Es war an einem Morgen in Frühling, ziemlich früh, als einem Mitarbeiter des Heimattiergartens in Fürstenwalde ein unbekannter Gast begegnete. „Er dachte erst, es ist ein Wolf“, erinnert sich Tierparkchefin Katharina Drewitz noch recht gut an das Gespräch danach.
Doch dafür stimmte das Erscheinungsbild des knapp „über Knie hohen Tiers“ doch nicht recht. Katharina Drewitz hält es deshalb für möglich, dass es sich um einen Goldschakal handelte. Der ist etwas größer als ein Fuchs, aber kleiner als ein Wolf.
Goldschakal mehrfach in Brandenburg gesichtet
„Er wurde im Wald in Brandenburg bereits gesichtet“, weiß Katarina Drewitz. „Er gehört zu den Hundeartigen, genau wie der Marderhund.“ Ihres Wissens nach sind die Tiere aus Asien eingewandert.
An jenem Morgen im Frühling, als das Tier durch die parkartige Anlage läuft, ist es noch recht schummrig, fast dunkel. Ein Foto des Besuchers existiert darum nicht. „Wir haben auch keine besonderen Pfotenabdrücke gesehen“, bedauert die Tierpark-Chefin. Die Spuren von Goldschakalen lassen sich für Fachleute relativ leicht erkennen. „Die mittleren, hinteren Ballen sind zusammengewachsen“, nennt Katharina Drewitz ein Charakteristikum der Pfoten. Weil es keine Belege gebe, meldete sie die Begegnung nicht.
Erste Sichtung in Dahme-Spreewald
„Es ist durchaus möglich, dass Goldschakale durch Oder-Spree streifen. Der erste Nachweis in Brandenburg gelang 1997 im Bereich einer rekultivierten Kippe im Landkreis Dahme-Spreewald“, teilt Thomas Frey, Sprecher des Landesamtes für Umwelt (LfU), mit. Hinzu kämen Hinweise aus den Jahren 2004 (Oder-Spree) sowie 2007 und 2014 (Dahme-Spreewald).
Allein 2023 seien im Winter zwei Goldschakale gemeldet worden: bei einem Verkehrsunfall in Rangsdorf (LDS) und im Barnim. „In Polen ist am 13. April 2015 im unmittelbaren Grenzbereich (Schwedt) am Rand des Nationalparks Unteres Odertal ein Goldschakal überfahren worden“, teilt Frey in seiner schriftlichen Antwort weiter mit.
Bisher seien keine territorialen Vorkommen im Land Brandenburg bekannt, es sei aber entsprechend der natürlichen Ausbreitung mit der Ansiedlung zu rechnen. „Der erste bekannte Reproduktionsnachweis für Deutschland stammt aus dem Schwarzwald in Baden-Württemberg und erfolgte im Jahr 2021. 2022 folgten weitere Nachweise in Niedersachsen und erneut in Baden-Württemberg“, informiert Frey.
Warmer Winter macht es dem Goldschakal leichter
Was sind die Ursachen für die Ausbreitung? Vermutet werde laut LfU-Sprecher eine Kombination von Faktoren: mildere Winter durch den Klimawandel, ein veränderter Umgang des Menschen mit der Umwelt als Kulturlandschaft, Landnutzungsänderungen und nachlassender Verfolgungsdruck in den Herkunftsgebieten, führt er an.
Langer Körper, kurzer Schwanz
Wie ist der Goldschakal zu erkennen? Die Tiere sind bis zu 100 Zentimeter lang, bis zu 15 Kilogramm schwer und zählen zum mittelgroßen Raubwild. Im Verhältnis zum Körper ist ihre Rute (Schwanz) mit 20 bis 30 Zentimeter relativ kurz, schreibt Jennifer Hartlauf vom Institut für Wildbiologie und Jagdwirtschaft der Universität für Bodenkultur Wien in einem Beitrag für das Wildtier-Informationssystem. „Sein Fell ist gelblich-grau, dunkel im Bereich des Rückens und der Schwanzspitze und goldfarben seitlich sowie an den Beinen“, heißt es dort weiter.
Goldschakale sind laut LfU dämmerungs- und nachtaktiv, gelten als scheu, meiden Menschen und werden darum nur sehr selten gesehen. Von gesunden Tieren geht keine Gefahr für den Menschen aus. Derzeit wird im Zuge der flächendeckenden Erfassung des Wild-Monitorings das Vorkommen des Goldschakals abgefragt. Ergebnisse werden voraussichtlich Ende 2024/Anfang 2025 veröffentlicht, teilt Wiebke Ponik, die Referentin für Wildökologie und Wildtiermonitoring des Deutschen Jagdverbands, mit.
Doch zurück nach Fürstenwalde. Er habe bislang noch keinen Goldschakal rund um die Spreestadt gesehen, sagt Stadtforstdirektor Thomas Weber. Dr. Frank-Peter Schmidt, der Vorsitzende des Jagdverbandes Fürstenwalde, bestätigt das. „Wir haben viele Wildkameras bei uns hängen, da haben wir keinen Goldschakal drauf“, sagt er. Eine ähnliche Antwort gibt es von Kai Hamann, dem Geschäftsführer des Landesjagdverbands. Er stellt aber auch klar: „Der Goldschakal darf nicht bejagt werden.“
Kai Hamann: Ausbreitung problematisch
Hamann sieht die Etablierung des Goldschakals mit Blick auf den Schutz bestandsgefährdeter Arten wie Bodenbrüter problematisch, „da er die ohnehin breite Palette der Fressfeinde (Fuchs, Marderartige und Neozoen wie Marderhund, Waschbär) noch erweitert“.
Tierparkchefin Katharina Drewitz sieht in ihrem neuen Besucher, wenn es denn ein Goldschakal war, eher keine Gefahr. Seit dieser einen Begegnung sei der Vierbeiner nicht wieder aufgetaucht. „Er muss damals auch gleich wieder hinausgegangen sein, sonst hätten ihn unsere Kameras ja erfasst“, sagt sie.
Goldschakal gesehen? Bitte melden!
Als wissenschaftliche Fachbehörde ist das Landesamt für Umwelt (LfU) für die Erfassung und Dokumentation von Säugetierarten zuständig, insofern besteht ein hohes Interesse an Beobachtungsdaten zum Goldschakal.
Alle Beobachtungshinweise sollten folgende Angaben enthalten: Wer hat wann, welche Art, wo und mit wie vielen Individuen gesehen. Gerade bei sehr seltenen Arten sind Fotografien, Skizzen oder auch gute Beschreibungen von auffälligen Merkmalen hilfreich, um die Beobachtung abzusichern.
Für etwaige Nachfragen sollten Kontaktdaten, wenigstens eine E-Mail-Adresse hinterlassen werden. Der Goldschakal kann mit Füchsen und Wölfen verwechselt werden, weshalb Experten eine weitere Verbreitung als die bisher bekanntgewordene vermuten.
Ansprechpartner im LfU ist die Naturschutzstation Zippelsförde [email protected].