Polen gehört innerhalb der EU zu den Ländern, wo die Lebenshaltungskosten nach wie vor zu den niedrigsten zählen – allen Preissteigerungen zum Trotz. Gerade Medikamente waren schon immer jenseits der Oder wesentlich günstiger. Jetzt hat das Ferienhausportal Holidu eine neue Auflistung erstellt, in welchen Ländern die deutschen Urlauber am meisten sparen können.
Und an der Spitze der kostengünstigsten Märkte steht Polen. 15 der 18 untersuchten Medikamente haben einen niedrigeren Preis. Besonders groß ist der Unterschied bei Amoxicillin-haltigen Antibiotika gegen bakterielle Infektionen (minus 58,13 Euro) sowie bei Salben mit Mupirocin gegen Hautinfektionen (minus 30,83 Euro).
Auch in Schweden ist es billiger
In Schweden lohnt es sich ebenfalls, die Urlaubsapotheke vor Ort zusammenzustellen: Zehn Medikamente gibt es dort günstiger. Portugal belegt zusammen mit Frankreich Platz drei. Acht Präparate sind in den beiden Ländern preiswerter, darunter in Portugal ebenfalls das Amoxicillin-haltige Antibiotika (minus 55,22 Euro).
Auf Platz vier und fünf folgen Finnland und Dänemark mit sieben beziehungsweise sechs günstigeren Mitteln. Besonders bei Schmerzen oder Hustenreiz lohnt sich der Kauf in Dänemark, denn das als Schmerzmittel in Kombination mit Paracetamol eingesetzte Codein ist in Dänemark ganze 11,32 Euro günstiger.
Auch Generika kosten in Polen weniger
Doch bleibt Polen als Einkaufsort für deutsche Patientinnen und Patienten immer noch am günstigsten. Dabei ist eine interessante Gruppe auch die Generika, die im Nachbarland Brandenburgs im Europavergleich nur relativ wenig kosten. Dies sind Arzneimittel, die identische Wirkstoffe wie ein ehemals patentgeschütztes Präparat enthalten und deshalb genauso wirken.
Wie der Anbieter von klinischer Auftragsforschung, IQVIA, berichtet, betrug der Preis für ein Generikum Anfang 2021 im Durchschnitt zehn Eurocent. Zum Vergleich: In Deutschland waren 18 Eurocent, das damit in der Spitzengruppe lag. Den höchsten Preis zahlt man in Österreich (32 Eurocent), gefolgt von Italien (28 Eurocent).
In Polen verkaufen die Apotheken nicht alle Arzneien nach Deutschland
Aber Achtung: Es gibt auch Grenzen. „Nicht alle Medikamente können wir auf der Grundlage von grenzüberschreitenden Verschreibungen herausgeben“, heißt es aus der Apotheke Zentrum der Gesundheit „Apteka Centrum Zdrowia“ (ACZ) in Slubice. „Manche Arzneien stehen unter der besonderen Kontrolle des Arztes – beispielsweise hormonelle Injektionen“, so das Zentrum. Doch der Großteil der Medikamente könne in Polen schon mithilfe eines deutschen Rezeptes verkauft werden. Das hat dieses Nachrichtenportal auf Anfrage erfahren.
Doch auch in Deutschland ist bei der Einfuhr der Medikamente nach dem Einkauf auf der anderen Seite der Oder einiges zu beachten: Urlauberinnen und Urlauber dürfen Medikamente nur für den persönlichen Bedarf nach Deutschland mitbringen. Das berichtet die Verbraucherzentrale. Als üblicher persönlicher Bedarf gilt in der Regel ein Bedarf von maximal drei Monaten. Hier muss man die Dosierungsempfehlung für das jeweilige Medikament berücksichtigen. Darüber hinaus ist der Versand nur in engen Grenzen erlaubt.
Aktuell gibt es hier keine nennenswerten Lieferprobleme. Doch das könnte sich mit Blick auf die chinesischen Lieferanten ändern, befürchten polnische Unternehmer:
Bei Konflikt mit China: Werden die Preise in Polen immer so niedrig bleiben?
„Wir haben große Angst vor dem Moment, in dem es zu einer Art Konfrontation zwischen China, den Amerikanern und Europa kommt“, warnte Barbara Misiewicz-Jagielak, die stellvertretende Vorstandsvorsitzenden des Polnischen Arbeitgeberverbandes der Pharmazeutischen Industrie (PPFP). Die Managerin befürchtet im Gespräch mit der polnischen TV-Station Polsat News, China könne versuchen, mithilfe seiner Monopolstellung bei der Medikamentenproduktion die restliche Welt zu erpressen und für seine politischen Zwecke zu nutzen – ähnlich wie es jetzt Russland mit seinem Öl und Gas mache. Und dann schnellen Preise für Arzneien natürlich extrem nach oben, genauso wie jetzt für die Energie.