Von Schriftsteller Kurt Tucholsky wurde das Zitat „Es gibt keinen Erfolg ohne Frauen“ überliefert. Wenngleich es nach seinen Lebzeiten noch einige Jahrzehnte dauerte, gehören Frauen in Spitzenpositionen in Deutschland längst zum Alltag. Auch in der Politik – und auch in Oberhavel. Der Weltfrauentag war für uns Anlass, an 15 Frauen aus der Region zu erinnern, die sich seit der politischen Wende in besonderem Maße einen Namen gemacht haben.
Dass sich der Autor auf Frauen aus der Politik konzentriert, hat Gründe. Die bessere Vergleichbarkeit spielt eine Rolle, die Übersichtlichkeit auch. Die Liste, die keinen Anspruch auf eine Best-of-Wertung erhebt, beinhaltet 15 alphabetisch geordnete Namen.
Elke Bär
Die Politikerin aus Glienicke zog bei den Kommunalwahlen 1998 in die Gemeindevertretung ihres Heimatortes ein – nachdem sie bei der ersten gesamtdeutschen Bundestagswahl noch für die PDS als Spitzenkandidatin in Rheinland-Pfalz angetreten war. Die 63-Jährige ist Fraktionsvorsitzende der Linken im Kreistag. Diesem gehört die Pädagogin (unterrichtet Sport, Geografie und Politik am Oberstufenzentrum in Oranienburg und Zehdenick) in der dritten Legislaturperiode an. 2019 kandidierte sie erfolglos bei der Wahl des Brandenburgischen Landtages.
Hildegard Busse
Die Politikerin, die 2015 im Alter von 80 Jahren starb, prägte die Stadt Oranienburg über viele Jahre als Bürgermeisterin (1974 bis 1990) und in der Nachwendezeit als Vorsitzende des Sozialausschusses und der Stadtverordnetenversammlung. Im Jahr 2015 wurde sie mit dem Ehrenpreis der Stadt Oranienburg ausgezeichnet.
Anke Margarete Domscheit-Berg
Die 55-Jährige lebt in Fürstenberg und zog bei der Bundestagswahl 2017 über die Liste der Linken (diesen trat sie 2021 bei) in den Bundestag ein. Vier Jahre zuvor hatte sie den Einzug in das Parlament (noch als Direktkandidatin der Piraten) ebenso verpasst wie bei der Europawahl 2014. Im aktuellen Bundestag ist die Mutter eines Sohnes, die sich für Geschlechtergerechtigkeit in allen gesellschaftlichen Bereichen einsetzt, Obfrau der Linksfraktion im Ausschuss „Digitale Agenda“.
Ariane Fäscher
Die SPD-Politikerin sicherte sich bei der letzten Bundestagswahl das Direktmandat in ihrem Wahlkreis, ist stellvertretende Vorsitzende im Unterausschuss Bürgerschaftliches Engagement und gehört dem Familienausschuss an. Die zweifache Mutter, geboren 1968 in Münster, lebt seit 2001 in Hohen Neuendorf. Dort war sie Referentin für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit (ab 2009), Fachbereichsleiterin für Marketing (ab 2014) und zweite stellvertretende Bürgermeisterin (2016 bis 2016).
Dr. Stefanie Gebauer
Die Vorsitzende der Stadtverordnetenversammlung Kremmen (seit 2019) sorgte Anfang des vergangenen Jahres für bundesweite Aufmerksamkeit. Als Kandidatin der Freien Wähler bewarb sich die damals 41-Jährige für das Bundespräsidialamt – wie auch bei der Bundestagswahl 2021 – allerdings ohne Erfolg. Die parteilose Physikerin (bis 2015 Mitglied der CDU) ist seit 2014 Mitglied der Stadtverordnetenversammlung und im Ortsbeirat Kremmen.
Inka Gossmann-Reetz
Vier Jahre nach ihrem Eintritt in die SPD wurde die gelernte Krankenschwester 2008 Mitglied der Stadtverordnetenversammlung Hohen Neuendorf und ein Jahr später Parteivorsitzende in ihrer Heimatstadt. Vor wenigen Tagen wurde die 53-Jährige (von 2014 bis 2019 Vorsitzende des Polizeibeirates) vom Landtag zur ersten Polizeibeauftragten Brandenburgs gewählt. Seit 2014 gehört die langjährige SVV-Fraktionschefin (2008 bis 2015) dem Landtag an, wo sie stellvertretende Fraktionsvorsitzende war und sich in diversen Ausschüssen einbrachte.
