„Es waren eigentlich viele Zufälle”, sagt Jürgen Simon aus Frankfurt (Oder), der regelmäßig an internationale Hilfsorganisationen spendet. Seit Frühjahr 2022, nachdem Russland die Ukraine überfallen hat und mit seinem Krieg dort Millionen Menschen zur Flucht gen Westen treibt, steckt Simon auch große Summen in die Ukraine-Hilfe. Simon verfolgt Nachrichten, globale Verwebungen von wirtschaftlichen Abkommen und Migration in Richtung Europa. Ihn bewegten sowohl die Annexion der Krim und der Krieg im Donbass, als auch die Flüchtenden aus Syrien, derer Millionen im Libanon und der Türkei aufgenommen wurden.
Als dann im März tausende Ukrainer auf der Flucht vor dem russischen Angriffskrieg nach Frankfurt (Oder) kamen, half seine Frau am Bahnhof und berichtete ihm, was gebraucht werde, aber fehlte. Und er reagierte: bestellte Hotel-Dusch-Portionen, Masken und Saft-Quetschies für die Flüchtenden unterwegs. Er knüpfte Kontakte zur Wichern-Diakonie, zum örtlichen Edeka-Großmarkt. Und steckte selbst Geld in Hilfsaktionen.
Jürgen Simon: Plötzlich war der Krieg ganz nah
„Plötzlich war der Krieg für mich so nah”, versucht er seine Motivation zu formulieren, „die Menschen, die ankamen, erinnerten mich an mich selbst”. Er habe sich vorgestellt, was eine Flucht für ihn bedeuten würde. Und half. Der MOZ erzählt er davon, um möglichst noch mehr Menschen zu animieren. „Es ist auch ein bisschen egoistisch: Ich weiß, ich bin ein Feigling und werde nicht dahin fahren, um vor Ort zu helfen. Also wenigstens mit Spenden. Das ist doch immerhin etwas Positives. Und gibt natürlich auch mir ein gutes Gefühl.”
Simon reflektiert auch, dass es beispielsweise Syrern, teils noch viel schlimmer ergangen sein kann: der Krieg, der weite und gefährliche Weg, der teils brutale Grenzschutz an EU-Außengrenzen. Die strukturellen Unterschiede hier zwischen Geflüchteten aus der Ukraine und Geflüchteten aus anderen Regionen sieht er kritisch: „Da entsteht schon eine Zwei-Klassen-Gesellschaft.”
Gleichzeitig verfolgt er auch die Ereignisse in der Ukraine: „In meinem Arbeitszimmer sind jetzt 19 Grad. Das ist kalt mit der Zeit. Dann stelle ich mir vor, wie schwierig das Leben nun in der Ukraine sein muss, da Russland die Bevölkerung mit Angriffen auf eben diese Infrastruktur wie Wärme, Strom und Wasser terrorisiert.” Als er von der Generator-Aktion der Stadt für die Partnergemeinde Schostka hörte, überwies er eine vierstellige Summe.
Am 31. Januar schlug eine Rakete in ein Industriegebäude ein
Seit der ersten Generatoren-Lieferung, die die Stadtverwaltungen der Doppelstadt Frankfurt (Oder) Słubice im Dezember 2022 verwirklichen konnte, wurden im Kooperationszentrum dann weiter Ideen und Gelder gesammelt. Aktuell sind wieder mehr als 10.000 Euro zusammengekommen, davon werden leistungsstarke Generatoren in die nordostukrainische Partnerstadt geschickt werden.
Aus Słubice kommt ein anonym gespendeter kleinerer Generator dazu, außerdem aufladbare, akkubetriebene Tischlampen, die für die stundenlangen Stromausfälle der gesamten Bevölkerung nützen. Erstmals unterstützt auch die westdeutsche Partnerstadt Heilbronn die Schostka-Hilfe.
Obwohl direkter Raketenbeschuss in Schostka selten ist, schlug am 31. Januar eine Rakete in ein Industriegebäude eines staatlichen Unternehmens ein, zerstörte dort Dach, Wände und Fenster und verletzte zwei Personen, die vom Notarzt ins Krankenhaus gebracht werden mussten. Diese Informationen gab noch am selben Abend der Militärstab der Nordukraine heraus.
Vier 6,5 Kilowatt-Generatoren sind bestellt
Als aktuelle Bedarfe meldeten Stadtvertreter aus Schostka denn auch an die Doppelstadt, dass gegenwärtig vor allem leistungsstärkere Generatoren zur Energieversorgung für Infrastrukturobjekte und größere Einrichtungen gebraucht würden. Mit den gesammelten 10.200 Euro habe man nun vier 6,5-Kilowatt-Generatoren bestellt, erklärt Marta Rusek vom Kooperationszentrum Frankfurt (Oder)-Słubice. „Wir würden gern noch einen Fünften kaufen, dafür bräuchten wir aber noch ein paar hundert Euro.”
Der Transport der Spenden in die Ukraine wird wie im Dezember kostenlos erfolgen, weil die Logistikfirma Carter sie wieder in einem größeren Transport mitnehmen kann, ohne dass Extra-Kosten entstehen.
Spendenaktion von Frankfurt (Oder) und Słubice
■ Schostka ist seit 2008 Partnerstadt von Słubice, seit Sommer 2022 gibt es eine Partnerschaft mit Frankfurt. Oberbürgermeister René Wilke und Bürgermeister Mariusz Olejniczak (über Collegium Polonicum) rufen gemeinsam zum Spenden für Schostka auf:
■ Spendenkonto in Frankfurt (Oder)
Kontoinhaber: Stadt Frankfurt (Oder)
IBAN: DE42 1705 5050 1700 100498
BIC: WELADED1LOS
Verwendungszweck: Spende Schostka
■ Spendenkonto in Frankfurt (Oder)
Kontoinhaber: Stadt Frankfurt (Oder)
IBAN: DE42 1705 5050 1700 100498
BIC: WELADED1LOS
Verwendungszweck: Spende Schostka
■ Spenden bis 300 Euro können ohne Spendenbescheinigung, nur per Kontoauszug, steuerlich geltend gemacht werden. Ab 300 Euro kann man unter kooperationszentrum@frankfurt-oder.de eine Spendenbescheinigung anfordern.
■ Fragen beantwortet das Kooperationszentrum unter Tel. 0335 55285-14 und -15.
■ Fragen beantwortet das Kooperationszentrum unter Tel. 0335 55285-14 und -15.
Simon: Wenn nur jeder fünfte Frankfurter im Monat fünf Euro...
Jürgen Simon ist wieder einer der Spender, hat praktisch eine Generator finanziert. Simon arbeitet beim Brandenburgischen Staatsorchester, hat Einnahmen aus vermieteten Immobilien und kann es sich leisten. Er wünscht sich aber, dass mehr Menschen weiter mit spenden und helfen: „Und wenn nur jeder fünfte Frankfurter im Monat fünf Euro spenden würde, käme schon viel zusammen!”
Angesichts des schwierigen Kriegsverlaufs und der großen Zerstörung befürchtet er, dass die Bereitschaft nachlassen könnte: „Wie lange können wir hier alle zwei Monate 10.000 Euro sammeln? Das Spenden muss ja weitergehen, sicher bis zehn Jahre nach Kriegsende, wann immer das sein mag − auch für den Wiederaufbau. Schaffen wir das?”