Nachdem im vergangenen Sommer die Chefetage des Rundfunk Berlin Brandenburg (RBB) mit Vorwürfen der Geldverschwendung, Vetternwirtschaft und exorbitanten Ruhegehältern Schlagzeilen machte, starteten die Rechnungshöfe von Berlin und Brandenburg im Oktober Prüfungen zum Umgang mit den Gebühren und zur Wirksamkeit der Kontrollorgane. In dieser Woche wurden die vorläufigen Ergebnisse an die RBB-Gremien und die Senatskanzlei in Berlin und die Staatskanzlei in Potsdam gesandt.
Zu den Kernaussagen gehört die Forderung einer Deckelung der Spitzengehälter des öffentlich-rechtlichen Senders. Da es sich um kein Unternehmen der freien Wirtschaft handelt und ein unternehmerisches Risiko nicht besteht, gebe es keinen Grund Gehälter zu zahlen, die denjenigen der Minister der Landesregierungen übersteigen. Das bedeutet eine Deckelung bei einem Jahresgehalt von rund 180.000 Euro brutto.

Gehaltsgefüge der gesamten Mitarbeiterschaft steht infrage

Die nach den Skandalen entlassene Intendantin Patricia Schlesinger hatte ein Grundgehalt von rund 300.000 Euro im Jahr plus Boni von 50.000 Euro und weitere Extras. Die Präsidentin des Berliner Rechnungshofes, Karin Klingen, begrüßte, dass der neugewählte Verwaltungsrat bei der aktuellen Intendantenwahl sich schon an diesen Empfehlungen für das künftige Gehalt orientiert. Allerdings müssten dann auch die Gehälter der Direktoren entsprechend angepasst werden, die aktuell noch bei einem Jahresgehalt von 200.000 Euro liegen.
Der Berliner Rechnungshof hatte schon in einem Bericht 2018 festgestellt, dass das gesamte Gehaltsgefüge im Sender sich zu weit von anderen Bereichen des Öffentlichen Dienstes entfernt habe und eine Anpassung nach unten angemahnt. Vonseiten der Politik gab es damals entsprechenden Applaus, passiert ist jedoch nichts.
Wie der Berliner Rechnungshof bei der aktuellen Prüfung des Zeitraumes 2017 bis 2021 feststellte, lebte der RBB ständig über seine Verhältnisse. Sehenden Auges steuerte man auf Liquiditätsprobleme zu, ohne ausreichende Sparmaßnahmen ins Auge zu fassen, erklärte Klingen. Stichproben bei Beratungsleistungen ergaben, dass diese von einigen Funktionsträgern eigenhändig, ohne Preisvergleiche und abrechenbare Kriterien vergeben wurden.

Stichproben gaben erschreckendes Bild

Auch bei der Kreditaufnahme für das letztlich gestoppte Digitale Medienhaus gab es keinerlei Transparenz, auch nicht als sich die Kosten von 135 Millionen auf 185 Millionen steigerten. Offensichtlich hatte die Intendanz auch keine Modelle für Zinszahlungen und Tilgung der Kredite erarbeiten lassen. Laut Rechnungshofpräsidentin stießen die Prüfer auf eine „chaotische Organisation und fehlende Akten“.
Der brandenburgische Rechnungshof konzentrierte sich auf die Arbeit des Rundfunkrates und des Verwaltungsrates. Letzterer sollte nach den Vorschlägen der Prüfer im künftigen Rundfunkstaatsvertrag zwischen Berlin und Brandenburg wesentlich gestärkt werden. Dazu gehört, dass eines der acht Mitglieder die Befähigung zum Richteramt mitbringen soll und zusätzlich Kenntnisse als Wirtschaftsprüfer vorweisen muss. Statt alle zwei Monate sollte der Verwaltungsrat monatlich tagen und eine Vergütung für eine Tätigkeit im Nebenamt – für 40 Stunden im Monat bis zu 3000 Euro – erhalten. Dafür soll die Teilnahme an den Sitzungen verpflichtend sein und unentschuldigtes Fehlen sanktioniert werden.
Sitzungen müssten demnach zwei Wochen vorher angekündigt und die entsprechenden Vorlagen rechtzeitig verschickt werden, sodass man sich damit vorher beschäftigen kann. Der Verwaltungsrat sollte außerdem bei der Wahl des Intendanten mitreden können und anstelle des Rundfunkrates den Jahresbericht feststellen und die Abschlussprüfer bestimmen, statt des Intendanten.

Parteifunktionäre sollten nicht beim Fernsehprogramm mitreden

Brandenburgs Rechnungshofpräsident Christoph Weiser sprach sich dafür aus, in den künftigen Staatsvertrag eine Inkompatibilitätsklausel für die Mitglieder des Rundfunkrates aufzunehmen. Demnach sollten Funktionsträger von Parteien und Fraktionen nicht Mitglied im Rundfunkrat werden dürfen. Als Beispiel nannte er den jetzigen Berlin SPD-Fraktionschef Raed Saleh, der dem aktuellen Kontrollgremium angehört. Auch das Rundfunkratsmitglied Erik Stohn hätte danach zu seiner Zeit als SPD-Fraktionsvorsitzender im Brandenburger Landtag nicht Mitglied im Rundfunkrat sein können, so Weiser.
Wann der neue Rundfunkstaatsvertrag, eventuell mit den entsprechenden Vorschlägen der Rechnungshöfe vorliegt, ist offen. Eventuell könnten sich die Parlamente im kommenden Frühjahr damit beschäftigen. Es besteht jedoch auch die Gefahr, dass das nicht mehr vor der Landtagswahl im September 2024 gelingt. Auf die Zusammensetzung von Verwaltungsrat und Rundfunkrat, die im März neu gewählt wurden, haben die Änderungen keine Auswirkungen mehr.

Aus vier mach einen – spannende Intendanten-Wahl in einer Woche

Der Rundfunkrat wird am Freitag (16. Juni) einen neuen Intendanten oder eine Intendantin wählen. In dieser Woche stellten sich vier Kandidaten vor. Im Rennen sind demnach die frühere stellvertretende Regierungssprecherin Ulrike Demmer (50), die Chefredakteurin Digitales von ARD-aktuell, Juliane Leopold (40), die frühere Vodafone-Managerin Heide Baumann (50) und der Programmdirektor von Radio Bremen, Jan Weyrauch (55).
Weyrauch war erst kurzfristig wieder auf die Liste gesetzt worden. Er war aussortiert worden, weil seine Gehaltsforderung zunächst über der vom Verwaltungsrat vorgegebenen Höchstgrenze gelegen haben soll. Verwaltungsratschef Benjamin Ehlers hatte in dieser Woche von einer Spannbreite zwischen 180.000 und 230.000 Euro Jahresgehalt gesprochen, die angestrebt wird. Personalvertreter in der Findungskommission hatten sich dafür starkgemacht, Weyrauch trotzdem zur Wahl zuzulassen.
In der Sitzung des Rundfunkrates zur Anhörung der Kandidaten war dann auch das endgültige Aus für die aktuelle Intendantin Katrin Vernau besiegelt worden. Sie hatte sich nicht offiziell beworben, aber signalisiert, dass sie gern weitermachen würde. Als sie aus den Reihen des Rundfunkrates auf die Liste gesetzt werden sollte, sprach sich das Gremium hinter geschlossenen Türen mehrheitlich dagegen aus. Vernau war im vergangenen Herbst als Nachfolgerin der entlassenen Patricia Schlesinger gewählt worden. Sie hat ein Rückkehrrecht zum WDR und verdient aktuell 295.000 Euro im Jahr.