Gerrit Große
Die einstige Schulleiterin vom Runge-Gymnasium Oranienburg war zwischen 2001 und 2019 Mitglied des Landtages und von Dezember 2009 bis Oktober 2014 Landtagsvizepräsidentin. Von 1990 bis 2010 war die Mutter zweier Kinder, die 1976 in die SED eintrat und nun den Linken angehört, Kreistagsmitglied. Über viele Jahre stand sie der Fraktion vor. Im Landtag von Brandenburg war die Germanistin und Musikwissenschaftlerin bildungspolitische Sprecherin und stellvertretende Vorsitzende ihrer Fraktion.
Ines Hübner
Die 60-Jährige ist die einzige Bürgermeisterin in Oberhavel. In Velten besetzt sie seit 2010 den Chefposten. Die Mutter zweier Kinder, die seit 1993 Mitglied der SPD ist, fungiert als stellvertretende Unterbezirksvorsitzende ihrer Partei, ist Mitglied im Landesausschuss und Beisitzerin im Landesvorstand.
Angelika Krüger-Leißner
Die Diplom-Lehrerin war von 1998 bis 2013 und kurzzeitig 2017 Mitglied des Deutschen Bundestages. In der SPD-Fraktion war die heute 71-Jährige lange Zeit filmpolitische Sprecherin.
Monika Mittelstädt
Sie war über viele Jahre die einzige Frau, die nach der Wende in einer Stadt von Oberhavel Bürgermeisterin war. In Hohen Neuendorf (Stadtrecht seit 1999) war die CDU-Politikerin von 1992 bis 2008 im Amt. Erste frei gewählte Bürgermeisterin in der Region war Karin Röpke, die von 1990 bis 1994 die Geschicke in Glienicke lenkte.
Annemarie Reichenberger
Sie schrieb als erste und bislang einzige Politikerin in diesem Amt Geschichte: Fünf Jahre nach ihrem Einzug in das Oberhavel-Parlament wurde die Frau aus Leegebruch 2003 Kreistagsvorsitzende. Das Amt übte die Wirtschaftskauffrau bis 2008 aus, dem Plenum gehört sie (wie auch der Gemeindevertretung) bis heute an.
Reinhilde Schildhauer-Gaffrey
Bis zu ihrem Tod 2003 brachte sich die gebürtige Erfurterin, die von 1990 bis 1991 stellvertretende Bürgermeisterin von Velten war, in vielfältiger Form ein. Die gelernte Elektromonteurin war viele Jahre Stadtverordnete, gehörte dem Kreistag an und zog bei drei Wahlen in den Landtag ein, wo sie von 1994 bis 1999 als stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende fungierte.
Julia Schmidt
Die gebürtige Pfälzerin war die große Gewinnerin der Kommunalwahl 2019. Die damals 25-Jährige, die in Borgsdorf lebt, holte die meisten Stimmen aller Kandidaten und schaffte es in den Kreistag. Dort wurde sie Fraktionsvorsitzende. Wenige Monate später gab sie das Amt nach der Wahl zur Landesvorsitzenden von Bündnis 90/Die Grünen ab. Ebenfalls 2019 bewarb sie sich erfolglos um ein Mandat für den Landtag. Im Februar 2023 gab die Studentin nach einem Misstrauensvotum den Parteivorsitz ab.
Andrea Suhr
Die Rechtsanwältin aus Gransee war zehn Jahre lang Vorsitzende vom SPD-Unterbezirk. 2021 verzichtete sie nach insgesamt 14 Jahren im Vorstand auf eine erneute Kandidatur. Im Kreistag, wo sie Fraktionsvorsitzende ist, hat ihre Stimme noch immer Gewicht.
Nicole Walter-Mundt
Im zehnten Jahr ist die Oranienburgerin, die eine Ausbildung zur Arzthelferin machte, in ihrer Heimatstadt Vorsitzende der CDU. Seit 2015 führt sie zudem die Frauen-Union Oberhavel an. Auch im Kreistag (diesem gehört sie seit 2014 an) füllte die 45-Jährige als Fraktionsvorsitzende die Chefrolle aus. Seit November 2019 ist die Christdemokratin (Parteieintritt 2008) Mitglied des Landtages.