Ein Wunsch aus dem Munde einer 13-Jährigen, ganz nebenbei geäußert, ist etwas ganz Normales. Die Eltern überlegen kurz, wägen ab und die Tochter bekommt ein Ja oder Nein. Das passiert jeden Tag mehrmals im Familienalltag. Doch manchmal sind die Umstände so besonders, dass eine kleine Frage alles auf den Kopf stellt.
Zuerst warf die Frage der vor anderthalb Jahren mit Leukämie erkrankten Lena ihren Vater Martin aus der Bahn. Als Martin später bei der Arbeit weinend zusammenbricht, nimmt auch Stefan, sein Freund aus Kindertagen, Anteil an der Geschichte des Mädchens. Denn das Alltagsleben der Familie Altenberg ist seit 18 Monaten aus den Fugen geraten. Erst 38 Chemotherapien, bis vor nunmehr neun Monaten eine Knochenmarktransplantation durchgeführt werden konnte.

Seit 2022 ständig in der Klinik

Seit November 2022 sind Lena und Mama Franzi ständig in der Klinik in Berlin, während Martin unter der Woche in Neuruppin die Stellung hält. Am Wochenende ist er bei Frau und Kind, pendelt täglich hin und her. Komplikationen gab es jede Woche, die Gemüter immer zwischen Panik – „Wird es jetzt ganz bedrohlich?“ – bishin zu: „Was für ein starkes Mädchen, wie sie den Klinikalltag meistert, kämpft und trotzdem auch Kind sein kann.“
Die Frage war simpel, Lena sah die Bilder von einer Disneyland-Reise ihrer Krankenschwester, bekam von ihr sogar ein Plüschtier aus Paris geschenkt. Lena, geschwächt von der Kortisontherapie und künstlicher Ernährung, weil der Magen nicht mitspielt, fragt spontan ihren Papa: „Ob wir das auch mal schaffen?“ Die Frage dreht sich nicht um Geld, um finanzielle Möglichkeiten, über diese Banalität ist diese Familie längst hinaus: Werde ich jemals ganz gesund? Werde ich endlich mal wenigstens ein Wochenende nach Hause kommen können? Einfach ganz normal und ohne Vorschriften frei entscheiden können? Lena will einfach nur zurück zu ihrer ganz normalen Mutter-Vater-Kind-Familie.
Genau deshalb bewegt diese Frage alle: Vater Martin, Freund Stefan und, seit die Geschichte in der MOZ veröffentlicht wurde, reihenweise Menschen aus Neuruppin und Umgebung. Weil die Emotionalität der Geschichte eher lähmend wirken könnte, geht der Mensch Stefan Schulz den Zusammenbruch seines Freundes pragmatisch an: „Okay, eine Reise nach Paris ins Disneyland, das machen wir möglich“. Und so ist seine Spendenaktion „Ironman für Lena“ an den materiellen Wunsch geknüpft, spiegelt aber das Herz der Mitstreiter wider, der Familie, die seit Februar 2022 tapfer kämpft und in der Klinik auch nach dem Koma funktioniert, jetzt zu zeigen: Ihr seid nicht allein, wir fühlen mit euch.

