Die Wasserburg Gerswalde ist nicht nur ein historisches Relikt, sondern auch ein lebendiges Kulturgut, das bis heute eine wichtige Rolle in der Region spielt. Ihre restaurierten Teile dienen nahe Prenzlau, rund 80 Kilometer nördlich von Berlin, als Museum und Veranstaltungsort, und somit wird das Erbe der Burg für zukünftige Generationen bewahrt und lebendig gehalten.
Die Ursprünge der Wasserburg Gerswalde reichen bis ins 13. Jahrhundert zurück, über die eigentliche Entstehung ist kaum etwas bekannt.
Burggräben über die Jahrhunderte verschwunden
Sie wird den Askaniern zugeschrieben, die die Burg im Ergebnis der Eroberung der Uckermark von den Pommern in der Zeit von 1239 bis 1250 erbaut haben sollen. Damals reichte der noch wesentlich größere Haussee bis an die Anhöhe, auf der die Burg steht, heran. Ein heute nicht mehr nachweisbares Burggrabensystem verlieh dem mittelalterlichen Festungsbau den Status einer Wasserburg.
1463 erhielt Henning von Arnim die Mitbelehnung der Burg und der „kleinen Stadt“ mit Marktrechten. Seit diesem Jahr war die Burg einer der Stammsitze der Familie von Armin, die eine wesentliche Rolle in der weiteren Entwicklung und Gestaltung der Anlage einnahmen.
30-jähriger Krieg besiegelt das Schicksal der Wasserburg
Im Jahr 1637, während des 30-jährigen Krieges, wurde die Burg erheblich zerstört und teilte damit das Schicksal von fast ganz Gerswalde. Ein Wiederaufbau fand nicht statt. Stattdessen ließ die Familie von Arnim 1724 ein herrschaftliches Haus gleich neben dem Burggelände errichten, mehr als 100 Jahre später erfolgte der Umbau zum Schloss. Die Fertigstellung wird auf 1834 datiert, doch seine endgültige Form erhielt der Herrschaftssitz erst vor dem Ersten Weltkrieg.
1929 wechselte der Besitz zur Antroposophischen Gesellschaft, die unter Federführung von Franz Loeffler dort ein Heil- und Erziehungsinstitut eröffnete. Dieses hatte bis 1945 Bestand.
Im einstigen Familiensitz des berühmten Adelsgeschlechts von Arnim sind auch heute noch Kinder und Jugendliche zu Hause, die nicht auf der Sonnenseite des Lebens geboren wurden. Das Schloss gehört zu den Liegenschaften der Stiftung Großes Waisenhaus zu Potsdam.
Aus dem Schloss wird ein Jugendheim
1724 vom preußischen König Friedrich Wilhelm I. gegründet, diente das Haus der Versorgung und Ausbildung „seiner“ Soldatenkinder. Seit fast 300 Jahren unterstützt die Stiftung nun – mit 40-jähriger Unterbrechung während der DDR-Zeit – benachteiligte Kinder und Jugendliche. Seit 1994 wird das Schloss und das zugehörige Areal von der zur Stiftung gehörenden Gemeinnützigen Gesellschaft zur Förderung Brandenburger Kinder und Jugendlicher mbH als Jugendheim mit Ausbildungsstätten betrieben.
Doch auch in DDR-Zeiten lebten auf dem Areal benachteiligte Jugendliche. Von 1955 bis 1989 nutzte der Jugendwerkhof „Neues Leben“ die Anlage. Eine Besonderheit war, dass das Gelände des Jugendwerkhofes immer für alle offen war, im Gegensatz zu der geschlossenen und berüchtigten Einrichtung, die es in Torgau gab.
Jugendwerkhof in DDR-Zeiten
Zeugnisse einstiger Bewohner finden sich im Heimatmuseum. Viele bescheinigen aus ihren Erfahrungen, dass der Aufenthalt sie in ihrer Entwicklung vorangebracht und ihr Leben stabilisiert habe, einige wenige beurteilen es aber auch als Tyrannei.
Ein großes Feuer zerstörte in den 60er Jahren das Dach des Schlosses. Als Brandstifter wurden die männlichen Bewohner verdächtigt, die mit der zerstörerischen Aktion ihren Protest zum Ausdruck brachten, als die Mädchen das Schloss verlassen sollten.
Als 1993 die Ruine der Wasserburg, große Teile des Schlossparks sowie der Haussee in das Eigentum der Gemeinde übergingen, wurde auch der Grundstein für die Gründung eines Fördervereins gelegt. Schon vor der eigentlichen Vereinsgründung gab es im Ort eine Arbeitsgruppe, die sich der geschichtlichen Aufarbeitung der Gemeinde und ihrer Wahrzeichen widmete.
Förderverein treibt Restaurierung voran
1996 entschloss man sich, einen Förderverein ins Leben zu rufen, der die umfangreiche Restaurierung vorantrieb und die Heimatstube und ein Fischereimuseum eingerichtet hat. Besuchern werden auf mehreren Etagen Einblicke in die Geschichte des Gerswalder Handwerks und der Landwirtschaft geboten. Ein mittelalterlicher Gewölbekeller bietet Heiratswilligen ein ganz besonderes Ambiente.
Die Wasserburg Gerswalde vermittelt noch heute ein eindrucksvolles Bild einer mittelalterlichen Burganlage. Um den Innenhof sind gut erkennbar eine halbkreisförmige Bastion, eine Kemenate, der Bergfried und Reste des ehemaligen Hauptgebäudes angeordnet.
Eindrucksvoller und begehbarer Bergfried
„Den besten baulichen Zustand weist die Kemenate auf, ein aus Feld- und Backsteinen errichtetes Gebäude mit rechteckigem Grundriss“, erklärt Manfred Strehl vom Förderverein. Die schartenartigen Öffnungen dienten wohl der Belüftung und seinen offensichtlich keine Schießscharten.
„Wahrscheinlich ist die Kemenate erst später in die bereits zerstörte Burg hineingebaut worden und diente nur wirtschaftlichen Zwecken“, so Strehl, der auch auf die Reste vom begehbaren Bergfried, dem Hauptturm der Burg, aufmerksam macht, der noch eine Höhe von acht und eine eindrucksvolle Mauerstärke von drei Metern aufweist.Burgfest mit Ritterspielen und Markttreiben
„Das einzigartige mittelalterliche Ambiente mitten in der Natur bietet eine perfekte Kulisse für verschiedenste Veranstaltungen“, wirbt Manfred Strehl. Neben verschiedener kleiner Konzerte im Burghof liege der Fokus gerade auf dem alljährlichen traditionellen Burgfest. Dann zieht mittelalterliches Leben auf der Burg ein – dazu gehören die Hofhaltung anno 13. Jahrhundert, ritterliche Wettkämpfe, Handwerk und Gewerbe früherer Zeiten sowie Musik und Tanz. Am 9./10. September lädt der Förderverein wieder zur Zeitreise mit Markttreiben ein.
Ein weiteres Projekt des mittlerweile mehr als 50 Mitglieder zählenden Fördervereins in naher Zukunft ist ein offenen überdachter Ausstellungsbereich für landwirtschaftliche Exponate, vornehmlich älterer Landmaschinentechnik.