Auf diese Weise könnten Politiker auch ein privateres Bild von sich zeigen, erklärt die Kommunikationswissenschaftlerin. Und diese Möglichkeit nutzen sie freilich auch im Wahlkampf. Es sei schon vorgekommen, dass Spitzenkandidaten ihren Wahlkampf mit Fotos in Badehose auf Facebook gestartet haben, erzählt Klinger.
Ganz so freizügig präsentiert sich Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke auf seinen Social-Media-Kanälen nicht. Nichtsdestotrotz zeigt sich der SPD-Spitzenkandidat zur Landtagswahl an diesem Sonntag aber auch ganz gerne mal von seiner sportlichen Seite. Erst kürzlich postete er ein Selfie in voller Fanmontur aus dem Cottbuser Stadion der Freundschaft. "Beste sportliche Wünsche für den FC Energie Cottbus! ...", kommentierte Woidke die Aufnahme vom 12. August, als die Cottbuser den FC Bayern München zum Pokal-Spiel empfingen.
Auch Linke-Spitzenkandidatin Kathrin Dannenberg ist derzeit fleißig am Posten. Im Stundentakt lädt sie Fotos vom Straßenwahlkampf mit ihrem Co-Spitzenkandidaten Sebastian Walter ins Netz. Die Facebook-Gemeinde kann die Wahlkampftour des Spitzenduos somit problemlos am Smartphone oder Tablet verfolgen. Am Donnerstag gab’s Bilder aus Oranienburg, die Dannenberg mit "Tolle Leute, tolle Gespräche" übertitelte. "... Besonders gefreut hat es mich, dass Vertreter von Fridays for Future die Gelegenheit genutzt haben, um mit uns über Klimaschutz zu sprechen!"
Traditionell ist der Klimaschutz ja eigentlich das Thema der Grünen. Und so wundert es nicht, dass Brandenburgs Spitzenkandidatin Ursula Nonnemacher auf ihrer Wahlkampftour auch gleich die Gelegenheit nutzt, um fleißig Unterschriften für die beiden aktuellen Volksinitiativen zum Artenschutz und zur Verkehrswende zu sammeln – und Fotos vom Erfolg postet. Co-Spitzenkandidat Benjamin Raschke, der am Donnerstag Station in Cottbus machte, nutzte den Besuch in einem alternativen Biergarten, um sich bei rund 30 Grad ein bisschen abzukühlen. "... Jetzt müssen wir weiter, aber nach der Wahl kommen wir wieder", kommentierte der Grüne ein Foto mit einem Augenzwinkern.
CDU-Spitzenkandidat Ingo Senftleben geht die Sache eher konservativ an. Regelmäßig postet er Fotos von sich – trotz größter Hitze in Schlips und Kragen. Man sieht ihn zu Besuch im Seniorenheim, bei der Freiwilligen Feuerwehr oder beim Heidebergturmfest in Gröden.
Auch AfD-Spitzenkandidat Andreas Kalbitz zeigt sich im Wahlkampf auf seinem Facebook-Profil lieber von seiner konservativen Seite. Auf Persönliches verzichtet er weitestgehend.
Hans-Peter Goetz, der für die FDP an der Spitze des Wahlkampfs steht, zeigt sich auf seinen Social-Media-Kanälen ganz gerne auch mal witzig. Am Donnerstag postete er das Fotos eines Wahlkampfbriefes, in dem seine Partei die Wähler zu einem "Aufstand der Vernunft" auffordert. Goetz’ Kommentar dazu: "Ich habe Post von mir bekommen. Und ich finde, ich habe Recht! ..."
Selbstverständlich ist auch der Spitzenkandidat der Freien Wähler, Péter Vida, derzeit viel in eigener Sache im Land unterwegs – für manchen Geschmack offenbar etwas überengagiert. So kommentierte ein Facebook-Nutzer jüngst eine Straßenaktion der Freien Wähler mit folgenden Worten: "Hallo Herr Vida, bei mir gehen leider Sympathiepunkte für Ihren Wahlkampf verloren, wenn (...) Sie wieder mit Ihren Wahlhelfern auf der Europakreuzung zwischen den Autos umherspringen und den an der Ampel wartenden Autofahrern Ihre Wahlwerbung anbieten."
Nicht immer bleiben die Kommentatoren bei ihrer Kritik so freundlich. Immer öfter sehen sich auch Politiker mit Hassbotschaften im Netz konfrontiert. "Hate Speech mehrt sich", weiß auch SPD-Sprecherin Katrin Molkentin. Vor Kurzem hatte die SPD eine Plakatkampagne gestartet, die sich direkt gegen eine Wahlwerbung der AfD mit dem verstorbenen Ex-Bundeskanzler Willy Brandt (SPD) richtet. Das Plakat der AfD zeigt ein Bild von Brandt mit seinem bekannten Ausspruch "Mehr Demokratie wagen!". Dagegen setzte die SPD Plakate mit der Aufschrift "Wir wollten die Freiheit. Wir haben sie erkämpft. Sorge dafür, dass sie bleibt!" Nach einem Foto-Post gab es prompt einen Shitstorm mit mehr als 2000 Kommentaren. "Wir wurden überrannt", sagt Molkentin.