Riesige Resonanz auf Ironman-Idee

Stefan Schulz hatte vor gut drei Wochen angekündigt, dass er an diesem Sonnabend, 22. Juli, einen kompletten Ironman absolvieren und für jeden zurückgelegten Kilometer selbst einen Euro spenden wird. Gleichzeitig rief er dazu auf, ihn bei der Erfüllung für Lenas Wunsch zu unterstützen und ebenfalls für jeden Kilometer, den er zurücklegt, zu spenden. Vor zwei Jahren hatte er bei einem Ironman 1000 Euro für das Hospiz in Neuruppin erlaufen. „Da kam mir sofort die Idee, das noch einmal zu machen – und diesmal für Lena“, sagt der Triathlet. Mit der Erfahrung von 2021 und dem „Rückenwind durch den MOZ-Artikel wurden wir völlig überrollt von Menschen, die alle einen Beitrag leisten wollen“, so der Initiator.
Marvin Marienfeld, hat mit Frau Lisa und Sohn Mailo zusammen eine 20 Kilometer Spenden-Tour mit dem Rad absolviert.
Marvin Marienfeld, hat mit Frau Lisa und Sohn Mailo zusammen eine 20 Kilometer Spenden-Tour mit dem Rad absolviert.
© Foto: Jens Karraß
Der Vorsitzende seines Heimatvereins, dem Ruppiner Sportverein „Die Maulwürfe“ e.V., Marvin Marienfeld, und Marco Wiegel unterstützten ihn sofort und beschlossen, die Aktion auf allen Kanälen des Vereins voranzutreiben. So findet man auf der Homepage der Maulwürfe den zeitlichen Ablauf des Wettkampfes, Möglichkeiten zum Mitmachen und am Sonnabend sogar ein Live-Tracking, wo sich Stefan Schulz gerade auf seiner Strecke befindet. Unterstützung bekommt er von Profisportlern, die ihn beim Schwimmen und auf dem Rad begleiten werden.
„Die werden aber nicht an die Spitze fahren, das wird ein regulärer Ironman, da ist Windschattenfahren verboten“, so Schulz. Bummeln will er nicht, er will unter 10 Stunden für die Ironman-Distanz bleiben. „Sehr stark ist auch die Aktion von Marco Wiegel. Er wird für die gesamten 10 Stunden meines Rennens mit mehreren Mitstreitern ein XXL-Radrennen fahren, das sind gut 300 Kilometer. Da kommt schon einiges an Spenden zusammen“, freut sich Stefan Schulz.

Sparkasse will Spendenbetrag verdoppeln

Marvin Marienfeld berichtet stolz über das Engagement seiner Vereinsmitglieder: „Über 20 aus allen Abteilungen, also auch Volleyball und Tischtennis, jung und alt, haben uns schon gesagt, dass sie während der Challenge privat Kilometer laufen oder radeln und spenden werden“. Auch er selbst will etwas für Lena tun und hat am vergangenen Wochenende mit seiner Frau Lisa und Sohn Mailo eine 20-Kilometer-Radtour unternommen. „Die 60 Euro sind schon reserviert, mal sehen, wie viel wir noch drauflegen“.
Apropos drauflegen: Die Sparkasse Ostprignitz-Ruppin wird nicht nur mit ihrem Laufteam fleißig Kilometer beisteuern, sondern alle Spendenkilometer, die am Samstag zusammenkommen, „noch einmal verdoppeln und spenden“. Die Bereichsleiterin und Generalbevollmächtigte der Sparkasse OPR, Anja Blumenstein, die selbst schon den Berlin-Marathon gemeistert hat, freut sich: „Für uns ist es selbstverständlich zu helfen. Das liegt uns nicht nur in den Genen, sondern ist für jeden von uns eine Herzensangelegenheit“.

Das Laufteam der Sparkasse Ostprignitz-Ruppin ist mit Herz für Lena dabei.
Das Laufteam der Sparkasse Ostprignitz-Ruppin ist mit Herz für Lena dabei.
© Foto: Jens Karraß

