Ein kleines Dorf westlich der uckermärkischen Kreisstadt Prenzlau beherbergt ein ganz besonderes Kleinod, das viele Menschen in der Region kaum kennen. In idyllischer Lage am Großen Haussee, eingebettet in einem wunderschönen Park liegt das Schloss Arendsee, welches unter Graf Albert von Schlippenbach als Landsitz der Familie 1843 nach vierjähriger Bauzeit fertiggestellt wurde. Die Geschichte der Schlippenbachs reicht dabei viel weiter zurück.
Ende des 17. Jahrhunderts hat das Geschlecht der Schlippenbachs ihren Sitz auf der Schönermark. Der gleichnamige Ort liegt nur wenige Kilometer neben Arendsee. Den historischen Aufzeichnungen nach kaufte Carl Friedrich von Schlippenbach das Grundstück, auf dem später das Schloss errichtet werden sollte, vom Kurfürsten Friedrich III., Arendsee war mit seinen circa 1300 Hektar Land Teil eines größeren Güterkomplexes, zu dem auch fast 600 Hektar Wald gehörten.
Den Entwurf für das imposante Bauwerk aus dunklem Rohbackstein mit seinem markanten aufstrebenden Turm lieferte der preußische Baumeister Friedrich August Stüler, ein Schüler Karl Friedrich Schinkels, welcher zu den bedeutendsten deutschen Architekten zählt.
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Stüler hatte sich seiner Zeit in der Uckermark längst einen Namen gemacht. Nach seinen Entwürfen entstanden ähnlich repräsentative Herrenhäuser in Felchow, Blumberg oder auch Boitzenburg. Für Arendsee entschied er sich jedoch für den neogotischen Landsitz aus leuchtend rotem Rohziegel.

Familie flieht in den Westen

Die Zeiten des Krieges überstand das Schloss Arendsee weitestgehend unbeschadet. Bis zum April 1945 blieb das Anwesen im Besitz der Familie Schlippenbach, die kurz vor Kriegsende aus Angst vor der Roten Armee in den Westen floh. Nach der Enteignung der Schlippenbachs diente das Schloss Arendsee als Unterkunft für Obdachlose. In DDR-Zeiten teilte es das Schicksal vieler Herrenhäuser. Es wurde dem Bedarf entsprechend umfunktioniert. Für einen Herrschaftssitz gab es im Arbeiter- und Bauernstaat keine Verwendung.
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Schulen im ländlichen Raum wurden dagegen gebraucht. So fanden sich schnell die ersten Klassenzimmer in den Schlossmauern, eine kleine Turnhalle wurde gebaut. Bis 2004 gingen Kinder und Jugendliche im Schloss Arendsee zur Schule. Schüler wurden über die Jahre selbst zu Eltern und brachten ihre Kinder später in das ihnen vertraute Schloss, das längst durch Anbauten, wie die Schulspeisung, aber auch im Inneren verunstaltet war.

Bayer verschreibt sich dem Erhalt historischem Kulturguts

Ein Umstand, der auch einem Verkauf anfangs nicht förderlich schien. Erst zwei Jahre nach Aufgabe der Schule erwarb 2006 ein bayerischer Unternehmer das Schloss Arendsee im unrestaurierten Zustand. Doch Hans Kleissl wusste zu diesem Zeitpunkt genau, worauf er sich mit dem Kauf eingelassen hatte. Kleissl restaurierte bereits seit mehr als 35 Jahren historische Fahrzeuge und Gebäude. Hans Kleissl hat sich dem Erhalt historischen Kulturguts verschrieben, sei es im Bereich Automobil um den Mercedes-Benz 300 SL herum oder beim Wiederaufbau und der Restaurierung historischer Gebäude wie Schloss Arendsee in Brandenburg oder dem Klostergut Polling, nahe München, das er im letzten Moment vor dem Einsturz bewahrt und zu neuer Blüte erweckte.

Originalgetreuer Wiederaufbau des Turms

Zu tun gab es in Arendsee genug. Über zehn Jahre dauerte das Restaurieren. Ein Schwerpunkt war die Wiedererrichtung des kurz nach dem Zweiten Weltkrieg abgerissenen 30 Meter hohen Turms, der, wie vielerorts auch, als Materialspender für Wohnhäuser in der Umgebung diente. Für den Wiederaufbau nutzte Kleissl unter anderem gleichartige Ziegel aus der ursprünglichen Bauzeit, die von Stall- und Gärtnereigebäuden auf der anderen Seeseite zum Teil von Hand abgetragen und bearbeitet wurden.
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Der 1946 abgerissene Turm sollte originalgetreu aufgebaut werden. Im November 2016 wurden Hans Kleissl und dessen Architekt Herbert Knopf sowie Handwerker und Firmen, die an den 10-jährigen Restaurierungsarbeiten an Schloss Arendsee beteiligt waren, mit dem „Bundespreis für Handwerk in der Denkmalpflege“ ausgezeichnet. Mit diesem von der Deutschen Stiftung Denkmalschutz und dem Zentralverband des Deutschen Handwerks Denkmalschutz gestifteten Preis wird den Akteuren ein „harmonisches und gelungenes Ergebnis“ bescheinigt.

Neue Köpfe hinter Schloss Arendsee

Hans Kleissl verkaufte das Objekt weiter, die neuen Köpfe hinter Schloss Arendsee kommen aus der Berliner Startup- und Immobilienwelt und wollen mit dem Herrenhaus einen Zufluchtsort schaffen. „Um Feste zu feiern, wie sie fallen, kreative Gedanken zu fassen und es sowohl Freunden und Familie, als auch Teams anderer Unternehmen zu ermöglichen, an einem Ort zu lernen, sich auszutauschen und miteinander eine gute Zeit zu haben“, heißt es auf der Webseite von Schloss Arendsee. Der Ort eigne sich für Offsites, Company Retreats, Tagungen und Firmenfeste, aber auch Filmdrehs. Schloss Arendsee war auch schon Drehort für den 2019 in die Kinos gekommenen Film „Der Fall Collini“ mit Elyas M´Barek.

Aktuell läuft ein erneuter Umbau

Das Schloss Arendsee befinde sich nicht nur in herrlicher Naturlage mit See und Park, weiß das Betreiber-Team. Mehrere Gästezimmer inklusive einer Suite mit Seeblick, Balkonterrasse und frei stehender Badewanne sowie ein Familienzimmer bieten die Möglichkeit, bis zu 22 Gäste zu beherbergen.
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Eine traumhafte Schlossküche mit großem Nostalgieherd, eine Lounge mit Stuckgewölbe und großem, offenen Kamin sowie eine schöne Bibliothek mit antikem Billardtisch machen den Aufenthalt unvergesslich, im Schlosspark am See lassen sich Events aller Art verwirklichen. Aktuell wird das Schloss umfassend umgebaut und renoviert - auch, um größere Teams begrüßen zu können. Man hoffe, ab Frühling nächsten Jahres wieder vermieten zu können.
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