UPDATE 29. Dezember: Polen hebt die Mehrwertsteuer 2023 an. Jetzt noch schnell Benzin und Diesel im Nachbarland tanken?
Für viele Autofahrer aus der Grenzregion ist es schon fast Teil der Lebensart: Fix über die Grenze fahren und beim Tanken in Polen bares Geld sparen. Im Laufe des extrem teuren Tankjahres 2022, in dem die Kraftstoffpreise hierzulande zeitweise über 2 Euro pro Liter kletterten, kostete der Liter in Polen zum Teil über 45 Cent weniger als in Deutschland. Doch die goldenen Zeiten des Tanktourismus scheinen ihrem Ende entgegenzugehen.
Während in Brandenburg ein Liter Benzin oder Diesel wieder für deutlich unter zwei Euro zu haben ist, blieben die Kraftstoffpreise in Polen in den letzten Wochen auf einem stabilen Niveau – so fiel die Ersparnis zunehmend geringer aus. Bis zu welcher Anfahrtsstrecke lohnt es sich aktuell noch, jenseits der Grenze zu tanken?
Benzin kostet in Polen 28 Cent weniger
Fahrer eines Benziners können nach wie vor merklich sparen, wenn sie ihr Auto in Polen auftanken. Hier wurden für den Liter Superbenzin am Freitagvormittag (16. Dezember) nur 6,69 Złoty (1,44 Euro) verlangt – eine Ersparnis von 28 Cent pro Liter gegenüber den Frankfurter Tankstellen, wo der Liter Superbenzin mindestens 1,72 Euro kostete. Ende November betrug die Differenz allerdings noch 38 Cent. Wer 50 Liter Super tankt, spart also derzeit 14 Euro.
Anfahrtsweg nach Polen ist beim Tanken entscheidend
Je größer und leerer der Tank des Autos, desto eher lohnt die Überfahrt. Jene kann aktuell nur Sparfüchsen aus der Grenzregion wirklich empfohlen werden: Selbst wer zur nächsten polnischen Tankstelle hin und zurück nur jeweils 30 Kilometer zurücklegt, verfährt bereits die Hälfte der Ersparnis, wenn er 50 Liter Super in Polen tankt und sein Fahrzeug um die sieben Liter auf 100 Kilometer verbraucht. Wird zusätzlich noch ein 20-Liter-Kanister vollgetankt, beträgt die Gesamtersparnis etwa 20 Euro. Doch auch hier darf die An- und Abfahrt jeweils 42 Kilometer nicht überschreiten, wenn man bei einem Durchschnittsverbrauch von sieben Litern nicht mehr als die Hälfte der Ersparnis direkt wieder verfahren will.
Das teure Premium-Benzin Super-Plus war in Słubice schon ab 7,68 Złoty (1,66 Euro) pro Liter zu haben. Das am Freitagvormittag in Frankfurt (Oder) ab 1,66 Euro pro Liter erhältliche, bei vielen Autofahrern aber nicht sehr beliebte E10-Benzin wird in Polen nicht angeboten. Kurzum: Für Fahrer eines Benziners, die kurz hinter der Grenze wohnen oder arbeiten, kann das Tanken in Polen durchaus noch lohnenswert sein – zumindest bis Ende des Jahres.
Diesel-Fahrer sparen kaum noch beim Tanken
Wessen Auto Diesel benötigt, sollte sehr genau überlegen, ob die Ersparnis von ein Paar Groszy, beziehungsweise Cent pro Litern, die Anfahrt und ihre Kosten aufwiegt. Diesel war am Freitagvormittag in Polen ab 7,69 Złoty (1,66 Euro) zu haben – die Ersparnis pro Liter beträgt immerhin wieder zwölf Cent. Zum gleichen Zeitpunkt kostete nämlich Diesel in der Kleiststadt ab 1,78 Euro pro Liter. In der Vorwoche war der Liter Diesel sogar nur acht Cent teurer als in Słubice. Diesel bleibt damit in Polen deutlich teurer als Benzin, während sich die beiden Kraftstoffarten in Deutschland preislich einander annähern. Diesel-Fahrer, die weiter als den sprichwörtlichen Katzensprung zur nächsten Zapfsäule östlich der Oder fahren müssten, sparen sich die Anfahrt lieber. Es lohnt zurzeit einfach kaum.