Benefiz-Fußballspiel für Lena

Welche Reichweite das Thema erreicht hat, zeigt sich daran, dass drei Vereine mit allen Kapazitäten, die trotz Sommerferien aktivierbar sind, ein Benefizspiel für Lena auf die Beine stellen. Der SV Union Neuruppin mit seinem Vereinsvorsitzenden Tony Palmowske an der Spitze wollte unbedingt seinen Beitrag für Lena leisten. Und es hat geklappt: Der Kreisligist SV Blau-Weiß Walsleben kommt am Sonnabend zum Benefizspiel zum Landesklasse-Team des SV Union Neuruppin.
„Alle Einnahmen aus Eintritt, Getränken und Leckerem vom Grill werden für Lena gespendet“, erzählt Steven Rogge, Fußball-Abteilungsleiter im Verein und gemeinsam mit André Weichmut Trainer der 1. Mannschaft von Union Neuruppin. „Große Hilfe bei der Organisation bekomme ich von Christopher Kupper, Spieler bei Walsleben, gemeinsam stellen beide Vereine den Bierwagen und den Grillmeister“, fügt er hinzu.
Wie sehr ihn das Thema gepackt hat, merkt man daran, dass er sich aus dem fernen Mali einbringt, wo der Berufssoldat gerade im Auslandseinsatz ist. „Beide Vereine stehen voll hinter der Aktion und alle hoffen auf viele Zuschauer und einen großen Erlös für Lena“.
Steven R. hat das Thema gepackt: Er bringt sich aus dem fernen Mali ein, wo der Berufssoldat gerade im Auslandseinsatz ist.
Steven R. hat das Thema gepackt: Er bringt sich aus dem fernen Mali ein, wo der Berufssoldat gerade im Auslandseinsatz ist.
© Foto: Bundeswehr
Mindestens 22 Spieler und drei Schiedsrichter werden also am Samstag um 14 Uhr für Lena auflaufen. Gespielt wird beim TuS Dabergotz 1929, ein dritter Verein ist also involviert und von Lena berührt. „Wir bereiten den Platz perfekt vor, freuen uns auf ein tolles Spiel“, sagt Christopher Wandke, zweiter Stellvertreter von Dabergotz. Er hatte gleich eine tolle Idee.
Der Verein stellt ein Originaltrikot des 1. FC Union Berlin mit allen Unterschriften zur Verfügung, das sie beim Spiel gegen deren Traditionsmannschaft im Juni geschenkt bekommen haben. „Wir versteigern es für den guten Zweck. Das letzte Gebot vor sechs Tagen lag bereits bei 1000 Euro“, freuen sich Christopher Wandke und Stefan Schulz.
Einen Leckerbissen steuert TuS Dabergotz bei: Ein Original-Trikot des 1. FC Union Berlin.
Einen Leckerbissen steuert TuS Dabergotz bei: Ein Original-Trikot des 1. FC Union Berlin.
© Foto: Jens Karraß
Auch die Kita Wirbelwind will helfen und veranstaltet einen Kuchenbasar für Lena. Kita-Leiterin Martina Reimann: „Wir werden die Kinder so weit wie möglich in die Vorbereitungen einbeziehen, die Wühlmäuse backen Kuchen und helfen beim Verkauf, um das von Ihnen gelebte wertschätzende Miteinander an unsere kleinen Kinder weiterzugeben“, richtete sie ein Schreiben an Stefan Schulz.
Die Menschlichkeit der Aktion berührt die Leiterin Martina Reimann. Die Kita Wirbelwind veranstaltet einen Kuchenbasar.
Die Menschlichkeit der Aktion berührt die Leiterin Martina Reimann. Die Kita Wirbelwind veranstaltet einen Kuchenbasar.
© Foto: Jens Karraß

