Die Taten sollen sich während des Unterrichts im Klassenraum, in der Pause auf dem Schulhof, im Lehrer-Umkleideraum und während des Sportunterrichts ereignet haben. Am Mittwoch (24. Mai) wurde zum Prozessbeginn am Landgericht Frankfurt (Oder) die Anklageschrift verlesen. Demnach begann der Missbrauch im August 2018. Der Angeklagte, Mitte 50 und Lehrer für Sport und Mathematik an einer Grundschule in Strausberg, soll insgesamt vier Mädchen wiederholt sexuell missbraucht haben.
Die letzte Tat soll sich Ende März 2022 ereignet haben. Ein zunehmend verschlossenes Mädchen hatte sich zu dem Zeitpunkt seiner Mutter offenbart, die umgehend Anzeige erstattete. Der Lehrer wurde daraufhin von seinen Aufgaben entbunden. Mit der Anklageerhebung ein Jahr später, Anfang März 2023, erging gegen ihn ein vom Gericht verfügtes vorläufiges Berufsverbot.

Angeklagter beteuert seine Unschuld

Der Angeklagte beteuert seine Unschuld. „Die Vorwürfe werden mit deutlicher Vehemenz bestritten. Für uns kommt nur ein Freispruch in Betracht“, ließ er in der Gerichtsverhandlung über seine Anwältin Galina Rolnik mitteilen. Sie kündigte an, dass ihr Mandant im Prozessverlauf nach der Vernehmung eines jeden Kindes eine Erklärung abgeben werde, wie er die Dinge sieht.
Es sind schwere Vorwürfe, die Staatsanwalt Marc Urban vorträgt. Zunächst soll der Klassenlehrer eine damals neun Jahre alte Schülerin auf seinen Schoß gezogen, unter ihr T-Shirt gefasst und ihren Bauch gestreichelt haben, obwohl dies dem Kind sichtlich unangenehm gewesen sei. Ähnliches soll dann auf dem Schulhof passiert sein.

Eine Schülerin soll er im Unterricht unsittlich berührt haben

Im Sommer 2020 soll er während des Unterrichts eine Schülerin der Klasse unsittlich berührt haben, nachdem diese eine Frage gestellt hatte und er sie beantwortete. Ein Schüler soll ihn aufgefordert haben, das Mädchen in Ruhe zu lassen. Daraufhin soll der Lehrer den Kopf des Jungen zur Seite gedrückt und dem Mädchen zugeflüstert haben, dass sie es „niemandem erzählen“ solle. An einem anderen Tag soll er jenen Jungen heftig am Nacken gepackt haben, weshalb auch ein Fall von Körperverletzung angeklagt ist.
Die Intensität der Übergriffe soll laut Staatsanwaltschaft über die Zeit zugenommen haben. In mehreren Fällen habe er demnach seinen Opfern unter das T-Shirt gefasst und minutenlang ihre kindlichen Brüste geknetet, um sich zu erregen. Beim Geräteturnen soll er Mädchen am Po angefasst haben. Insgesamt kommt die Anklageschrift auf 29 Taten.

Anklageschrift kommt insgesamt auf 29 Taten

Die Kammer um den Vorsitzenden Richter Sören Schrade hatte dem Angeklagten vor Prozessbeginn einen sogenannten Deal angeboten. Legt er ein umfassendes Geständnis ab und erspart damit den Kindern unter Umständen die Aussagen vor Gericht, könne er mit einer Strafe von maximal vier Jahren und drei Monaten Haft rechnen. Das Angebot lehnten jedoch der Angeklagte und die Staatsanwaltschaft ab. Der Anklagebehörde erscheint dieser Strafrahmen für die dem Familienvater zur Last gelegten Taten als zu gering.
Nach Verlesung der Anklageschrift wurde die Öffentlichkeit zunächst ausgeschlossen, und zwar für die Vorführung von drei Videovernehmungen der Kinder durch die Polizei. Auch der nächste Verhandlungstag am Freitag (26. Mai) dürfte weitgehend unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfinden, da an dem Tag Kinder und ihre Eltern als Zeugen erwartet werden.

Nebenklage-Anwalt spricht von klarer Beweislage

Viele Fragen in dem Fall sind noch völlig offen, zum Beispiel wie es über einen so langen Zeitraum zu den vorgeworfenen Taten gekommen sein kann. Sollten sich die Vorwürfe bestätigen, erscheint es auch sehr bedrückend, wie sicher sich der Mann offenbar gefühlt hat. Das wirft Fragen nach dem Klima an der Schule auf.
Übergriffe beim Fernsehen – Angeklagter muss erneut vor Gericht
Kindesmissbrauch in Strausberg
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Frankfurt (Oder)
Nebenklage-Anwalt Jens Mader, der in dem Prozess eines der Mädchen vertritt, sprach am Rande des Verfahrens von einer aus seiner Sicht klaren Beweislage zulasten des Angeklagten. Die Staatsanwaltschaft stütze sich auf viele gute Zeugen, hob er hervor. Seine Mandantin sei derzeit auch dank einer Therapie stabil, aber welche Langzeitfolgen das Erlebte für sie haben wird, sei offen. Mader sagte, dass der Lehrer 2016 neu an die Schule gekommen sei, um jene 1. Klasse zu übernehmen, in der es dann zu den vorgeworfenen Übergriffen gekommen sei.

Der Mann war in Strausberg auch Trainer in einem Sportverein

Bekannt wurde zudem, dass der Mann in Strausberg in einem Sportverein als Trainer gearbeitet hat. Er habe dort auch Kinder trainiert, aber seit Bekanntwerden der Vorwürfe nicht mehr, teilte am Mittag ein Verantwortlicher des Vereins mit. Auch im Nachhinein seien im Sportverein keine Missbrauchsvorwürfe gegen ihn laut geworden.