Nervosität sei es eher nicht gewesen, hatte Seelows Kapitän Nabiel Nasser ausgemacht: "Allerdings haben wir gesehen, dass in der Oberliga, im Gegensatz zur Brandenburgliga, eine Mannschaft wie der SC Staaken Fehler direkt nutzt und in Treffer ummünzt." Während die Berliner um ihren Übungsleiter Jeffrey Seitz ihre Klettertour mit dem zweiten Erfolg im dritten Spiel im Gesamtklassement mit dem nunmehr vierten Rang fortsetzten, rutschte Aufsteiger Seelow auf den viertletzten Tabellenplatz.
"Wir müssen uns natürlich an die eigene Nase fassen und doch nur schauen, wie viele Geschenke wir den Hauptstädtern gemacht haben. Da brauchst du dich dann auch nicht zu wundern, wenn es am Ende 9:0 für die Platzherren steht", erklärte Nasser, der selbst am Dienstnachmittag nach dem für seine Victorianer deprimierenden Auswärtsspiel keine hundertprozentigen Erklärungen für den indiskutablen Auftritt des Liga-Neulings hatte. Die Heimelf zeigte sich auf dem kleinen Kunstrasenplatz im Sportpark Staaken als übermächtig und führte nach einer Viertelstunde bereits mit 4:0. Ahmad Selman (6./14.) und Jack Krumnow (10./15.) hatten mit jeweils einem Doppelpack die Begegnung frühzeitig für den Berliner Stadtteilklub entschieden.
"Das war mehr als nur zu wenig, das war eine blamable und zudem völlig kopflose Anfangsphase meiner Mannschaft", befand dann auch Seelows sichtlich angefressener Cheftrainer Peter Flaig schon beim Pausengang. Doch kaum hatte die Unparteiische Miriam Schweinefuß den zweiten Durchgang frei gegeben, da musste der bedauernswerte Victoria-Schlussmann Pavels Dorosevs schon ein fünftes Mal das runde Leder aus den Maschen holen. Staakens David Koschnik erhöhte auf 5:0 (46.). Und die Heimelf ließ nicht locker. Vielmehr drückten die SC-Kicker weiter aufs Tempo und schraubten mit weiteren Toren von Moritz Mielke (56.), Sebastian Gigold (66.), Ahmad Selmann zum Dritten (74.) und Ferris Freiwald bis zur 77. Minute das Resultat auf 9:0. Dass den Seelowern die Höchststrafe einer zweistelligen Niederlage erspart blieb, war zuvorderst den Berlinern zu verdanken. Die ließen es in der Schlussphase weniger energisch angehen.
Seelow wird vorgeführt
Nabiel Nasser meinte nach der riesigen Enttäuschung: "Wir haben gedacht, Staaken Paroli bieten zu können und dann sind wir nach allen Regeln der Kunst vorgeführt worden. Wer weiß, wozu die mehr als deftige Niederlage gut ist", sagte Seelows Kapitän und versuchte, noch einen halbwegs positiven Ansatz aus dem komplett misslungenen Auftritt zu ziehen.
Keine Frage: Die pfeilschnellen Staakener nutzten auf heimischem Geläuf die zumindest am dritten Spieltag sich offenbarenden Defizite der Seelower gnadenlos und verdeutlichten in dieser Partie einen Unterschied, den es in dieser Deutlichkeit in der Oberliga Nord so häufig nicht zu erleben gibt. Seelows Vereinschef Roland Bienwald nannte einen Grund für die unerwartete Klatsche: "Wir haben nach den ersten beiden schnellen Gegentoren allen Mut verloren und sind nur noch zurückgewichen." Dennoch warnte Bienwald vor voreiligen Schlüssen. "Das war zweifelsfrei eine Lehrstunde, aber wir sind noch nicht abgestiegen", und forderte von der Mannschaft eine schnelle Akklimatisierung, damit die Aufstiegseuphorie nicht im Ansatz stecken bleibt. "Es liegt nur an uns, wie fix wir uns in der Oberliga zurechtfinden. Das Spiel in Staaken war eine erstklassige Kostprobe, was es heißt, in der Oberliga zu spielen", lautete das Schlusswort des Victoria-Chefs.
Victoria Seelow: Pavels Dorosevs – Nabiel Nasser, Dawid Jankowski, Jevgenijs Kosmacovs, Rick Drews – Anastasios Alexandropoulos (46. Sebastian Jankowski), Piotr Raymar, Mariusz Wolbaum – Tobi Labes (46. Till Schubert), Pawel Noga, Ian Beckmann