22 012 Zuschauern beim Saisonstart natürlich ausverkauft.