Es ist ein uriges, schon in der imposanten Größe ins Auge springendes Gefährt, mit dem Ulrich Klein sich an diesem Tag auf den Weg ins unweit gelegene Frankenfelde gemacht hat. Der Magirus Deutz, mit dem er sich in den Reigen der Oldtimer einreiht, ist Baujahr 1962, also mehr als sechs Jahrzehnte alt. Ursprünglich gehörte es als Feuerwehrwagen zum Fuhrpark der Bahn.
Klein, im Osten Berlins zu Hause, aber an Wochenenden regelmäßig im Oderbruch, wo er auch bei Kunersdorf sein Gefährt untergebracht hat, war seinerzeit eigentlich auf der Suche nach einem Traktor, wie er erzählt. „Auf den hier bin ich nur gekommen, weil der in der Rubrik in der Onlineplattform falsch eingeordnet war. Doch es war Liebe auf den ersten Blick“, sagt der heutige Besitzer mit einem breiten Lächeln.
Magirus Deutz von der Bundesbahn in Karlsruhe in Dienst gestellt
Extra bis nach Nürnberg sei er zum Kauf im strömenden Regen gefahren. Die wichtigsten Grunddaten weist eine Metallplatte innen an der Fahrertür aus, zudem gibt es eine extra Registrierung, unter welcher der Magirus Deutz von der Bundesbahndirektion Karlsruhe 1962 offiziell in Dienst gestellt wurde: „Die Bahn hatte ja damals ihr eigenes Zulassungswesen“, weiß Klein zu berichten. In einem nicht so guten Zustand sei das gute Stück beim Kauf gewesen: „Im Handschuhfach stand das Wasser, das von oben durch die Kabine lief.“ Auch der Motor war festgerostet – immerhin aber in den Grundkomponenten so intakt, dass nach einer Überholungskur nun immer noch der originale Antrieb unter der Motorhaube brummt.
Begeistert machen Pascal und Dennis aus Neuküstrinchen eine Rundfahrt mit. Denn so ein Exemplar bekommt man nicht jeden Tag zu sehen. „Wir haben ja nur Trabis und Motorräder“, so Vater Daniel Janke. Wenig später steht das Trio an einem vielleicht noch ausgefalleneren Gefährt in Hellblau. Tatsächlich handelt es sich um ein Unikat, kann Domenik Puhl aus Neuhardenberg allen Interessierten erklären. Denn der Traktor, den er Pittiplatsch getauft hat, ist Marke Eigenbau. Jörg Gerchow, mit Ehefrau Yvonne und Sohn Jonas Gastgeber des an sich jährlichen Oldtimertreffens, hatte ihm vor etwa einem Jahr den Kauf vermittelt.
Mit Standmotor und Mähdrescher-Getriebe
Ein Neutrebbiner hatte den besonderen Trecker – wohl in den 1970er Jahren, so Jörg Gerchow – aus unterschiedlichsten Komponenten zusammengesetzt. „Antrieb ist ein 1-H-Kunewalder Wasserverdampfer“, erklärt Domenik Puhl. Eigentlich ein alter Standmotor. Das Getriebe stammt von einem Mähdrescher E175, die Hinterachse vom Robur LO, die Heckhydraulik vom RS 09, listet der heutige Besitzer weiter auf. Immerhin auf eine Geschwindigkeit von zehn Kilometern pro Stunde bringt es das Gefährt mit einer Leistung von 7,5 PS.
Dank der Hubbühne vom Baustoffmarkt Oderland konnte, wer schwindelfrei ist, einen Blick von oben über das Gelände werfen, auf dem sich vom Morgen bis frühen Nachmittag wohl 1000 Gäste einfanden, wie die Veranstalter schätzten. Versorgt mit 24 Blechen Kuchen, 19 Kannen Kaffee, dazu Deftigem vom Grill nebenan sowie aus dem Harnekoper Eisbus – Letzteres bei der großen Hitze besonders gefragt. Und mittendrin durften abermals die Klänge vom Tanz- und Blasorchester Schulzendorf (TBOS) nicht fehlen.
Fans vom TBOS und großer Trödelmarkt
„Wir sind ja regelrecht Fans“, sagte Bärbel Matthes aus Bliesdorf. „Und bei Familie Gerchow ist es immer wieder besonders schön.“ Auf dem Trödelmarkt, diesmal noch etwas größer als sonst, hätten sie auch so einiges gefunden. Und dass die Bühne mit der Musik diesmal statt im Hof direkt auf der Festwiese stand, gefiel Renate Decker aus Bad Freienwalde besonders.
Neben Trabi, Treckern, imposanten US-Cars und mehr gab es auch Zweiräder zu bestaunen. Die EMW R35, mit der Andreas Ulbricht vorbeikam, nachdem er vormittags damit in Schönermark (Uckermark) bei einem anderen Event war, ist Baujahr 1953. „Die hatte also dieses Jahr ihren 70. Geburtstag“, wie der Wriezener sagt, der insgesamt sieben Motorräder zu stehen hat. Früher waren es sogar 13. Mit 49 wurde er berufsunfähig, da widmete er sich nun mit ganzer Leidenschaft dem Hobby, für das ihm zuvor die Zeit fehlte. Und da Ulbricht Kfz-Mechaniker ist, fällt es ihm nicht schwer, die sanierungsbedürften Maschinen wieder flottzumachen.
Vier Jahre dauerte die EMW-Restaurierung
Auch die EMW sei beim Kauf in einem bedauernswerten Zustand gewesen. Vier Jahre habe es gedauert, sie sozusagen völlig neu zusammenzusetzen. Wie weit er damit schon zu einschlägigen Treffen herumgekommen ist, illustrieren Aufkleber auf dem Köfferchen hinten: Zweimal IFA-Treffen Herzfelde 2018 und 2019, in letzteren Jahr auch noch Demnitz in Oder-Spree, sogar bis zum EMW-Treffen nach Eisenach sei er schon gefahren.