Polen muss Mehrwertsteuer auf Treibstoffe ab 1. Januar wieder anheben
2023 könnten die Spritpreise in Polen sogar nah an das deutsche Niveau heranrücken. Möglicherweise steigen sie um 20 bis 25 Cent pro Liter, denn Polen hat dem Druck der EU nachgegeben und muss nach Angaben der polnischen Steuerplattform pit.pl zum 1. Januar 2023 wieder den regulären Mehrwertsteuersatz von 23 Prozent auf Treibstoffe erheben. Er war im Rahmen des polnischen „Inflationsschutzschildes“ auf acht Prozent abgesenkt worden. Damit soll mit dem Jahreswechsel Schluss sein. „Wir müssen auf Kraftstoffe wieder den höheren Mehrwertsteuersatz anwenden“, sagte Jacek Sasin, Minister für Staatsvermögen, bereits am 20. November im polnischen Radio.
Ende des Tanktourismus?
Es ist also fraglich, ob Treibstoffe in Polen im neuen Jahr überhaupt noch merklich günstiger sein werden als in Deutschland. Wenn nicht, werden deutsche Tankstellenbetreiber im Grenzgebiet bestimmt aufatmen. Für die unzähligen Tankstellen in Polen kurz hinter der Grenze könnten hingegen schwierigere Zeiten anbrechen. Wer seinen Tankausflug ins Nachbarland maximal ausnutzen möchte, sollte das also noch bis Ende des Jahres tun, einen Benziner fahren und einen Kanister mit über die Grenze nehmen. Neben dem Tankinhalt ist die Einfuhr von weiteren 20 Litern Kraftstoff einer Sorte aus Polen nach Deutschland erlaubt.
Spritpreise in Deutschland steigen wieder
Laut einer am Mittwoch veröffentlichten Erhebung des ADAC steigen die Preise für Benzin und Diesel in Deutschland nach dem Preisabfall in den vergangenen Wochen vor Weihnachten wieder. Dieser Auswertung zufolge stiegen die Preise für Diesel im bundesweiten Durchschnitt auf 1,804 Euro pro Liter – drei Cent mehr als in der Vorwoche. E10-Benzin bleibt mit einem Plus von 0,8 Cent auf 1,661 Euro preislich konstant. Treibstoffe sind trotz der leichten Preiserhöhung deutlich günstiger als in den Monaten nach Ausbruch des Ukrainekrieges.
Dies liege hauptsächlich an den gesunkenen Rohölpreisen. Zudem habe sich der Wettbewerb am Kraftstoffmarkt wieder intensiviert. Trotzdem bleibe 2022 das „teuerste Tankjahr aller Zeiten“, so der ADAC. Brandenburg und Berlin zählen laut des Automobilclubs sogar zu den Bundesländern mit vergleichsweise günstigen Spritpreisen. Die Hauptstadt habe im November sogar im Schnitt den niedrigsten Dieselpreis aller Bundesländer aufgewiesen.
Der ADAC empfiehlt, die Preise an verschiedenen Tankstellen zu vergleichen. Wer kann, solle außerdem am besten zwischen 18 und 19 Uhr oder zwischen 20 und 22 Uhr tanken. Der aktuellen Untersuchung zufolge können Verbraucher so rund zwölf Cent gegenüber den Morgenstunden sparen. Es wird zudem dazu geraten, neuere Benziner (ab Baujahr 2010) an deutschen Tankstellen mit dem fünf bis acht Cent günstigeren E10-Benzin zu betanken.
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