Am Ende dann „Der Mond ist aufgegangen“, der Wald rund um die Waldbühne in Berlin steht tatsächlich schwarz und schweigend, und unzählige Handy-Sterne funkeln im ausverkauften Amphitheater-Rund. 22.000 Gäste zweimal hintereinander am Montag und Dienstag Abend, das toppt sogar die 40.000 in Leipzig vom Wochenende.
Bevor am Freitag das Tour-Finale in Gelsenkirchen in der Schalke-Arena steigt, gibt Herbert Grönemeyer in Berlin noch einmal alles. Zwei Stunden Konzert, eine Stunde Zugaben, lautet die beeindruckende Bilanz, und dem Sänger merkt man die Strapazen der zurückliegenden Konzerte nur an der ungewohnt heiseren Stimme an.
„Wahnsinn!“, „Klasse!“, jubelt der Sänger immer wieder, grüßt „Guten Abend, Berlin. Guten Abend, Zuhause“ in die Runde, stoßt seinen berühmten kieksenden Raubvogelschrei aus und hüpft in schwarzer Hose und bald völlig durchgeschwitztem hellbraunen Blouson so unermüdlich über die Bühne, dass das Konzert streckenweise einer Sportveranstaltung gleicht.
Die Waldbühnen-Stimmung ist unvergleichlich
Und auch wenn das Programm wenig Neues gegenüber dem letzten Konzert in der Mercedes-Benz-Arena im Mai bietet, einen soliden Mix aus neuen Songs wie „Tau“, „Angstfrei“ oder „Eine Tonne Blei“ vom neuen Album „Das ist los“ und den geschätzten Klassikern wie „Bochum“, „Männer“, „Flugzeuge im Bauch“ oder „Mensch“ – die Stimmung in der Waldbühne ist, wie immer unvergleichlich, wenn die Sonne langsam untergeht und die Show mit Bühnennebel und Videos ihren Zauber entfaltet.
Dass das hier ein großes Gemeinschaftserlebnis der Generation 40plus ist, beschwört auch der 67-jährige Sänger immer wieder, wenn er für Verständnis für jugendliche Klimaaktivisten wirbt, „Kinder an die Macht“ intoniert und bei „Der Schlüssel“ an Geflüchtete erinnert, denen nichts als ein Schlüssel aus ihrem früheren Leben geblieben ist. Gerade hat er von sich reden gemacht, als er gemeinsam mit anderen Prominenten einen offenen Brief gegen die Asylpolitik der Bundesregierung unterzeichnet hat.
Ob der Konsens in politischen Fragen unter den 22.000 Anwesenden tatsächlich so groß ist, mag dahingestellt bleiben. Auf die Musik und die Sympathie mit dem idealistischen Weltverbesserer können sich alle einigen. Und so gemeinschaftlich, wie das Rund textsicher „Was soll das?“ oder „Zeit, dass sich was dreht“ mitsingt, klatscht, winkt, VfL-Bochum-Schals schwenkt oder im Walzertakt mitschwingt, so still kann es werden, wenn bei den Meisterstücken „Mensch“ oder „Der Weg“ der Musiker am Klavier zur Ruhe kommt. Da hat jemand die Dramaturgie fest in der Hand, und notfalls wird die Vorbühne kräftig zum Lauter-Singen animiert.
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Überhaupt, das Klavier: Lässt sich problemlos in die Bühne klappen, und taucht wieder aus der Versenkung auf, wenn der Abend mit dem dritten Zugabenblock in die Schlussrunde geht. Das gnadenlose Waldbühnen-Management, das um halb elf die Flutlichter an und die Bühnenelektrik abschaltet, verhindert die fünf weiteren Zugaben, die der sichtlich in Schwung und Stimmung gekommene Meister bestimmt noch gegeben hätte. Klasse Abend, Herbert. Gute Nacht, Zuhause.
Setlist von Herbert Grönemeyer in der Waldbühne Berlin
Die Setlist vom Grönemeyer-Konzert am 5. Juni in der Waldbühne Berlin war besonders lang. Als Rausschmeißer sang Grönemeyer „Moccaaugen“ aus dem Jahr 1983.
Die Setlist vom 5.6.2023 in der Waldbühne Berlin:
Tau
Das ist los
Bist du da
Sekundenglück
Kopf hoch, tanzen
Steigerlied
Bochum
Männer
Was soll das
Vollmond
Eine Tonne Blei
Der Schlüssel
Doppelherz / Iki Gönlüm
Musik nur, wenn sie laut ist
Oh Oh Oh
Herzhaft
Der Weg
Behutsam
Kinder an die Macht
Deine Hand
Mensch
Alkohol
Angstfrei
Bleibt alles anders
Zugabe:
Turmhoch
Flugzeuge im Bauch
Zeit, dass sich was dreht
Zugabe 2
Urverlust
Halt mich
Demo (Letzter Tag)
Zugabe 3:
Mein Lebensstrahlen
Land unter
Mambo
Morgen
Immerfort
Einmal nur in unserem Leben
Der Mond ist aufgegangen
Moccaaugen
Den Abschluss der aktuellen Tour von Herbert Grönemeyer mit insgesamt 16 Konzerten bildet die Show am 9. Juni 2023 in der Veltins-Arena in Gelsenkirchen.