Während in Brandenburg die Preise für Benzin und Diesel nach dem Ende des Tankrabatts kräftig angezogen haben, lässt die Regierung in Polen ihr sogenanntes Anti-Inflationsschild weiterlaufen. Damit gilt auch weiter die gesenkte Mehrwertsteuer auf Kraftstoffe.
Statt 23 Prozent beträgt diese seit dem 1. Februar nur acht Prozent. Auch bei der Akzise auf Benzin (eine indirekte Verbrauchssteuer) bleibt es bei den niedrigeren Sätzen, die bereits seit Dezember 2021 gelten. Die Einzelhandelssteuer (zwischen 0,8 und 1,4 Prozent) bleibt auf Benzin und Diesel an den Tankstellen komplett ausgesetzt.
Auch andere wichtige Güter werden weiterhin mit vergünstigtem Mehrwertsteuersatz verkauft. Bei einer Reihe von Lebensmitteln und Erdgas wurde sie sogar auf null Prozent gesetzt, während die Steuer auf Strom und Heizenergie derzeit nur acht Prozent beträgt.
Im August Inflation in Polen auf Rekordhoch
Als all diese Maßnahmen zur Bekämpfung der Inflation Ende 2021 Anfang 2022 beschlossen wurden, sollten sie bis Ende Mai laufen. Dann wurden sie verlängert, im Juni hieß es noch, bis Ende Oktober. Aber die Inflation galoppiert weiter. Im August erreichte sie in Polen den Rekordwert von 16,1 Prozent. Wobei am meisten die Energie- und Lebensmittelpreise anzogen. In Deutschland war sie im letzten Monat gerade einmal halb so hoch.
Also beschloss das Regierungskabinett vor einigen Wochen, die gesenkten Steuersätze bis Ende des Jahres zu verlängern. Schließlich steigen mit der Inflation allgemein auch die Steuereinnahmen.
Offiziell gelten die günstigen Steuersätze bis Ende des Jahres
Ob die PiS-Regierung die Steuern Anfang 2023 wieder hochfährt? Tatsächlich ist das Anti-Inflationsschild im gerade verabschiedeten Haushalt der Rzeczpospolita für 2023 nicht enthalten. Doch das ist womöglich ein Kunstgriff.
Denn 2023 ist Wahljahr in Polen, das Parlament Sejm wird im Herbst neu gewählt, und die Steuersätze dann wieder hochzuschrauben, erscheint wie politischer Selbstmord und überhaupt nicht typisch PiS. Polnische Wirtschaftsexperten werfen der rechtsnationalen Regierung daher im Hinblick auf den Haushaltsbeschluss vor, die Staatsverschuldung zu verschleiern, in sie die Einnahmen für das kommende Jahr wieder mit den höheren Steuersätzen kalkuliert.
Zum anderen schöpft die Regierung für immer mehr Ausgaben aus Fonds und Sondervermögen außerhalb des regulären Haushalts, über die das Parlament keine Kontrolle hat. 30 bis 40 Milliarden Złoty (6,4 bis 8,5 Milliarden Euro) könnte das am Ende womöglich über den 1. Januar hinaus weiterlaufende Anti-Inflationsschild, darin die Benzinpreisbremsen, dem polnischen Defizit hinzufügen – ein enormer Betrag, setzt man ihn ins Verhältnis zur offiziell im Haushalt vorgesehenen – und ohne verlängerte Mehrwertsteuersenkung gerechneten – Verschuldung im kommenden: 65 Milliarden Złoty.
Preisunterschied für Liter Benzin bei 55 Cent
Während die Polinnen und Polen solange zwar günstiger tanken können, dadurch aber ihren Staat verschulden, profitieren die Berliner und Brandenburger am meisten vom polnischen Benzinrabatt. Der Preisunterschied zwischen brandenburgischen und polnischen Tankstellen wird wohl eher nicht kleiner werden. 1,93 Euro kostete der Liter Benzin am Freitagvormittag zum Beispiel in Frankfurt (Oder). Zwei Kilometer in Słubice lag der Preis bei rund 1,38 Euro (6,51 Złoty) – zu sparen sind also aktuell 55 Cent je Liter. Beim Diesel ist der Preisunterschied leicht geringer: 41 Cent. 1,61 Euro (7,59 Złoty) kostete der Liter in Słubice, 2,02 Euro in Frankfurt (Oder).