Die Suche nach einer Löwin bei Kleinmachnow hat Brandenburg und Berlin deutschlandweit in die Schlagzeilen gebracht. Irritierend ist, dass niemand ein solches Tier zu vermissen scheint. Zirkusse, Zoos und Tierheime der Region melden, dass bei ihnen kein Tier fehle.
Überraschend kommt das für Yvonne Würz, Biologin und Fachreferentin bei der Tierschutzorganisation Peta, nicht. „Niemand kann sagen, wie viele Löwen, Tiger und andere exotische Tiere es in Deutschland in privater Haltung gibt“, erklärt sie auf Nachfrage. Die Haltung solcher Tiere sei in Deutschland nicht verboten. Es fehle zudem an einheitlichen Regelungen.

Brandenburg: Jeder kann einen Löwen im Garten halten

„Das ist ein Flickenteppich der einzelnen Bundesländer“, sagt die Biologin. Brandenburg schneidet dabei besonders schlecht ab. Hier gebe es nicht einmal ein Register der exotischen Tiere in Privathaltung. Jeder könne theoretisch einen Löwen im Garten halten.
Dafür muss man nur gewisse Eckpunkte erfüllen, die in einem Säugetiergutachten verlangt werden. Das sieht unter anderem für Löwen ein Gehege von 200 Quadratmetern vor. Wer diese Vorgaben erfülle, dürfe einen Löwen halten. Ein Unding, wie die Peta-Expertin findet: „Wir brauchen da endlich ein Verbot!“
Ende 2022 hatte ein Tigerbaby in der Villa von Mitgliedern eines bekannten arabischstämmigen Clans in Berlin-Neukölln einen größeren Polizeieinsatz ausgelöst. Wie sich herausstellte, hatte der Circus Berolina aus dem brandenburgischen Schönefeld das Tier für einen Auftritt auf einer Feier verliehen. „In gewissen Kreisen gelten solche Tiere als Statussymbol“, erläutert Biologin Würz.

So kann man Löwen in Polen oder Tschechien kaufen

An einen Löwen zu kommen, sei derzeit noch sehr einfach. Züchter in Osteuropa bieten die Tiere für wenige Tausend Euro an. Aus Polen und Tschechien sind solche Fälle in den vergangenen Jahren mehrfach bekannt geworden. ARD-Reporter hatten im März berichtet, wie ihnen ein Löwenjunges für 2500 Euro angeboten wurde.
Auf einschlägigen Internetseiten finden sich mit einem Klick Angebote und Suchanfragen für Raubkatzen, auch aus Deutschland. Ein Anbieter aus Köln etwa bietet Leopardenbabys für 1750 Euro an.
Niemand kontrolliere, was mit diesen Tieren geschehe, kritisiert Peta. So gibt es das Beispiel des weißen Löwen Mojo, der im Frühjahr 2021 aus privater Haltung in Sachsen-Anhalt verschwunden ist. Der Halter des Löwen gab an, das Tier in die Niederlande verkauft zu haben. Die Behörden konnten das Tier dort jedoch nicht ausfindig machen. Der Mann weigerte sich, weitere Auskunft zum Verbleib des Tieres zu machen.
Yvonne Würz sieht aber nicht nur die Gefahr, dass exotische Tiere ausbrechen. Bei giftigen Schlangen sei das ebenso ein Problem wie bei Löwen oder Tigern. Es gehe vor allem auch um das Leid der Tiere, die in Privathäusern kaum artgerecht gehalten werden können. Peta fordert deshalb ein Heimtierschutzgesetz zu erlassen, um das unnötige Leid dieser Tiere zu beenden. Eine entsprechende Petition hat bereits 65.000 Unterzeichner.
Es ist auch nicht das erste Mal, dass Raubkatzen in Brandenburg ausgebüxt sind. So wollte 2016 ein Löwen-Pärchen aus einem Wildtierpark in Baruth die Freiheit ausprobieren. „Massai“ und „Gretchen“ waren nicht lange unterwegs: Nach zwei Stunden traf eine Tierärztin „Gretchen“ mit einem Betäubungsgewehr. „Massai“ lief nach gutem Zureden selbst nach Hause.
Im März 2011 attackierte die Löwin „Nala“ bei einer Zirkusvorstellung in Neuruppin den Dompteur und flüchtete. Das Tier wurde von der Polizei erschossen. Im September 2009 büxte ein Zirkuslöwe in Eberswalde aus und versetzte Passanten in Angst und Schrecken – der Ausbrecher konnte wieder eingefangen werden. Bei Leipzig wurden 1991 zwei entlaufene Zirkuslöwen erschossen. Im Jahr 1988 kam es sogar zu einem tödlichen Drama: In einem privaten Zoo in Delbrück (Nordrhein-Westfalen) wurde damals ein Mitarbeiter von einem ausgebrochenen Löwen getötet.
Hinweis, 21. Juli: Es scheint nun klar zu sein, dass es sich nicht um einen Löwen handelt, sondern wohl um ein Wildschwein. Die Redaktion hat daher Überschrift und Textpassagen aktualisiert.