Es dauert nur wenige Klicks – und schon hat man einen neuen Stromanbieter. Der viel billiger ist. Einem Vergleichsportal sei Dank. Zwei von drei Deutschen nutzen solche Internetseiten, die versprechen, den Tarifdschungel zu lichten, um dem Verbraucher das passende Angebot zu präsentieren – bei Strom und Gas genauso wie bei Versicherungen oder Hotelzimmern.
Unangenehm nur, wenn sich das vermeintliche Schnäppchen als Reinfall herausstellt. Wie bei der BEV Bayerischen Energieversorgungsgesellschaft. Die galt lange als billig. Und fiel dann plötzlich mit einer Welle von Preiserhöhungen auf. Schließlich ging BEV Ende Januar pleite. Rund 250 000 Verbraucher werden zusammen an die 80 Millionen Euro abschreiben müssen.
Verbraucherschützer geben daran auch den Vergleichsportalen die Schuld. Der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) moniert: Es sei für die Verbraucher „eine Zumutung, zu erkennen, welchem Energieversorger sie trauen können“, so Vorstand Klaus Müller. Nach Teldafax, Flexstrom und Care Energy gebe es erneut eine Insolvenz im Energiebereich. Die Internetseiten müssten endlich ihre Rankings an die Risiken anpassen. Die Portale sollten stärker berücksichtigen, ob die Anbieter „nur kurzfristig oder dauerhaft günstige Tarife anbieten“.
Und die Stiftung Warentest verweist darauf, dass BEV im Jahr mehr als zehn Millionen Euro für Verkaufs­provisionen ausgegeben habe – „viel davon dürfte an Vergleichs­portale geflossen sein“. Denn die leben fast ausschließlich von Provisionen für vermittelte Neuverträge.
Rückendeckung für die Kritik kommt jetzt vom Bundeskartellamt. Das hat in einer Untersuchung „Handlungsbedarf bei Vergleichsportalen“ ausgemacht. „Problematische Verhaltensweisen“ der Internetseiten könnten dazu führen, dass Verbraucher Entscheidungen treffen, „die sie bei vollständiger Kenntnis der Markttatsachen so nicht getroffen hätten“, heißt es in dem Papier. Was denn bedeutet, wie Kartellamtspräsident Andreas Mundt formuliert, „der Verbraucher kann sich nicht immer darauf verlassen, tatsächlich das für ihn beste Angebot auf einem Vergleichsportal zu finden“. So stünden bei den Ergebnissen der Tarifsuche teilweise nur solche Angebote ganz oben, für die das Portal Provisionen erhalte. Auch werde versucht, Verbraucher „zu einer (vor)schnellen Buchung“ auf der Seite zu veranlassen. Schließlich seien Angebote als exklusiv gekennzeichnet, obwohl sie sich so auch auf anderen Portalen finden.
Die beiden großen Vergleichsportale fühlen sich ungerecht behandelt. „Die Vorwürfe, die das Bundeskartellamt pauschal gegen Vergleichsportale erhoben hat, treffen auf Check24 nicht zu“, erklärt Sprecherin Julia Leopold. Die Rankings erfolgten streng nach mathematischen Regeln. „Der günstigste Tarif steht an erster Stelle.“ Provisionen und deren Höhe spielten für die Vergleichsergebnisse keine Rolle.
Auch Dagmar Ginzel, Sprecherin von Verivox, beklagt Pauschalurteile. Man bitte deshalb das Kartellamt, eine klare Differenzierung nach Branchen und Unternehmen vorzunehmen. Sonst sei der Imageschaden für heimische Unternehmen extrem hoch und verschaffe weniger stark regulierten ausländischen Firmen Wettbewerbsvorteile. Verivox sei in ständigem Kontakt mit Verbraucherschützern und Kartellamt, um das Angebot zu verbessern. „Wir drücken uns nicht vor der Diskussion.“ Übrigens betonen Check24 und Verivox unisono, dass man aber das Ziel der Kartellamts begrüße, Verbrauchern mehr Sicherheit bei der Nutzung von Online-Vergleichen zu geben. Ein Kritikpunkt der Kartellwächter ist auch, dass längst nicht alle Anbieter in den Vergleichen vertreten seien. So hat sich die HUK-Coburg-Versicherung im Herbst 2017 aus den Vergleichsportalen zurückzogen. Denn die seien zu teuer. Was der deutsche Marktführer bei Kfz-Versicherungen für das eigene Auto berechnen würde, erfährt man dort also nicht mehr. Daran halte man fest, sagt Sprecher Holger Brendel. Man lasse sich „gerne vergleichen, aber nicht zu jedem Preis. Deswegen verzichten wir auf teure Vergleichsportale“. Diesen Weg halte man aus Kundensicht für die bessere Lösung, weil er zu preisgünstigeren Angeboten führe.
Für vzbv-Vorstand Klaus Müller muss die Politik „dafür Sorge tragen, dass Vergleichsportale mit großer Sorgfalt und Transparenz informieren“. Der Gesetzgeber solle die Verantwortung der Plattformen gegenüber Verbrauchern und Anbietern „umfassend und konkret definieren“. Auch das Kartellamt fordert eine härtere Hand des Staates – nämlich „behördliche Eingriffsbefugnisse“, etwa die Einsichtnahme in Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse. Im Verbraucherministerium wird das derzeit geprüft. Aber auch die EU-Kommission will europaweite Standards für die Portale durchsetzen.
Grundsätzlich aber, da sind sich Verbraucherschützer und Kartellamt einig, können Vergleichsportale nützlich sein. Stiftung Warentest etwa empfiehlt bei der Suche nach einem neuen Stromanbieter, am besten mehr als ein Vergleichs­portal zu nutzen. Auch die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen sieht Check24 oder Verivox als gute Hilfsmittel, um sich erst einmal eine Übersicht zu verschaffen  dann in das Kleingedruckte einzusteigen. Und für Kartellamtspräsident Andreas Mundt sind Internet-Vergleichsportale „ein wichtiges Werkzeug, solange sie objektive und unverfälschte Ergebnisse liefern“.