Es ist eine von vielen Ideen im Kampf gegen den nicht etwa drohenden, sondern teilweise durchaus schon vorhandenen Verkehrskollaps in Erkner. Man muss sich nur einmal umschauen: Schulkinder und Fahrradfahrer konkurrieren mit Lastwagen und Pkws um den wenigen Platz in der Stadt zwischen zwei Seen. Im Berufsverkehr geht zuweilen kaum noch etwas. Die Unfallgefahr ist hoch, die Belastung mit Abgasen ebenfalls.
Jetzt baut Berlin in Rahnsdorf ganz in der Nähe auch noch ein neues Quartier mit 600 Wohnungen, und nächstes Jahr kommt wohl Tesla ins wenige Kilometer entfernte Grünheide. "Das wird die Probleme noch verschärfen", sagt die bündnisgrüne Lokalpolitikerin Erdmute Scheufele. "Aber vielleicht ist die Ansiedlung  auch ein Motor dafür, das jetzt Projekte umgesetzt werden", schiebt sie hinterher. Um auf Probleme aufmerksam zu machen und Chancen auszuloten, hat Erdmute Scheufele am Freitag zu einem Stadtspaziergang eingeladen. Mit dabei ist ihre Parteikollegin aus dem Europaparlament, Ska Keller. Natürlich könne die EU mit Fördermitteln für die Umsetzung neuer Mobilitätskonzepte helfen, sagt sie. Aber die Hauptarbeit müsse in den verschiedenen Ebenen darunter geleistet werden.
Das sieht auch Clemens Wolter so, im Erkneraner Rathaus für Bauen und Stadtplanung zuständig. "Es ist keine Frage des Geldes oder des Personals, ob es vorangeht. Es ist eine Frage des Bewusstseins", ruft er in den Verkehrslärm. "Wenn wir etwas verändern wollen, müssen wir jetzt anfangen, auch wenn die Umsetzung lange dauern könnte."
Wolter wird konkret. Der Bahn müsste man Grundstücke in Bahnsteignähe abkaufen, um dort überdachte und möglichst diebstahlsichere Fahrradständer zu bauen. Die Tram von Woltersdorf könnte nach Erkner verlängert werden. Der Busverkehr müsse so verbessert werden, dass Pendler vom Bahnhof ohne Auto nach Hause in ihre Dörfer gelangen. Denn der Pendlerparkplatz ist meist überfüllt und nicht mehr erweiterbar. Zwei Fahrradbrücken schweben Wolter noch vor, damit der Verkehr fließt. Und natürlich sei das alles dann doch eine Geldfrage.
Aber da ist auch ein heikler Punkt: In der Hauptdurchgangsstraße müssten über kurz oder lang etliche Parkplätze am Straßenrand verschwinden, um Fußgängern und Radfahrern mehr Raum zu geben. Und dagegen gebe es im Ort großen Widerstand.
An dieser Stelle wird es politisch. Deshalb hebt Clemens Wolter entschuldigend die Hände: "Ich bin nur der Mann aus der Praxis." Ska Keller findet selbstverständlich, dass man sich von dem auf das Auto fixierten Denken verabschieden sollte, wenngleich ihr klar sei, dass ein Wagen im ländlichen Brandenburg oft weiterhin nötig sei. Deshalb begrüße sie auch die Tesla-Ansiedlung. Erdmute Scheufele sagt mit Verweis auf die sich vorbeischiebenden Fahrzeugkolonnen: "Die Lage spitzt sich zu. Wir brauchen die Verkehrswende."
Enormer Zeitdruck
In den Augen von Anja Hähnel, Landeschefin des Verkehrsclubs VDC, werden die Kommunen rund um das künftige Tesla-Werk bislang ziemlich allein gelassen. Sie rät den Verantwortlichen vor Ort zu Selbstbewusstsein in den Verhandlungen mit anderen Akteuren, auch mit Tesla. "Der Zeitdruck ist enorm. Aber Sie müssen sich nicht vorhalten lassen, verschnarcht zu sein. Gute Planung dauert eben etwas", sagt sie während des Rundgangs.
Sie selbst habe Tesla-Vertreter in Gesprächen über die künftige Verkehrssituation rund um Grünheide längst nicht so aufgeschlossen erlebt, wie es vielleicht dem Selbstbild des Unternehmens entspricht. "Wenn ich Tesla nach dem Mobilitätsmanagement für das Werk frage, kommt bislang nicht viel." Dabei sollen dort in gut einem Jahr schon die ersten Autos vom Band laufen. Ihr Eindruck sei, dass Tesla auch für sich selbst die Verkehrsproblematik rund um das Werk noch gar nicht erkenne, sagt Anja Hähnel.