Monatelanger Streit und Diskussionen und trotzdem keine Klarheit – das höchst umstrittene Heizungsgesetz aus dem Bundeswirtschaftsministerium hinterlässt auch im Barnim deutliche Spuren. „Wir reden von Unsicherheit und immer öfter von Aggressionen“, fasst Heizungsbauer Daniel Weigel aus Wandlitz seine Eindrücke der vergangenen Wochen zusammen.
Tag für Tag hat er mit Kunden zu tun, die ihn um Rat fragen, weil sie trotz aller Bemühungen nicht wissen, wie es weitergehen soll mit der Öl- oder Gasheizung im Haus. „Wir befassen uns vorwiegend mit Reparaturen und Instandsetzungen sowie dem Einbau von Heizungsanlagen in Bestandsgebäuden. Da sind ältere Herrschaften unter den Eigentümern, die gerade einmal 500 Euro Rente monatlich beziehen. Da kann ich keine moderne Heizung mit Wärmepumpen vorschlagen, das wäre unbezahlbar“, berichtet Weigel.
65 Prozent aus regenerativer Energie sind das Ziel
In Geld ausgedrückt bedeutet das folgendes: Während der Einbau einer neuen Brennwertöl- oder Gasheizung zwischen 12.000 und 15.000 Euro kostet, wären allein für eine zentrale Wärmepumpe zwischen 25.000 und 35.000 Euro fällig, die bis zu 35 Prozent förderfähig wären. Obendrauf kämen weitere Aufschläge für Umbauten, die mit der Technologie der Wärmepumpe begründet sind.
Der jüngste Kompromissvorschlag der Ampelkoalition habe indes an der bisherigen Verunsicherung der Bürger gar nichts geändert. Demnach sollen Altanlagen erst 2028 oder 2029 ihre Berechtigung verlieren. Sie dürfen noch repariert, aber nicht äquivalent ersetzt werden. Zudem schraubt der Bund die Co2-Bepreisung hoch, sodass Öl und Gas in der Perspektive noch teurer werden als bislang schon zu erleben ist. Zudem will die Regierung zuerst die Kommunen in die Pflicht nehmen, Strategien und Konzepte für Fernwärmenetze zu erarbeiten, sodass die Anlieger rechtzeitig im Bilde sind.
Ziel aller Maßnahmen ist es ganz klar, den Energiebedarf eines Hauses zu 65 Prozent aus regenerativen Energien zu decken. „Die Verbraucher wissen immer noch nicht, was Sache ist“, erfährt hingegen Heizungsfachmann Weigel täglich. Dabei erhöht sich der Druck durch Veränderungen am Markt. „Nach meinem Eindruck fahren die Hersteller die Produktion von Ersatzteilen herunter. Gesetzlich sind sie zehn Jahre lang verpflichtet, Ersatzteile anzubieten. Aber nachdem die Regierung so offenkundig auf Wärmepumpen gesetzt hat, haben sich ganz augenscheinlich auch namhafte Hersteller gefragt, ob für ältere Heizungen überhaupt noch Ersatzteile produziert werden müssen.“
Das Ergebnis seien immer öfter „wirtschaftliche Totalschäden“, wie es nach Kfz-Unfällen heißt. Wenn es keine Neuteile gibt, übersteigt der Aufwand einer Instandsetzung den möglichen Nutzen, ergo müssen die Besitzer notgedrungen tief in die Tasche greifen und moderne Lösungen anvisieren. Auf den Einbau gebrauchter Teile aus der Bucht, also aus Ebay-Verkäufen, lässt sich Weigel bewusst nicht ein. „Wenn da was hochgeht, werden alle auf den Handwerker zeigen, der das gebrauchte Teil eingebaut hat. Dieses Risiko kann ich als Fachbetrieb nicht eingehen.“
Grundsätzlich zeigt Weigel durchaus Verständnis für die Notwendigkeit, zunehmend auf energiesparende Heizungen zu setzen. Das lasse sich allerdings nicht mit der Brechstange praktizieren, wie Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) es versuche. „Wir haben hier einiges verpennt, das stimmt wohl“, räumt der Heizungsbauer ein und benennt Schwierigkeiten, die derzeit ungelöst sind und die nach seiner Meinung zuerst auf dem Zettel stehen müssten. D
emnach fehlt aktuell die Infrastruktur, um den absehbaren Mehrbedarf an Strom zu stemmen. Weigel bringt ein Beispiel: „Der Strom fehlt schon jetzt, wie ich gerade in der Verwandtschaft erlebt habe. In einer Straße in Klosterfelde wurde für mehrere Stunden der Strom reduziert, nämlich eine Phase abgeschaltet, sodass das Haus nicht warm wurde. Die Reduzierung des Stroms wurde zentral gesteuert, die Familie hat sich gewundert, warum die Heizung nicht ausreichend warm wurde.“ Ähnliche Beispiele gab es übrigens auch schon in Groß Schönebeck.
