Was ihm der Preis gebracht hat? Julius Anger, Träger des Nachwuchspreises des Landes Brandenburg, kann das ganz klar sagen: „Einen Push. Ich habe erst mal drei Tage durchgearbeitet.“ Sylvia Hagen, die für ihr Lebenswerk mit dem Ehrenpreis des Ministerpräsidenten des Landes Brandenburg geehrt wird, fasst es mit ihrer unnachahmlichen trockenen Art etwas anders: „Oh Gott, oh Gott, fürs Lebenswerk“, habe sie zunächst gedacht, dann aber eingesehen: „Alt biste genug. Also warum nicht“. Landrat Gernot Schmidt, der im gleichen Dorf Altlangsow wohnt und seine Nachbarin mit einer Pflanzkiste für den Garten beschenkt, bezeichnet sie und die anderen Ausgezeichneten mit Seitenhieb auf die RBB-Skandale gar als „wirkliche Elite“ des Landes.
Die Verleihung des Brandenburgischen Kunstpreises in Neuhardenberg ist im 19. Jahr nicht nur eine Institution, wie es Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) nennt, auch nicht nur ein beliebtes und zum Glück endlich wieder mögliches Familientreffen der Kunstszene, wie Juryvorsitzender Frank Mangelsdorf sagt, sondern sie ist vor allem: längst nicht selbstverständlich. Adelheid Fuß, Preisträgerin des vergangenen Jahres, fasst es in ihrer Kunstpreisrede, die sie in wechselnden Rollen als Dreiergespräch zwischen Brandenburg, der Kunst und dem Preis inszeniert, treffend zusammen: „Alle wollen was von allen“. Und das heißt nicht nur, sondern vor allem auch: Geld.
Dass ein Medienhaus und eine Sparkassengruppe einen Preis tragen, der als Auszeichnung für die im Land Brandenburg lebenden und arbeitenden Künstlerinnen und Künstler längst großes Renomee erworben hat – selbstverständlich ist das nicht. Sowohl Heike Kramer als Generalbevollmächtigte der Stiftung Schloss Neuhardenberg als auch Juryvorsitzender Frank Mangelsdorf als Vertreter des Märkischen Medienhauses machen ihre Erwartungen an die Adresse der Landesregierung daher sehr deutlich: Wertschätzung schön und gut, aber es darf auch ein bisschen mehr landespolitisches Engagement werden. Damit der Preis in für alle schwierigen Zeiten auch noch sein 20. Jahr erlebt.
Manja Schüle: „Kunst ist kein Freizeitvergnügen“
Dass es so einen Preis als Anerkennung braucht, hat nicht nur Kulturministerin Manja Schüle (SPD) in ihrer Laudatio auf den Nachwuchspreisträger Julius Anger ausgesprochen: „Kunst braucht die Gewissheit, dass die Gesellschaft sie als elementar betrachtet und nicht nur als Freizeitvergnügen“, ruft sie in die Runde der aktuellen und ehemaligen Preisträgerinnen und Preisträger, Jurymitglieder, Künstlerinnen und Künstler auf der Kastanienwiese. Kunst dürfe nicht der Bereich sein, bei dem man als erstem den Rotstift ansetze.
Wie elementar das sein kann, ist in dem diesjährigen Preisträgerjahrgang mehr als deutlich zu spüren: Die virtuos verrätselten zivilisationskritischen Bilder von Fritz Bornstück sind ebenso getragen von der Sorge um die von Menschen zerstörte Natur wie Ilka Raupachs Holzskulpturen. Micha Winkler lässt in seinen Lochbildkamera-Fotografien Mensch und Raum so flüchtig wie diffus erscheinen. Und Daniel Becker arbeitet sich ebenso am Thema Indidividualität und Menschsein ab wie Sylvia Hagen mit ihren fragil-zerklüfteten Figuren.
Es hätte nicht Dietmar Woidkes deutliche Worte zum derzeitigen katastrophalen Fischesterben an der Oder gebraucht, um an diesem überheißen Augusttag, angesichts der vertrockneten Wiesen in Neuhardenberg und vor dem Horizont des fortdauernden Ukrainekriegs bedrückend zu spüren, vor welch apokalyptische Kulisse die Künstlerinnen und Künstler ihre Statements setzen. Wie unverzichtbar sie damit sind, haben sie selbst am eindrucksvollsten vorgeführt.
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Brandenburgischer Kunstpreis 2022
Der Brandenburgische Kunstpreis wurde in diesem Jahr zum 19. Mal vergeben. Er wird gestiftet vom Märkischen Medienhaus und der Stiftung Schloss Neuhardenberg und ist mit einer Ausstellung verbunden, die noch bis 21. August in Neuhardenberg zu sehen. Ebenfalls vergeben wurde der Ehrenpreis des Ministerpräsidenten und der Nachwuchspreis des Landes Brandenburg. tim