Auch in Oranienburg und Umgebung stehen Eltern von aktuellen Sechstklässlern vor der Frage, welche weiterführende Schule ihr Kind ab dem Schuljahr 2023/24 besuchen soll. Beim Anwahlverfahren gab es Überraschungen. Über diese informierte der Landrat am 24. April – und sprach über die Folgen. Einige Gebäude müssen schnell erweitert, andere Ideen verschoben werden.
Grundsätzlich sieht Landrat Alexander Tönnies aber die Vorteile: „Oberhavel bleibt eine Region des Zuzugs.“ Das sei ganz deutlich auch bei der Entwicklung der Schülerzahlen zu spüren. In seiner Schulentwicklungsplanung war der Landkreis für das Schuljahr 2023/24 von 1979 Schülerinnen und Schülern ausgegangen, die von der Grundschule an eine weiterführende Schule wechseln. Tatsächlich sind es nun aber 2090.
Gesamtschulen in Oranienburg und Birkenwerder überfragt
Kinder können mit ihren Eltern selbst wählen, welche Schule sie ab der siebten Klassenstufe bevorzugen. „Genau das macht die Schulplanung für den Landkreis so schwierig“, betont der Landrat – schließlich sei damit immer erst im Frühjahr klar, wie viele Klassenzüge an welchen Schulen gebraucht werden.
Diese Zahlen habe das Schulamt, welches das Ü7-Verfahren federführend steuert, jetzt vorgelegt. Aus diesen geht hervor, dass überraschend viele Sechstklässler ihre Zukunft nicht auf dem Gymnasium sehen. „Wir haben beispielsweise im Raum Oranienburg und den S-Bahn-Gemeinden deutlich mehr Kinder als erwartet, die eine Gesamtschule besuchen möchten“, betont Bildungsdezernent Matthias Kahl. Dadurch würde es zwar genügend Plätze an den Gymnasien geben, „wir müssen aber an den Gesamtschulen nachsteuern“.
Alexander Tönnies nennt Zahlen. In der Region Hohen Neuendorf, Mühlenbecker Land und Glienicke würde es an den Gesamtschulen ab Sommer 82 Plätze zu wenig geben, in Leegebruch und Oranienburg immerhin acht. In Mühlenbeck würde es dabei das Phänomen geben, dass 41 Anmeldungen aus dem Nachbarkreis Barnim vorliegen. Dass von dort Schüler kommen, sei nicht neu, diese Größenordnung aber doch recht außergewöhnlich.
So will der Landkreis das Problem lösen
Da es laut Kahl das Ziel sei, möglichst viele der Erst- und Zweitwünsche erfüllen zu können, ist eine Erweiterung der Kapazitäten dringend geboten. „Mehr Klassen brauchen mehr Platz“, macht der Landrat deutlich, dass kurzfristig in zusätzliche Klassenräume investiert werden soll, „schließlich wollen wir auch weiterhin für gute Lern- und Lehrbedingungen sorgen“. Es sei wichtig, die notwendigen Räume so schnell wie möglich zu bauen.
Von der Kreisverwaltung gibt es daher folgende Vorschläge, über die der Kreistag in seiner Sitzung am 10. Mai entscheiden wird: An der Oberschule Lehnitz, an der Torhorst-Gesamtschule in Oranienburg und an der Regine-Hildebrandt-Gesamtschule in Birkenwerder wird jeweils ein zusätzlicher Klassenzug eingerichtet. Folge: Die Einrichtung in Lehnitz wird damit für das Schuljahr 2023/24 maximal vierzügig geführt, die beiden genannten Schulen in Oranienburg und Birkenwerder jeweils siebenzügig.
Mehr Klassen auch in Hennigsdorf und Kremmen
Doch nicht nur an den kreiseigenen Schulen wird reagiert. Im Einvernehmen mit den Städten, die Träger der Schulen sind, werden auch die Albert-Schweitzer-Oberschule in Hennigsdorf und die Goethe-Oberschule Kremmen zum neuen Schuljahr jeweils einen zusätzlichen Zug anbieten.
Schon im Oktober 2022 hatte der Kreistag einstimmig beschlossen, am Runge-Gymnasium und am Louise-Henriette-Gymnasium (beide in Oranienburg), am Strittmatter-Gymnasium Gransee, am Hedwig-Bollhagen-Gymnasium in Velten und an der Exin-Oberschule in Zehdenick temporär zusätzliche Klassenzüge einzurichten. „Schon zu diesem Zeitpunkt war angekündigt worden, dass im Zuge des Ü7-Verfahrens bei Bedarf mögliche weitere Züge einzurichten sind“, erinnert Kreissprecherin Ivonne Pelz. Für die Exin-Oberschule in Zehdenick sei schon jetzt absehbar, dass der zusätzliche Zug nicht benötigt wird.
Das ist an den Standorten geplant
Bis zum Beginn des neuen Schuljahres im August sollen an der Oberschule Lehnitz temporäre Klassenräume in Modulbauweise errichtet werden. Die zusätzlichen Räume werden laut Kreisverwaltung auch benötigt, weil im Bestandsgebäude schon länger geplante Bauarbeiten für die Erweiterung der Schule stattfinden.
An der Torhorst-Gesamtschule wird die Ausstattung der Räume zunächst so angepasst, dass diese multifunktional genutzt werden können. „Im kommenden Schuljahr werden alle Klassen im Bestandsgebäude untergebracht“, so Tönnies. Zusätzlich sollen aber spätestens bis zum Schuljahr 2024/25 Klassenräume in Modulbauweise entstehen.
Auch an der Regine-Hildebrandt-Gesamtschule werden Räume für die zusätzliche Klasse umgewidmet und die Ausstattung wird angepasst. Außerdem können dort die Räume für die Kreismusikschule und Volkshochschule, die gerade frisch saniert werden, mitgenutzt werden.
Die negativen Folgen der Entwicklung
Alexander Tönnies betont mit Stolz, dass in den vergangenen fünf Jahren rund 56 Millionen Euro in die Schulen investiert wurden. „In den kommenden Jahren werden es viele weitere Millionen sein.“ Das Vorziehen der genannten Projekte bedeute aber möglicherweise, „dass sich andere, schon eingeplante Bauarbeiten, verzögern könnten“. Das betrifft insbesondere den Neubau der Barbara-Zürner-Oberschule in Velten, aber auch geplante Schulneubauten wie beispielsweise die Oberschule in Gransee.
Der Landrat spricht davon, dass ein Zeitstrahl erstellt werden müsse, um mit der neuen Situation umgehen zu können. „Welche Vorhaben haben wir? Was kommt hinzu? Was schaffen wir wann?“ Auch Matthias Kahl ist es wichtig, bei der Planung der Prioritäten die Politik mitzunehmen. Aktuell würden im Bereich Bildung 16 Baumaßnahmen laufen – vom Neubau bis zur Erweiterung oder der Investition in die Qualität.