Für Weigel ist deshalb klar, es braucht Zwischenschritte, um die gewollte Energiewende zu bewältigen. „Wenn beispielsweise die alte Gas- oder Ölheizung durch einen Brennwertkessel ersetzt wird, dann lassen sich schon mal bis zu 30 Prozent Einsparungen erzielen. Das wäre doch ein Weg, um etwas zu erreichen und die Leute nicht sofort finanziell zu überfordern“, schlägt er vor.
Handwerker aus Biesenthal: „Unsicherheit und Panik“
Sein Fachkollege Sebastian Ehling aus Biesenthal schätzt die Situation ähnlich dramatisch ein, wenn er von „Unsicherheiten und Panik“ spricht. An dieser Situation habe sich seit Mitte Juni nichts geändert. Auch Ehling stellt die Frage, woher der Strom kommen soll, dessen Verbrauch gerade so kräftig angekurbelt wird. „Wir machen uns doch etwas vor“, sagt er und meint konkret die Politiker der Ampelregierung. „Wir wollen die Abhängigkeit von Öl und Gas beenden und schaffen die Abhängigkeit vom Strom, ohne über die Voraussetzungen zu verfügen.“ Ehling hat sich gerade informiert, er besuchte vor wenigen Tagen die Technische Universität im tschechischen Liberec, um dort einen Vortag zum Strommanagement im Nachbarland zu hören.
„Drei atom- und kohlenbetriebene Kraftwerke laufen in Tschechien nur für Deutschland, hat der Professor dargestellt. Da frage ich mich doch, warum das kein hiesiger Politiker sehen will?“, so Ehling. Für ihn übrigens auch eine mögliche Antwort auf die Frage, warum die AfD deutschlandweit zunehmend Zuspruch erfährt. „Wenn für die Volksparteien das Politikbarometer in den Keller geht, dann hat das nach meiner Meinung auch etwas mit der Debatte über das Heizungsgesetz zu tun.“
Aber wie sollen denn nun der Bürger reagieren, wenn ihn täglich die Neuigkeiten aus Rundfunk, TV und Zeitung anspringen und der Griff zur teuren Wärmepumpe so stark angepriesen beziehungsweise als fast alternativlos dargestellt wird? Was raten Fachleute wie Burckhard Marwitz, der bis eben noch (Ende Mai) als Innungsobermeister Sanitär-Heizung-Klima im Nieder- und Oberbarnim (SHK) Verantwortung trug? Marwitz leitete 30 Jahre lang eine eigene Heizungs- und Sanitärfirma, heute pflegt er als SHK-Energieberater für Haustechnik ständig Kundenkontakt. Sein Rat an die Bürger: „Lasst euch nicht verrückt machen! Wir müssen etwas ändern, aber das mit Bedacht. Und von heute auf morgen ist gleich gar nichts zu machen. Was die Regierung aktuell vorschlägt, ist für mich in vielen Sachen nicht nachvollziehbar. Aber leider wurden die Fachverbände bislang außen vor gelassen.“
Wärmepumpen können nach zwölf Jahren aufgeben
So setzt sich Marwitz kritisch mit der Aussage auseinander, Wärmepumpen seien der Weisheit letzter Schluss. „Wärmepumpen sind bei 65 oder 70 Grad Celsius Vorlauftemperatur total ineffektiv. Als Energieberater weiß ich, wie viele Faktoren bei der Bewertung eines Hauses eine Rolle spielen. Da ist die Temperatur im Haus, die nach den Vorgaben der Regierung 20 Grad Celsius nicht übersteigen soll. Aber das erklären Sie mal den Frauen. Und da sind die Wandstärken, mögliche Dämmungen, die Querschnitte der Verrohrung und schließlich spielt die Beschaffenheit der Heizkörper selbst eine Rolle. Auch Teppich oder Parkett auf der Fußbodenheizung verändert die Berechnung des Energiebedarfes eines Hauses.“
Geschultes Personal aus dem Umfeld auswählen
Auf geschultes Fachpersonal sollten die Bürger nach Rat von Marwitz unbedingt achten. Ebenso auf Fachfirmen, die im Umfeld tätig sind und bei Notfällen schnell reagieren können. Wärmepumpen seien übrigens schon nach zwölf-dreizehn Jahren Laufzeit herausgeschmissen worden, einen Anspruch auf 20 Jahre problemlose Nutzung gebe es nämlich nicht. Und schließlich rät Marwitz noch folgendes: Vor dem Einbau einer Wärmepumpe müsse unbedingt ein Elektriker die Installation überprüfen. „Sie glauben nicht, wie viele Störungen wir hatten, weil die Schmelzsicherungen durchgebrannt sind. Die können Sie gleich vergessen!“
Melanie Buchholz, Leiterin der Geschäftsstelle der Innung SHK Ober- und Niederbarnim bringt die gegenwärtige Situation treffend auf den Punkt: „Die neuen Gesetze und ihre andauernde Modifizierung bringen nicht nur Unsicherheiten bei den Verbrauchern beziehungsweise Kunden, sondern auch bei den Fachbetrieben.“