Lena Challenge wird zur persönlichen Herausforderung

Marco Meyer, der Nachbar von Stefan Schulz, wird noch bis Sonnabend Rollstuhlkilometer sammeln. Er hat mehrere Firmen aus seinem Netzwerk als Sponsoren gewinnen können. Sie alle „müssen“ für jeden Kilometer, den er in der Challenge-Woche zurücklegt, einen Euro spenden. Viele hatten das Budget wohl unterschätzt, als er mit der Idee zu ihnen kam. Mittlerweile steht sein KM-Tacho schon bei 166.
Er macht aus der Aktion kurzerhand einfach ein Event für sich, wächst über sich hinaus und sieht es als Privat-Challenge, so viel zu fahren, wie irgend möglich. Für ihn als Nichtleistungssportler eine große Sache. Seinen Traum, die 50 Kilometer an einem Tag zu knacken, hat der Food-Influencer am Donnerstag geschafft. „Für Lena mache ich Überstunden“, so Marco Meyer.
Marco Meyer leistet Schwerstarbeit: Alle Kilometer der Challenge-Woche werden genau protokolliert, seine Sponsoren freuen sich mit ihm über viele Spenden-Gelder.
Marco Meyer leistet Schwerstarbeit: Alle Kilometer der Challenge-Woche werden genau protokolliert, seine Sponsoren freuen sich mit ihm über viele Spenden-Gelder.
© Foto: Jens Karraß
Lustige Anekdote: Als er in den vergangenen Tagen auf seiner Kilometer-Tour in der Nähe eines seiner Sponsoren war, rief er ihn an und fragte, ob er ihm etwas zu trinken geben könne. „Elektrolyte braucht man bei der sportlichen Herausforderung“, sagt Marco Meyer. „Da habe ich ihm ein Bier gereicht“, lacht Max Golde, Inhaber des Alten Kasinos. „Sonst fährt mich der Marco ja noch arm. Aber im Ernst: Es ist einfach toll, mit den gespendeten Kilometern Teil der Aktion sein zu können.“ Das ist er auch am Sonnabend, wenn er sein Restaurant als Verpflegungsstelle während des Marathons herrichtet.

Jetzt geht es vielleicht nach Orlando

Die Spendenbereitschaft ist bereits im Vorfeld enorm. „Nach Paris kommen wir schon, jetzt geht es um Orlando“, lautet der Schlachtruf der Initiatoren. Dank unzähliger Firmen sind bereits großzügige Spenden eingegangen. „Das Ziel wird locker erreicht werden und eine hohe Summe bei Kolibri – Hilfe für krebskranke Kinder Deutschland e.V. verbleiben, mit der sie anderen krebskranken Kindern helfen können“.
Lena selbst ist sehr glücklich und schöpft viel Energie aus der Resonanz der Aktion. „Aber auch diese Woche ist nicht alles gut. Sie hat einen Pilz in der Lunge, bekommt sieben Medikamente gleichzeitig, jeden Tag neue Untersuchungen“, erzählt Mama Franzi. „Sie wiegt auch nur 35 Kilo, das ist sehr wenig. Wir machen jeden Tag weiter und ich hoffe, dass wir vielleicht im November nach Hause können.“ Das wäre dann ein ganzes Jahr nach der Transplantation.
„Wir danken allen, die an uns denken, mit uns fühlen und für Lena und Kolibri spenden. Bitte schreibt das in den Artikel, das ist uns sehr wichtig“, sagt Papa Martin.
Stefan Schulz und seine Freunde rechnen mit 150 Leuten, die beim abschließenden Marathon ab 13 Uhr bei sich zu Hause „Am Schwanenufer 20 B“ auftauchen werden. Marco Meyer grillt Burger, die ebenso wie Getränke und andere Snacks gegen eine Spende abgegeben werden. Während der gut 3:20 Stunden, die Stefan für seine 9 Runden zur Therme und zurück benötigt, wird Martin Altenberg immer wieder einen neuen Wunschsong in die Anlage legen, wenn der Ironman auftaucht. Wer spontan einige der neun Runden mitlaufen möchte, ist herzlich eingeladen, aber Ehrensache: Pro Kilometer wird ein Euro gespendet.

Spendenkonto für Lena und krebskranke Kinder

Empfänger: Kolibri – Hilfe für krebskranke Kinder Deutschland e.V.
Spendenkonto:
Berliner Sparkasse
IBAN: DE55100500000190446439
BIC: BELADEBEXXX
Verwendungszweck: Lena Altenberg
Alle Infos zum Zeitplan des Ironmans am 22. Juli und zur „Ironmänner für IronLena“-Challenge vom Ruppiner Sportverein „Die Maulwürfe“ gibt es hier: Die Maulwürfe